Carre, John le
nicht weniger behutsam
voran, womöglich durch noch gewundenere Straßen und durch eine noch größere
Anzahl von Türen.
Wieder
einmal verschwand er von der Bildfläche. Es war eine Zeit des Wartens, und er
nutzte sie, um sich den hundert anderen Dingen zu widmen, die seine dringende
Aufmerksamkeit erheischten. Nach seinem kurzen Ausflug ins Teamwork zog er
sich in die inneren Regionen seiner einsamen Welt zurück. Whitehall bekam ihn
zu sehen, auch noch Bloomsbury und die Vettern, dann aber blieb die Tür zum
Thronsaal ganze Tage hindurch verschlossen, und nur der finstere Fawn, das
Faktotum, durfte auf seinen Turnschuhen hinein- und heraushuschen, mit Tassen
dampfenden Kaffees, Tellern mit Keksen und gelegentlich schriftlichen
Memoranden an oder von seinem Herrn. Smiley hatte das Telefon schon immer
gehaßt, jetzt nahm er überhaupt keine Gespräche mehr entgegen, es sei denn, sie
beträfen nach Guillams Ansicht Dinge von äußerster Wichtigkeit, und das war
nicht der Fall. Der einzige Apparat, den Smiley nicht abstellen konnte, war die
direkte Verbindung mit Guillams Schreibtisch, aber wenn er in überreizter
Verfassung war, ging er so weit, einen Teewärmer darüber zu stülpen, um das
Klingeln zu dämpfen. Guillam hatte ein für allemal Anweisung, jedem
mitzuteilen, Smiley sei außer Haus oder in einer Besprechung und würde in einer
Stunde zurückrufen. Er machte dann eine Notiz, händigte sie Fawn aus, und da
nun die Initiative auf seiner Seite war, rief Smiley manchmal tatsächlich
zurück. Er konferierte mit Connie, dann und wann mit di Salis, gelegentlich
auch mit beiden, aber Guillam wurde nicht benötigt. Die Karla-Akte wurde
endgültig von Connies Recherchenabteilung in Smileys Privatsafe überführt, alle
sieben Bände. Guillam unterschrieb für sie und brachte sie Smiley, und als
Smiley den Blick vom Schreibtisch hob und sie sah, kam die Ruhe des
Wiedererkennens über ihn, und er streckte die Hände nach ihnen aus wie nach
einem alten Freund. Die Tür schloß sich wieder, und weitere Tage vergingen.
»Was gehört?« erkundigte Smiley sich in Abständen bei Guillam. Er meinte: »Hat
Connie angerufen?«
Die
Residentur in Hongkong wurde etwa um diese Zeit geräumt, und Smiley erfuhr zu
spät von den gigantischen Bemühungen der Housekeepers, die High-Haven-Story zu
unterdrücken. Er holte sich sofort Craws Dossier und ließ wiederum Connie zu
sich rufen. Ein paar Tage später tauchte Craw persönlich zu einem achtundvierzigstündigen
Besuch in London auf. Guillam hatte Vorträge von ihm in Sarratt gehört und
haßte ihn. Etliche Wochen danach erblickte der berühmte Artikel des Alten
endlich das Licht der Welt. Smiley las ihn aufmerksam, gab ihn dann an Guillam
weiter und lieferte ausnahmsweise sogar eine Erklärung für sein Vorgehen: Karla
würde sehr genau wissen, worauf der Circus aus war, sagte er. Rückpeilungen
seien ein altehrwürdiger Zeitvertreib. Indessen würde Karla kein menschliches
Wesen sein, wenn er nach einem so großen Fang nicht eine Weile schliefe. »Er
soll von allen Seiten zu hören kriegen, wie mausetot wir sind«, erklärte er.
Bald wurde
diese Scheintot-Masche auch auf andere Sphären ausgedehnt, und es war eine von
Guillams ergötzlicheren Aufgaben, dafür zu sorgen, daß Roddy Martindale
reichlich mit Geschichten über die trostlose Lage des Circus eingedeckt wurde.
Und die
Wühlmäuse werkelten weiter. Sie nannten es später den Scheinfrieden. Sie hatten
die Landkarte, sagte Connie, und sie hatten die Richtungen, aber noch waren
löffelweise ganze Berge zu versetzen. Während der Wartezeit führte Guillam
Molly Meakin zu ausgedehnten und kostspieligen Dinners aus, die indes erfolglos
endeten. Er spielte Squash mit ihr und bewunderte ihr Auge, er schwamm mit ihr
und bewunderte ihren Körper, aber jeden engeren Kontakt wehrte sie mit
geheimnisvollem, verhaltenem Lächeln ab, drehte den Kopf zur Seite und nach
unten, während sie ihn fest an der Leine hielt.
Unter dem
ständigen Druck des Müßiggangs nahm Fawn, das Faktotum, seltsame Gewohnheiten
an. Wenn Smiley verschwand und ihn zurückließ, schmachtete er buchstäblich nach
der Rückkehr seines Herrn. Eines Abends überraschte ihn Guillam in seiner
kleinen Höhle und war zutiefst betroffen, ihn zusammengekauert wie einen Fötus
vorzufinden; er wand sich ein Taschentuch wie eine Abbindungsschnur um den
Daumen, bis es ihm wehtat.
»Um Gottes
willen, es ist doch nicht persönlich gemeint, Mensch!« rief Guillam
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