Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine Art Held (Smiley Bd 6)
Vom Netzwerk:
Oder
Beauty of Bath?< Wie ich Sie kenne, ist es Beauty of Bath. Fand's richtig
komisch, nach den gastlichen Stätten, die wir letzte Nacht abgegrast haben.«
Dieses Gefasel, so schwach es für den erstaunten Frost auch klingen mochte, gab
Jerry Zeit, das Büro zu betreten, flugs die Tür zu schließen und sich mit dem
breiten Rücken vor das einzige Guckloch zu stellen, während er Dankgebete für
seine weiche Landung nach Sarratt schickte und Stoßgebete zu seinem Schöpfer.
    Jerrys
Auftritt folgte ein Augenblick voll dramatischer Spannung. Frost hob langsam
den Kopf, hielt dabei die Augen halb geschlossen, als schmerzte ihn das Licht,
was vermutlich auch der Fall war. Bei Jerrys Anblick blinzelte er und blickte
weg, dann sah er ihn wieder an, um sich zu vergewissern, daß er keinen Geist
vor sich hatte. Dann wischte er sich mit dem Taschentuch die Stirn. »Herrje«,
sagte er. »Der hohe Herr persönlich! Was zum Teufel haben Sie hier zu suchen,
Sie widerlicher Aristokrat?« Worauf Jerry, der noch immer an der Tür stand, mit
einem weiteren breiten Grinsen antwortete und die Hand zum Indianergruß hob,
während er sich die Schwachstellen genau einprägte: die beiden Telefone, die
graue Box der Wechselsprechanlage und den Stahlschrank, der ein Schlüsselloch
hatte, aber keine Zahlenkombination.
    »Wie sind
Sie überhaupt reingekommen? Haben ihnen wohl Ihren Honourable an den Kopf
geworfen. Was soll das, hier so einfach reinzuplatzen?« Frost, der nicht halb
so ungehalten war, wie seine Worte das nahegelegt hätten, war vom Schreibtisch
aufgestanden und watschelte durch das Büro. »Das hier ist kein Puff,
verstanden. Das hier ist eine achtbare Bank. Eine mehr oder weniger achtbare
Bank, sagen wir.«
    Als er vor
Jerrys beachtlicher Masse angelangt war, stemmte er die Hände in die Seiten,
glotzte ihn an und schüttelte verdutzt den Kopf. Worauf er Jerry auf den Arm
schlug, ihn in den Magen boxte und wieder mit dem Kopf wackelte. »Sie
versoffener, liederlicher, geiler, ausschweifender . . . «
    »Zeitungsschmierer«,
ergänzte Jerry.
    Frost war
noch nicht über vierzig, aber das Leben hatte ihm bereits die grausamen Male
der Durchschnittlichkeit aufgeprägt, als da waren ein wichtigtuerisches
Herumfummeln mit Manschetten und Fingern, ein Benetzen und zugleich Schürzen
der Lippen. Zu seinen Gunsten hingegen sprach ein offenkundiger Sinn für Humor,
der auf den feuchten Backen strahlte wie Sonnenlicht. »Da«, sagte Jerry.
»Vergiften Sie sich«, und bot ihm eine Zigarette an.
    »Herrje«,
sagte Frost nochmals, und mit einem Schlüssel vom Bund öffnete er ein altmodisches
Walnußbüffet, voll von Spiegeln und Reihen von Cocktailsticks mit künstlichen
Kirschen, von Juxbechern mit Pin-ups und rosa Elefanten. »Bloody Mary
gefällig?«
    »Bloody
Mary tut der Kehle immer gut, altes Haus«, versicherte ihm Jerry.
    An der
Schlüsselkette hing ein einzelner Messingschlüssel zu einem Chubb-Schloß. Der
Safe war also ein Chubb-Safe, erste Ware, mit einem abgenutzten goldenen
Medaillon, das sich kaum noch von der grünen Farbe abhob.
    »Eines muß
man euch blaublütigen Wüstlingen ja lassen«, rief Frost, während er den
Cocktail mixte und schüttelte wie ein Chemiker. »In Bumslokalen kennt ihr euch
aus. Wenn ihr mitten in Salisbury Plain vom Himmel fallt, dauert's keine
dreißig Sekunden, und schon habt ihr 'n Puff aufgerissen. Mein jungfräuliches
Gemüt hat gestern nacht wieder mal Schaden genommen. Erschüttert bis auf seine
zarten kleinen Grundfesten - sagen Sie halt! Gelegentlich müssen Sie mir ein
paar Adressen  geben, wenn's mir wieder besser geht. Falls es je soweit kommt,
woran ich zweifle.«
    Jerry war
zu Frosts Schreibtisch hinübergeschlendert und blätterte müßig die
Korrespondenz durch, dann fing er an, auf den Tasten der Sprechanlage
herumzuspielen, ließ eine nach der anderen mit dem dicken Zeigefinger auf und
ab schnippen; aber es tat sich nichts. Ein einzelner Knopf trug die Aufschrift
»beschäftigt«.
    Jerry
drückte ihn und sah einen rosigen Schimmer im Guckloch, als das Warnlicht im
Korridor aufflammte.
    »Und diese
Puppen«, sagte Frost, der Jerry noch immer den Rücken kehrte, während er die
Saucenflasche schüttelte. »Waren ganz Schlimme. Skandalös.« Mit entzücktem
Lachen durchschritt Frost das Büro und hielt die Gläser in den ausgestreckten
Händen.
    »Wie
hießen die doch gleich? Ach du liebe Güte!«
    »Sieben
und Vierundzwanzig«, sagte Jerry zerstreut.
    Im
Sprechen bückte er sich

Weitere Kostenlose Bücher