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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine Art Held (Smiley Bd 6)
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Schweiß ausgebrochen. Die
fahlen Züge hatten nur ganz kurz öligen Glanz angenommen, dann waren sie auch
schon klitschnaß, und der Schweiß rann ungehindert über das feiste Kinn und
fiel auf den Robin-Hood-Anzug.
    »Kommt vom
Saufen«, sagte er töricht und versuchte, die Flut mit seinem Taschentuch
einzudämmen. »Ich kriege das immer, wenn ich trinke. Verfluchtes Klima. Ich
sollte ihm nicht ausgesetzt sein. Sollte niemand. Hier geht man vor die Hunde.
Ich hasse dieses Land.«
    »Das ist
die schlechte Nachricht«, fuhr Jerry fort. Sie
standen noch immer am Fenster, Seite an Seite, wie zwei Männer, die den
Ausblick genießen. »Die gute Nachricht lautet fünfhundert US in ihr heißes
Händchen, beste Empfehlungen von Grub Street, keiner erfährt was, und Frosti
soll Direktor werden. Warum also entspannen Sie sich nicht und genießen es!
Gewissermaßen.«
    »Und darf
ich erfahren«, japste Frost schließlich mit einem
verzweifelten Versuch zur Ironie, »zu welchem Zweck Sie diese Unterlagen
überhaupt einzusehen wünschen?«
    »Verbrechen
und Korruption, altes Haus. Die Hongkong Connection. Grub Street benennt die
Schuldigen. Konto-Nummer vier vier zwei. Haben Sie es hier?« fragte Jerry und
deutete auf den Safe.
    Frosts
Lippen formten ein »Nein«, aber aus seinem Mund kam kein Ton.
    »Zweimal
vier, dann die Zwei. Wo ist es?«
    »Hören
Sie«, murmelte Frost. Sein Gesicht war ein hoffnungsloses Durcheinander von
Angst und Enttäuschung. »Tun Sie mir einen Gefallen, ja! Lassen Sie mich aus
dem Spiel. Bestechen Sie einen meiner chinesischen Angestellten, okay? Das ist
die richtige Methode. Ich meine, ich habe hier eine Position.«
    »Sie
kennen die Redensart, Frosti. In Hongkong plaudern sogar die Gänseblümchen. Ich
will Sie. Sie sind hier, und Sie sind besser
qualifiziert. Ist es im Tresorraum?«
    Sie müssen
die Sache in Gang halten, sagten sie, die
Schraube ständig noch fester anziehen. Verlieren Sie die Initiative ein
einziges Mal, und Sie haben sie für immer verloren. Da Frost
noch immer verdattert dastand, tat Jerry, als verlöre er die Geduld. Mit einer
sehr großen Hand packte er Frost an der Schulter, wirbelte ihn herum und schob
ihn rückwärts, bis seine kleinen Schultern flach an den Safe gepreßt waren.
»Ist es im Tresorraum?«
    »Wieso
soll ich das wissen?«
    »Ich sag
Ihnen gleich, wieso«, versprach Jerry und nickte so nachdrücklich, daß seine
Haarsträhne auf- und abflog. »Ich sag Ihnen wieso, altes Haus«, wiederholte er
und versetzte Frost mit der freien Hand einen leichten Schlag auf die Schulter.
»Weil Sie nämlich sonst vierzig sind und auf der Straße liegen, mit einer
kranken Frau am Hals und hungrigen Bambinos; und das Schulgeld und die ganze
Katastrophe! Es gibt nur ein Entweder-oder, und die Entscheidung fällt jetzt.
Nicht in fünf Minuten, sondern jetzt. Es ist mir egal, wie Sie's machen, aber
sorgen Sie dafür, daß es unverdächtig klingt, und lassen Sie Natalie aus dem
Spiel.«
    Jerry führte
ihn wieder in die Mitte des Büros zurück, zum Schreibtisch mit dem Telefon. Es
gibt Rollen im Leben, die man unmöglich mit Würde spielen kann. Eine solche war
Frost an diesem Tag zugeteilt. Er hob den Hörer ab und wählte eine einzige
Zahl.
    »Natalie?
Oh, Sie sind noch nicht weg. Hören Sie zu, ich muß noch ungefähr eine Stunde
hierbleiben, hatte gerade einen Kunden am Telefon. Sagen Sie Syd, er soll den
Tresorraum offen lassen, ich verschließe ihn, sobald ich gehe, ja?« Er ließ
sich in seinen Sessel fallen.
    »Bringen
Sie Ihr Haar in Ordnung«, sagte Jerry und trat wieder ans Fenster, während sie
warteten.
    »Von wegen
Verbrechen und Korruption!« murrte Frost. »Na schön, und wenn er wirklich eine
krumme Tour dreht: nennen Sie mir einen Chinesen, der das nicht tut. Nennen Sie
mir einen Briten, der's nicht tut, Glauben Sie, das bringt die Insel wieder auf
die Füße?«
    »Er ist
also Chinese?« sagte Jerry sehr scharf. Jerry trat wieder an den Schreibtisch
und wählte selbst Natalies Nummer. Keine Antwort. Er hievte Frost behutsam aus
dem Sessel und führte ihn zur Tür.
    »Und
schließen Sie ja nicht ab«, warnte er. »Wir müssen alles wieder reinlegen, ehe
Sie gehen.«
     
    Frost war
zurückgekommen. Er saß düster am Schreibtisch, vor ihm auf der Schreibunterlage
lagen drei Aktenhefter. Jerry goß ihm einen Wodka ein. Er blieb neben seiner
Schulter stehen, während Frost trank, und erklärte, wie eine Zusammenarbeit
dieser Art funktionierte. Frosti werde nicht das

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