Carre, John le
spielte, gab Guillam nicht auf, und als er auf dem Londoner
Flugplatz die Maschine bestieg, erschöpft von seinem langen und gründlichen
Abschied von Molly, grinste ihn das Gespenst durch den Rauch von Sams
teuflischer brauner Zigarette an.
Der Flug verlief ereignislos, mit einer Ausnahme. Sie waren zu dritt,
und in Sachen Sitzordnung hatte Guillam in seinem Dauerkrieg mit Fawn eine
kleine Schlacht gewonnen. Über die Leichen der Housekeepers hinweg flogen
Smiley und Guillam in der Ersten Klasse, während Fawn, der Babysitter, einen
vorderen Eckplatz am Mittelgang der Touristenklasse bekam, Wange an Wange mit
der Wachmannschaft der Fluglinie, die fast während der ganzen Reise schlief,
während Fawn schmollte. Glücklicherweise war nie der Vorschlag aufgetaucht,
daß Martello und seine schweigsamen Männer mit ihnen fliegen könnten, denn
Smiley war entschlossen, daß dies auf gar keinen Fall passieren dürfe. Und so
flog Martello gen Westen, machte in Langley Station, um sich Instruktionen zu
holen, und setzte seine Reise über Honolulu und Tokio fort, um bei ihrer
Ankunft in Hongkong zur Stelle zu sein. Als unbewußt ironische Fußnote zu ihrer
Abreise hinterließ Smiley einen langen, handgeschriebenen Brief an Jerry, der
diesem bei seiner Ankunft im Circus ausgehändigt werden sollte und worin er ihm
zu seiner erstklassigen Leistung gratulierte. Der Durchschlag liegt noch immer
in Jerrys Akte. Niemand kam auf den Gedanken, ihn zu entfernen. Smiley spricht
von Jerrys »unbeirrbarer Loyalität« und davon, daß er »einer mehr als
dreißigjährigen Dienstzeit die Krone aufgesetzt« habe. Er schließt einen nicht
unbedingt authentischen Gruß von Ann ein, »die Ihnen, ebenso wie ich, eine
gleicherweise ruhmreiche Karriere als Romancier wünscht«. Und er endet ziemlich
ungeschickt mit dem Ausdruck seiner Überzeugung, wonach »eines der Privilegien
unserer Arbeit darin besteht, daß sie uns mit so wundervollen Kollegen
zusammenbringt. Ich darf Sie versichern, daß wir alle in diesem Sinn an Sie
denken«-.
Manche Leute fragen sich noch immer, warum den Circus vor dem Aufbruch
kein Wort der Besorgnis über Jerrys Verbleib erreichte. Schließlich war er seit
mehreren Tagen überfällig. Auch hier will man Smiley die Schuld in die Schuhe
schieben, aber es gibt keinen Beweis dafür, daß der Circus sich einen Lapsus
geleistet hätte. Für die Weitergabe von Jerrys Bericht aus dem Luftstützpunkt
in Nordost-Thailand - seinem letzten - hatten die Vettern einen direkten Kanal
über Bangkok nach London und in den Annex freigemacht. Aber das Arrangement
galt nur für ein einziges Funktelegramm und eine einzige Rückantwort, ein
Nachfaß-Telegramm war nicht vorgesehen. Entsprechend wurde Major Masters'
Meldung, als sie erstattet wurde, zuerst über das militärische Nachrichtennetz
nach Bangkok geleitet, von dort nach Hongkong über deren Nachrichtennetz an die
Vettern - da man der Ansicht war, Hongkong habe totales Zurückhalterecht auf
alles Material im Zusammenhang mit dem »Unternehmen Delphin« - und erst danach,
mit dem Vermerk »Routine« versehen, von Hongkong an London, wo sie in mehreren
rosenholzfurnierten Einlaufkästen zu liegen kam, ehe irgend jemand ihre
Bedeutung erkannte. Übrigens hatte bereits der langsame Major Masters dem
Nicht-Auftritt, wie er sich später ausdrückte, einer x-beliebigen englischen
Reisetante sehr wenig Bedeutung zugemessen. »ERKLÄRUNG VERMUTLICH BEI IHNEN«,
lautet der Schluß seiner Meldung. Major Masters lebt jetzt in Norman, Oklahoma,
wo er eine kleine Autoreparaturw erkstatt betreibt.
Auch die
Housekeepers hatten keinen Grund zur Panik - jedenfalls behaupten sie das noch
heute. Jerrys Instruktionen lauteten, er solle sich, sobald er in Bangkok
eintreffe, ein Flugzeug suchen, irgendeins, seine Flugnetzkarte vorzeigen und
nach London kommen. Es wurde kein Datum genannt, auch keine Fluglinie. Zweck
des Ganzen war lediglich, die Sache in Bewegung zu halten. Höchstwahrscheinlich
hatte er irgendwo eine Erholungspause eingelegt. Das taten die meisten
heimreisenden Außenagenten, und Jerry war als großer Sexkonsument
aktennotorisch. Also hielten sie wie üblich ein Auge auf die Fluglisten und
meldeten ihn provisorisch in Sarratt zur zweiwöchentlichen Desinstruktions- und
Wiedereinschleusungszeremonie an, woraufhin sie sich wieder der weitaus
dringenderen Aufgabe widmeten, das sichere Haus für »Delphin« vorzubereiten. Es
war eine reizende alte Mühle, sehr abgelegen, aber in der
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