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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine Art Held (Smiley Bd 6)
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probierte es mit dem Erawan, dem Hyatt, dem Miramar und dem Oriental
und ungefähr dreißig weiteren, und im Erawan trat er besonders behutsam auf,
weil er sich erinnerte, daß China Airsea hier eine Suite hatte und Craw gesagt
hatte, Ko benutze sie häufig. Er stellte sich vor, wie die blondhaarige Lizzie
für ihn Hostesse spielte oder ihre langen Glieder draußen am Swimmingpool
sonnte, während die Bosse Whisky schlürften und überlegten, wieviel man für
eine Stunde von Lizzies Zeit wohl anlegen müsse. Während er herumfuhr,
prasselte ein jäher Regenschauer in dicken Tropfen herab, die so verschmutzt waren, daß sie
das Gold der Straßentempel schwärzten. Der Taxifahrer geriet auf den
überschwemmten Straßen ins Schleudern, so daß er die Wasserbüffel um
Zentimeter verfehlte, die grellfarbenen Autobusse klingelten schrill und fuhren
auf sie los, bluttriefende Kung-Fu-Plakate schrien auf sie ein, aber der Name
Marshall - Charlie Marshall - Captain Marshall, sagte niemandem etwas, obwohl Jerry freigebig Trinkgelder
verteilte. Er hat ein Mädchen, dachte Jerry. Er hat ein Mädchen und ist bei ihr
untergekrochen, genau wie ich es auch machen würde. Im Oriental bestach er den
Portier, daß er für ihn Nachrichten entgegennehme, außerdem durfte er das
Telefon benutzen und erhielt, was das Beste von allem war, eine Quittung für
zwei Übernachtungen, ein Schlag für Stubbs. Aber das Abklappern der Hotels
hatte an seinen Nerven gezerrt, er fühlte sich ausgesetzt und gefährdet, also
schlief er, für einen Dollar pro Nacht und im voraus zu bezahlen, in einem
obskuren Logierhaus gleich um die Ecke, wo man auf Anmeldeformalitäten
verzichtete: es bestand aus einer Reihe von Strandhütten, bei denen alle Türen
sich direkt zur Straße öffneten, Marke sturmfrei, vor den offenen Garagen
hingen nur Plastikvorhänge, die die Nummernschilder der Autos verhüllten. Am
Abend blieben ihm nur noch die Luftfrachtspeditionen abzuklappern, und ohne
große Begeisterung fragte er überall nach einer Firma namens Indocharter, und
überlegte bereits ernstlich, ob er nicht doch der Hostesse von Air Vietnam
Glauben schenken und die Fährte in Saigon aufnehmen solle, als ein chinesisches
Mädchen in einem der Büros sagte: »Indocharter? Das ist Captain Marshalls
Gesellschaft.« Sie verwies ihn an eine Buchhandlung, wo Charlie Marshall sich
mit Lektüre versorgte und seine Post abholte, wenn er in der Stadt war. Auch
die Buchhandlung gehörte einem Chinesen, und als Jerry den Namen Marshall
erwähnte, lachte der alte Besitzer laut auf und sagte, Charlie sei seit Monaten
nicht mehr hiergewesen. Der Alte war sehr klein und feixte über seine
sämtlichen falschen Zähne.
    »Er Ihnen Geld schulden? Charlie Marshall Ihnen Geld schulden, Ihr
Flugzeug in Blüche gefahlen?« Wieder brüllte er vor Lachen, und Jerry stimmte
mit ein:
    »Super. Großartig. Hören Sie, was machen Sie mit seiner ganzen Post,
wenn er nicht herkommt? Schicken Sie sie ihm nach?« Charlie Marshall, er bekam
keine Post nicht, sagte der Alte. »Ah, aber, altes Haus, wenn morgen ein Brief
kommt, wohin schicken Sie ihn dann?«
    Nach Phnom Penh, sagte der Alte, steckte seine fünf Dollar ein und
fischte einen Zettel aus seinem Schreibtisch, damit Jerry die Adresse
abschreiben konnte.
    »Vielleicht sollte ich ihm ein Buch kaufen«, sagte Jerry und sah sich
um. »Was liest er gern?«
    »Flanzösisch«, sagte der Alte automatisch, führte Jerry nach oben und
zeigte ihm sein Allerheiligstes für Euro-Kultur. Für die Engländer
Pornographie, in Brüssel gedruckt. Für die Franzosen reihenweise zerfledderte
Klassiker: Voltaire, Montesquieu, Hugo. Jerry kaufte ein Exemplar von Candide und steckte es in die Tasche.
Wer diesen Raum besuchte war offenbar ex officio eine Berühmtheit, denn der Alte brachte ein Gästebuch zum Vorschein,
und Jerry trug sich ein: / Westerby,
Presse. In der Spalte für Anmerkungen standen
zumeist Witze, also schrieb er »Ein erlesenes Etablissement«. Dann blätterte er
zurück und fragte: »Hat sich Charlie Marshall auch hier eingetragen, altes
Haus?« Der Alte zeigte ihm Charlie Marshalls Unterschrift mehrere Male -
»Adresse: hier«, hatte er geschrieben. »Und was macht sein Freund?«
    »Fleund?«
    »Captain Ricardo.«
    Daraufhin wurde der Alte sehr ernst und nahm ihm sanft das Buch aus der
Hand.
    Jerry ging hinüber zum Auslandskorrespondenten-Club im Oriental und
fand ihn leer bis auf eine Schar Japaner, die soeben aus Kambodscha
zurückgekommen

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