Carre, John le -Ein Mord erster Klasse (Smiley Bd 2)
eine Warnung, so daß von diesem Augenblick
an Fieldings Verhalten sich änderte; er wurde mürrisch und voreingenommen auf
eine Art, die Smiley noch lange nachher zu denken gab.
D'Arcy
wandte sich an Smiley und sprach ihn mit übertriebener Vertraulichkeit an: »Bitte, verzeihen Sie mir meinen beklagenswerten Abstieg in
den Klatsch von Carne. Sie finden uns hier ein wenig abgeschnitten, nicht wahr?
Man hält uns oft für isoliert, ich weiß. Carne ist eine >Snob-Schule<,
das ist der Slogan. Man kann es täglich in der Asphaltpresse lesen. Und doch
darf ich, trotz der Behauptungen der Avantgarde«, fügte er hinzu, verstohlen
zu Fielding hinüberblickend, »sagen, daß niemand weniger
ein Snob sein könnte als Felix D'Arcy.« Smiley nahm Notiz von seinem Haar. Es
war dünn und gelblich, fiel vom Scheitel und ließ seinen roten Nacken bloß.
»Nehmen
Sie zum Beispiel den armen Rode. Ich halte dem armen Kerl gewiß in keiner Weise
seine Herkunft vor. Die öffentlichen Schulen leisten Großartiges, da bin ich
sicher. Außerdem hat er sich hier schon sehr gut eingewöhnt. Ich habe das auch
dem Direktor gesagt. Ich sagte ihm, daß Rode sich sehr gut eingewöhnt habe; er
versieht den Kirchendienst ganz bewundernswert - gerade darauf habe ich
hingewiesen. Ich hoffe, ich habe das Meine getan, mehr noch, ihm geholfen,
sich anzupassen. Mit sorgfältiger Unterweisung können solche Leute, wie ich dem
Direktor sagte, unsere Gebräuche lernen, sogar unsere Manieren, und der
Direktor stimmte zu.«
Smileys
Glas war leer, und D'Arcy füllte es, ohne Fielding zu fragen, für ihn aus der
Kristallflasche. Seine Hände waren glatt und haarlos wie die eines Mädchens.
»Aber«,
fuhr er fort, »ich muß ehrlich sein. Mrs. Rode glich sich nicht so willig
unserer Lebensart an.« Immer noch lächelnd, trank er zierlich aus dem Glas. Er
will seine Darstellung berichtigen, dachte Smiley.
»Sie würde
sich nie wirklich ganz an Carne angepaßt haben; das ist meine Meinung - ich
habe sie aber zu ihren Lebzeiten bestimmt nie ausgesprochen. Ihr Milieu
schadete ihr. Es war nicht ihre Schuld - es war ihr Milieu, das, wie gesagt,
ungünstig war. Tatsächlich habe ich, wenn wir offen und vertraulich sprechen
dürfen, Grund zu der Annahme, daß ihr Vorleben ihren Tod verursacht hat.«
»Warum
sagen Sie das?« fragte Smiley rasch, und D'Arcy antwortete, mit einem kurzen
Blick auf Fielding: »Es sieht so aus, als habe sie erwartet, überfallen zu
werden.«
»Meine
Schwester ist in Hunde vernarrt«, sprach D'Arcy weiter. »Vielleicht wissen Sie
das bereits. King-Charles-Spaniels sind ihre Stärke. Sie gewann letztes Jahr
auf der North-Dorset-Hundeschau einen Preis und erhielt kurz danach bei Crufts
für ihre >Königin von Carne< eine lobende Anerkennung. Sie verkauft nach
Amerika, wissen Sie. Ich darf sagen, es gibt in England wenig Leute mit
Dorothys Erfahrung in dieser Zucht. Die Frau des Direktors sah sich veranlaßt,
vorige Woche genau dasselbe zu sagen. Nun, die Rodes waren unsere Nachbarn, wie
Sie wissen, und Dorothy ist nicht die Person, ihre nachbarlichen Pflichten zu
vernachlässigen. Wo es sich um Pflichten handelt, wird man sie nicht wählerisch
finden, versichere ich Ihnen. Die Rodes hatten auch einen Hund, einen ziemlich
großen Bastard, ein ganz intelligentes Tier, das sie mitgebracht hatten. - Ich
habe kaum eine Ahnung, woher sie gekommen sind, aber das ist etwas anderes. -
Sie schienen ziemlich an dem Hund zu hängen, und ich bezweifle es nicht. Rode
nahm ihn mit zum Fußballspiel, bis ich Gelegenheit fand, ihm davon abzuraten.
Diese Gepflogenheit gab nämlich Veranlassung zu unangemessener Belustigung bei
den Jungen. Ich selbst fand das auch heraus, als ich Dorothys Spaniels
spazierenführte. Ich werde sofort zur Sache kommen. Dorothy konsultierte einen
Tierarzt namens Harriman, einen überragenden Könner, der drüben nach
Sturminster zu wohnt. Vor zwei Wochen ließ sie ihn kommen. »Königin von
Carne< hustete schlimm, und Dorothy bat Harriman herüberzukommen. Eine
Hündin von dieser Qualität darf man nicht vernachlässigen, versichere ich Ihnen.«
Fielding
stöhnte, und D'Arcy fuhr fort, ohne ihn zu beachten.
»Ich war
zufällig zu Hause, und Harriman blieb zu einer Tasse Kaffee. Er ist, wie
gesagt, ein überragender Könner. Harriman erwähnte irgendwie den Hund der
Rodes, und dann kam die Wahrheit heraus; Mrs. Rode hatte den Hund am Vortag
töten lassen. Sie sagte, er habe den Postboten gebissen. Eine lange und
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