Carre, John le
probierte die große
Klinke, aber die Safetüre war verschlossen.
Auf dem
Safe lag staubbedeckt ein schwerer Gummiknüppel.
Jerry
packte ihn mit beiden Händen, führte zerstreut ein paar Kricketschläge aus und
legte ihn wieder zurück, während Frosts ratloser Blick ihm beunruhigt folgte.
»Ich
möchte ein Konto eröffnen, Frosti«, sagte Jerry noch immer vom Safe her.
»Sie?«
»Ich.«
»Nach
allem, was Sie gestern nacht erzählten, haben Sie nicht mal genug, um ein
Sparschwein zu eröffnen. Außer Ihr feiner Herr Papa hat noch einiges in der
Matratze versteckt, was ich leicht bezweifle.« Frosts Welt stürzte ein wie ein
Kartenhaus, trotzdem versuchte er verzweifelt, sich daran zu klammern. »Los,
kippen Sie noch einen und hören Sie auf, Boris Karloff zu spielen, ja? Gehen
wir zu den Hottehüs: Happy Valley, wir kommen. Ich lade Sie zum Lunch ein.«
»Ich
meinte nicht eigentlich, daß wir mein Konto
eröffnen sollten, altes Haus. Ich meinte, eins von jemand anderem«, erklärte
Jerry. Wie bei einem langsamen, traurigen Possenspiel erlosch der Humor in
Frosts kleinem Gesicht, und er flüsterte atemlos »O nein, o Jerry«, ganz leise;
als wäre er Zeuge eines Unfalls, bei dem Jerry das Opfer war, nicht Frost. Zum
zweitenmal näherten sich Schritte auf dem Korridor. Mädchenschritte, kurz und
rasch. Dann ein scharfes Klopfen. Dann Stille.
»Natalie?«
sagte Jerry ruhig. Frost nickte. »Wenn ich ein Kunde wäre, würden Sie mich dann
vorstellen?« Frost schüttelte den Kopf. »Lassen Sie sie rein.«
Frosts
Zunge schob sich wie eine erschreckte rosige Schlange zwischen den Lippen
hervor, sicherte nach allen Seiten und verschwand wieder.
»Herein!«
rief er heiser, und ein großes Chinesenmädchen mit dicken Brillengläsern holte
ein paar Briefe aus seinem Auslaufkorb ab.
»Schönes
Wochenende, Mister Frost«, sagte sie. »Bis Montag dann«, sagte Frost. Die Tür
schloß sich wieder.
Jerry
durchquerte das Büro, legte den Arm um Frosts Schultern und führte ihn, der
keinen Widerstand leistete, rasch zum Fenster. »Ein Treuhand-Konto, Frosti.
Ihren unbestechlichen Händen anheimgegeben. Große Sache.«
Drunten
auf dem Platz ging der Karneval weiter. Auf dem Kricketplatz war jemand im Aus.
Der schlacksige Schläger mit der Kappe von anno dazumal reparierte geduldig den
Raum zwischen den Dreistäben. Die Spieler lagen herum und plauderten.
»Sie regen
mich auf«, sagte Frost schlicht und versuchte, sich an die Lage zu gewöhnen.
»Ich glaubte, ich hätte endlich einen Freund gefunden, und jetzt wollen Sie mir
die Daumenschrauben ansetzen. Und sowas will ein Lord sein.«
»Man soll
sich nie mit Zeitungsleuten abgeben, Frosti. Rauhes Volk. Keinen Sportsgeist.
Hätten nicht aus der Schule plaudern sollen. Wo bewahren Sie die Unterlagen
auf?«
»Freunde
plaudern aus der Schule!« protestierte Frost, »dazu sind Freunde da! Daß sie
einander alles sagen!«
»Dann
sagen Sie mir alles.«
Frost
schüttelte den Kopf. »Ich bin ein Christ«, sagte er dümmlich. »Ich gehe jeden
Sonntag in die Messe. Tut mir leid, aber das kommt gar nicht in Frage. Lieber
würde ich meinen Platz in der Gesellschaft verlieren, als einen Vertrauensbruch
begehen. Dafür bin ich bekannt, wie? Nichts zu machen. Bedaure.« Jerry schob
sich am Fenstersims näher heran, bis sich ihre Ellbogen fast berührten. Die
große Scheibe zitterte vom Verkehrslärm. Die Jalousien waren rot von
Ziegelstaub, Frost grimassierte erbärmlich, während er versuchte, die Nachricht
von seiner Vernichtung zu fassen.
»Der
Handel ist folgender, altes Haus«, sagte Jerry sehr ruhig. »Hören Sie gut zu.
Ja? Es heißt: entweder Zuckerbrot oder Peitsche. Wenn Sie nicht spuren, hängt
mein Blatt alles an die große Glocke. Porträt auf der Titelseite, Schlagzeilen
über die volle Breite, Fortsetzung letzte Seite, Spalte 6, mit allen Schikanen. >Würden Sie von diesem Mann einen
Gebrauchtwagen kaufen?< Hongkong, die Brutstätte der Korruption, und Frosti,
das geifernde Ungeheuer. So in dieser Art. Wir sagen allen, wie Sie im
>Young Banker's Club< Bettpolonaise spielen, genau wie Sie's mir erzählt
haben, und wie Sie bis vor kurzem ein sündhaftes Liebesnest drüben in Kaulun
unterhielten, nur daß sie sauer wurde, weil sie mehr Futter wollte. Ehe wir das
alles bringen, prüfen wir natürlich die Geschichte mit Ihrem Direktor nach und
vielleicht auch mit Ihrer Missus, wenn es ihr gut genug geht.« Auf Frosts
Gesicht war ohne jede Warnung eine Sturmflut von
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