Carre, John le
noch nie gesehen, daß ein Pferd so
offenkundig gepullt wurde!« Als Lucky Nelson elegant am Zielpfosten vorbeizog,
wandte Jerry den Blick rasch wieder nach rechts und nach unten. Ko schien
ungerührt. Es war nicht orientalische Unergründlichkeit: von diesem Mythos
hatte Jerry nie etwas gehalten. Bestimmt war es nicht Gleichgültigkeit. Er
wohnte einfach der zufriedenstellenden Abwicklung einer Zeremonie bei: Mr.
Drake Ko nimmt einen Vorbeimarsch seiner Truppen ab. Seine kleine verrückte
Frau stand mit steifem Rücken neben ihm, als würde endlich, nach all den
Kämpfen ihres Lebens, ihre Siegerhymne gespielt. Einen Augenblick mußte Jerry
an Old Pet in ihren besten Jahren denken. Genau wie Pet, dachte Jerry, wenn
Sambos Stolz auf einen guten achtzehnten Platz kam. Genauso hatte sie
dagestanden und die Niederlage mit Fassung getragen.
Die
Siegerehrung war wie aus dem Bilderbuch. Man vermißte vielleicht ein
Kuchenbuffet, aber der Sonnenschein übertraf gewiß alle Erwartungen auch des
optimistischsten Organisators einer englischen Dorffete; und die Silberpokale
waren weit großzügiger als der verkrätzte kleine Becher, den der Squire dem
Sieger im Dreibeinwettlauf überreichte. Die sechzig uniformierten Polizisten
waren ebenfalls vielleicht eine Spur angeberisch. Aber die huldvolle Dame mit
dem Turban á la dreißiger Jahre, die der langen weißen Tafel vorsaß, war so
gräßlich und arrogant, daß sie den Anforderungen auch des anspruchsvollsten
Patrioten Genüge getan hätte. Sie kannte das Protokoll genau. Der Vorsitzende
der Rennleitung reichte ihr den Pokal, und sie hielt ihn sofort weit von sich
ab, als wäre er zu heiß für ihre Hände. Drake Ko und seine Frau, beide gewaltig
grinsend, Ko noch immer mit der Baskenmütze, tauchten aus einer Traube
entzückter Supporters auf und schnappten sich den Pokal, aber sie trippelten so
rasch und fröhlich über den abgesperrten Grasfleck hin und zurück, daß der
Fotograf nicht vorbereitet war und die Akteure bitten mußte, den Augenblick der
Krönung noch einmal zu spielen. Der huldvollen Dame war dies ungemein lästig,
und Jerry fing über das Geplapper der Zuschauer hinweg ein affektiertes
»verdammter Schwachkopf« auf. Dann war der Pokal Ko endgültig zu eigen, die
huldvolle Dame trennte sich mißmutig von Gardenien im Wert von sechshundert
Dollar, Ost und West kehrten erleichtert in ihre getrennten Quartiere zurück.
»Auf ihn gesetzt?« erkundigte sich Captain Gram liebenswürdig. Sie schlenderten
zu den Tribünen zurück. »Hm, ja, hab' ich«, gestand Jerry feixend. »Freudige
Überraschung sozusagen, wie?«
»Oh, es
war Kos Rennen, all right«, sagte Grant nur. Sie spazierten
eine Weile dahin. »Eine gute Nase haben Sie. Besser als wir. Möchten Sie mit
ihm sprechen?«
»Mit wem
sprechen?«
»Ko.
Solange er noch siegestrunken ist. Vielleicht kriegen Sie ausnahmsweise etwas
aus ihm raus«, sagte Grant mit seinem wohlwollenden Lächeln. »Kommen Sie, ich
stelle Sie ihm vor.« Jerry zögerte nicht. Als Reporter hatte er allen Grund,
»ja« zu sagen. Als Spion - nun ja, in Sarratt sagen sie manchmal, nichts sei an
sich gefährlich, erst das Denken mache es dazu. Sie schlenderten zu der Gruppe
zurück. Die Ko-Lobby hatten einen unvollkommenen Kreis um den Pokal gebildet,
und das Gelächter war sehr laut. Im Mittelpunkt, direkt neben Ko, stand der
fette Philippino mit seinem schönen Mädchen, und Ko alberte mit dem Mädchen
herum, küßte es auf beide Wangen, küßte es dann nochmals, während alle lachten,
ausgenommen Kos Frau, die sich demonstrativ an den Rand zurückgezogen hatte,
um mit einer Chinesin ihres eigenen Alters zu plaudern.
»Das ist
Arpego«, sagte Grant Jerry ins Ohr und wies auf den fetten Philippino. »Ihm
gehören Manila und das Großteil der umliegenden Inseln.«
Arpegos
Wanst thronte stramm über seinem Gürtel, wie ein kleiner Felsen, den er sich
unters Hemd gestopft hatte.
Grant
hielt nicht direkt auf Ko zu, sondern wandte sich an einen vierzigjährigen,
stämmigen Chinesen mit sanften Zügen, der einen stratoblauen Anzug trug und
eine Art Adjutant zu sein schien. Jerry hielt sich wartend abseits. Der
rundliche Chinese kam zu ihm herüber, Grant an seiner Seite.
»Das ist
Mr. Tiu«, sagte Grant ruhig. »Mr. Tiu, das ist Mr. Westerby, Sohn des Großen.«
»Sie
möchten mit Mr. Ko sprechen, Mr. Wessby?«
»Wenn es
möglich ist.«
»Natürlich
ist es möglich«, sagte Tiu begeistert. Die pummeligen Hände wedelten ruhelos
vor
Weitere Kostenlose Bücher