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Carre, John le

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Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine Art Held (Smiley Bd 6)
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und
sie einem zeigen. Eine Höflichkeit, damit man nicht so geschockt ist. Die
Formaldehydschwaden trieben ihm die Tränen in die Augen. Ein chinesischer
Pathologe saß am Fenster und notierte etwas auf einen Block. Ein paar Wärter
standen herum, und noch mehr Polizisten. Etwas um Entschuldigung Bittendes
schien in der Luft zu liegen. Jerry konnte es nicht definieren. Der Rocker
ignorierte sie. Er stand in einer Ecke und flüsterte auf den würdig aussehenden
Herrn vom Rücksitz des Streifenwagens ein, aber die Ecke war nicht weit
entfernt, und Jerry hörte zweimal den Ausspruch »Makel auf unserem guten Ruf«
in empörtem, nervösem Ton vorgebracht. Über die Leiche war ein weißes Tuch
gebreitet, darauf ein blaues Kreuz aus zwei gleichlangen Balken. Damit sie es so
und andersherum benutzen können, dachte Jerry. Es war die einzige Bahre im
Raum. Das einzige Laken. Der Rest der Ausstellung befand sich im Inneren der
beiden großen Kühlfächer mit den Holztüren, begehbar, so groß wie ein
Fleischerladen. Luke geriet vor Ungeduld allmählich außer sich.
    »Herrjeh, Rocker!« rief er durch den Raum. »Wie lang wollen Sie denn
den Deckel noch hier draufhalten? Wir haben zu tun.«
    Niemand kümmerte sich um ihn. Luke, der genug vom Warten hatte, schlug
das Laken zurück. Jerry sah hin und sah wieder weg. Der Sezierraum war nebenan,
und er konnte das Geräusch der Säge hören, wie das Knurren eines Hundes. Kein Wunder, daß alle glauben, sie müßten sich entschuldigen, dachte Jerry
blöde. Eine Euro-Leiche hierherbringen 1 . »Herrgottnochmal«, sagte Luke. »Herrgott. Wer hat das mit ihm
angestellt? Wie macht man solche Male? Das sieht nach Triade aus. Herrjeh.«
    Das beschlagene Fenster ging auf den Hof. Jerry konnte den Bambus im
Regen schwanken sehen und die flüssigen Schatten einer weiteren Ambulanz, die
einen weiteren Kunden ablieferte, aber keiner durfte wohl jemals so ausgesehen
haben wie dieser hier, dachte er. Ein Polizeifotograf war erschienen,
Blitzlichter flammten auf. An der Wand hing ein Telefon. Der Rocker redete
hinein. Er hatte Luke noch immer nicht angesehen und Jerry auch nicht.
    »Ich möchte, daß er von hier wegkommt«, sagte der würdige Herr.
»Jederzeit«, sagte der Rocker. Er ging wieder ans Telefon. »In der Ummauerten
Stadt, Sir . . . Ja, Sir . . . In einer Hintergasse, Sir. Nackt. Menge Alkohol
. . . Der Gerichtspathologe identifizierte ihn sofort, Sir. Ja, Sir, die Bank
ist bereits hier, Sir.« Er legte auf. »Ja, Sir, Nein, Sir, jede Menge, Sir«,
knurrte er. Er wählte eine Nummer.
    Luke machte sich Notizen. »Herrjeh«, sagte er immer wieder schaudernd.
»Herrjeh. Muß Wochen gedauert haben, bis er hinüber war. Monate.«
    Sie haben ihn zweimal getötet, dachte Jerry. Einmal, damit er redete,
und einmal, um ihn zum Schweigen zu bringen. Was sie ihm beim erstenmal angetan
hatten, war an seinem ganzen Körper zu sehen, große und kleine Stellen, wie
Flammen einen Teppich erfassen, Löcher hineinfressen und dann plötzlich von ihm
ablassen. Und dann das Ding rings um seinen Hals, ein völlig anderer, rascherer
Tod. Das hatten sie als Letztes gemacht, als sie ihn nicht mehr brauchten.
    Luke rief dem Pathologen zu: »Drehen Sie ihn doch mal um, ja?
    Würden Sie die Güte haben, ihn umzudrehen, Sir?«
    Der Superintendent hatte den Hörer aufgelegt.
    »Wie lautet die Story?« fragte Jerry ihn. »Wer ist er?«
    »Heißt Frost«, sagte der Rocker und starrte Jerry mit seinen hangenden
Augen an. »Höherer Beamter der South Asian and China. Treuhand-Abteilung.«
    »Wer hat ihn getötet?« fragte Jerry.
    »Tja, wer hat's getan? Das ist die Frage«, sagte Luke und schrieb
eifrig.
    »Die Mäuse«, sagte der Rocker.
    »In Hongkong gibt es keine Triaden, keine Kommunisten und keine
Kuomintang. Stimmt's Rocker?«
    »Und keine Huren«, knurrte der Rocker.
    Der würdige Herr ersparte dem Rocker weitere Antworten:
    »Ein ganz abscheulicher Fall von Raubmord«, erklärte er über die Schulter
des Polizisten hinweg. »Gemeiner, perverser Raubmord, Beweis, wie wichtig es
ist, daß die Sicherheitskräfte jederzeit auf ihrem Posten sind. Er war ein
treuer Diener unserer Bank.«
    »Das war kein Raubmord«, sagte Luke mit einem neuerlichen Blick auf
Frost. »Das war ein Kommando.«
    »Er hat weiß Gott ein paar verdammt komische Freunde gehabt«, sagte der
Rocker und starrte Jerry unverwandt an.
    »Was soll das heißen?« sagte Jerry.
    »Was weiß man bis jetzt?« sagte Luke.
    »Er war bis Mitternacht in

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