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Carre, John le

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Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine Art Held (Smiley Bd 6)
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ohne,
dachte er.
    Als sie
zur Haupttribüne zurückgingen, lachte Grant lautlos in sich hinein.
    »Als Ko
das letztemal gewann, wollte er nach dem Rennen nicht einmal das Pferd zum
Sattelplatz führen«, entsann er sich. »Hat abgewinkt. Wollte nicht.«
    »Warum zum
Teufel denn nicht?«
    »War nicht
darauf gefaßt, daß es gewinnen würde, darum nicht. Hatte es seinen Chiu-Chow-Freunden
nicht vorhergesagt - schlecht fürs Gesicht. Vielleicht hat er das auch
gefürchtet, als Sie ihn nach seinem Glück fragten.«
    »Wieso
wurde er zum Steward des Clubs gewählt?«
    »Oh, hat
durch Tiu die Stimmen kaufen lassen, nehme ich an. Das Übliche. Cheers.
Vergessen Sie Ihren Gewinn nicht.«
    Dann
passierte es: As Westerby zieht eine Erstmeldung an Land.
    Das letzte
Rennen war vorüber, Jerry hatte viertausend Dollar auf der Habenseite, und Luke
war verschwunden. Jerry probierte es im American Club, im Club Lusitano und
einigen weiteren, aber man hatte ihn entweder nicht gesehen oder bereits hinausgeworfen.
In der Umzäunung war nur ein einziges Tor, also schloß Jerry sich dem Exodus
an. Der Verkehr war chaotisch. Rolls-Royces und Mercedes suchten Plätze zum
Anhalten, und die Menge schob und drängte von hinten. Jerry beschloß, sich
nicht in den Kampf um ein Taxi einzulassen, begann, den schmalen Gehsteig
entlangzuwandern und sah zu seiner Überraschung Drake Ko ganz allein aus einem
Tor auf der anderen Straßenseite treten, und zum erstenmal, seit Jerry seiner
ansichtig geworden war, lächelte er nicht. Als er den Bordstein erreicht hatte,
schien er unentschlossen, ob er hinübergehen solle, blieb dann, wo er war und
blickte auf den heranbrausenden Verkehr. Er wartet auf den Rolls-Royce Phantom,
dachte Jerry und erinnerte sich an den Wagenpark in der Headland Road. Oder auf
den Mercedes oder auf den Chrysler. Plötzlich sah Jerry, wie Ko die Baskenmütze
vom Kopf riß und wie zum Spaß in den Autostrom hielt, als wollte er das
Gewehrfeuer auf sie ziehen. Um Augen und Mund sprangen die Fältchen auf, die
Goldzähne funkelten grüßend, und anstatt eines Rolls-Royce oder eines Mercedes
oder eines Chryslers hielt ein langer roter Jaguar E mit zurückgeklapptem
Faltverdeck kreischend und ohne Rücksicht auf die übrigen Wagen vor ihm an.
Jerry hätte ihn beim besten Willen nicht übersehen können. Allein das Geräusch
der Reifen ließ alle Köpfe auf dem Gehsteig herumfahren. Seine Augen lasen die
Nummer, sein Gedächtnis registrierte sie. Ko kletterte hinein, so aufgeregt wie
jemand, der noch nie in seinem Leben in einem offenen Wagen' gefahren war, und
er schwatzte und lachte bereits, ehe sie wieder anfuhren. Aber nicht, ehe Jerry
gesehen hatte, wer am Steuer saß, ihr flatterndes blaues Kopftuch, die dunkle
Brille, das lange blonde Haar und genügend von ihrer Figur, als sie sich über
Ko beugte, um die Tür auf seiner Seite zu schließen, zeigten ihm, daß sie ein
Prachtstück von Frau war. Drakes Hand ruhte auf ihrem nackten Rücken, die
Finger waren gespreizt, die freie Hand fuchtelte herum, während er ihr
zweifellos eine Zug-um-Zug-Schilderung seines Sieges gab, und als sie gemeinsam
abfuhren, pflanzte er ihr einen sehr unchinesischen Kuß auf die Wange, und
dann, als Zugabe, noch zwei, und zwar mit weit mehr Überzeugung, als er für das
Küssen von Mr. Arpegos Begleiterin aufgebracht hatte.
    Jenseits
der Fahrbahn war der Eingang, aus dem Ko soeben herausgekommen war, und das
Eisentor stand noch offen. In Jerrys Hirn rasten die Gedanken, er duckte sich
und rannte durch den Verkehrsstrom. Er gelangte in den alten Friedhof der
Kolonie, eine üppige Anlage, blumenduftend und von gewaltigen überhängenden
Bäumen beschattet. Jerry war noch nie hier gewesen und betrat diese
Abgeschlossenheit voll Scheu. Der Friedhof war an einem Hügelrund um eine alte
Kapelle angelegt, die still und unbenutzt verfiel. Die sprüngigen Mauern
schimmerten im fleckigen Abendlicht. Daneben lag ein umzäunter Zwinger, aus dem
ihn ein abgemagerter Schäferhund wütend anheulte. Jerry blickte sich um, er
wußte nicht recht, warum er hier war und was er hier suchte. Die Gräber
gehörten verschiedenen Epochen, Rassen und Sekten an.. Es gab weißrussische
Gräber, deren orthodoxe Grabsteine reich gemeißelt waren und von zaristischer
Grandeur zeugten. Jerry stellte sich dicken Schnee darüber vor, der gerade noch
ihre Form erkennen ließ. Ein anderer Stein beschrieb die ruhelose Pilgerschaft
einer russischen Fürstin, und Jerry blieb stehen und

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