Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Carre, John le -Ein Mord erster Klasse (Smiley Bd 2)

Carre, John le -Ein Mord erster Klasse (Smiley Bd 2)

Titel: Carre, John le -Ein Mord erster Klasse (Smiley Bd 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
war einmal bei Stella zum Tee. Zuerst die Milch in die Tasse und dann
indischen Tee! So anders.« Sie sah Smiley plötzlich an und meinte: »Ich will
Ihnen etwas sagen. Ich bewunderte sie fast, so unerträglich fand ich sie. Sie
war eine von den lästigen kleinen Snobs, die denken, daß nur die Demütigen
tugendhaft sind.« Dann lächelte sie und fügte hinzu: »Ich stimmte sogar mit
Charles über Stella Rode überein, und das will etwas heißen. Wenn Sie die
Menschheit studieren wollen, gehen Sie hin und betrachten Sie ihn, der
Gegensatz ist fesselnd.« Doch in diesem Augenblick gesellte sich D'Arcys
Schwester zu ihnen, eine knochige, männlich wirkende Frau mit unordentlichem
grauen Haar und einem arroganten, gierigen Mund.
    »Dorothy,
Liebling«, murmelte Shane; »so eine wunderbare Party, so nett. Und so aufregend, jemand
aus London zu treffen, findest du nicht? Wir sprachen gerade über das Begräbnis
der armen Mrs. Rode.«
    »Stella
Rode hat vielleicht verdammt schlechte Manieren gehabt, Shane, aber sie hat
eine Menge für meine Flüchtlinge getan.«
    »Flüchtlinge?«
fragte Smiley unschuldig.
    »Ungarn.
Sammelte für sie. Kleider, Möbel, Geld.
    Eine der
wenigen Frauen, die etwas taten.« Sie
blickte Shane Hecht, die milde an ihr vorbei zu ihrem Mann hinüberlächelte,
scharf an: »Fleißiges kleines Geschöpf war sie; machte sich nichts daraus, die
Ärmel hochzukrempeln und von Tür zu Tür zu gehen. Brachte ihre kleinen Frauen
in der Baptistenkapelle auch dazu und schaffte eine Menge Zeug herbei. Das muß
man ihnen lassen, wissen Sie. Sie haben Unternehmungsgeist. Felix, noch einen
Sherry!«
    Es waren
ungefähr zwanzig Personen in den zwei Räumen, aber Smiley, der etwas verspätet
eingetroffen war, blieb bei einer Gruppe von ungefähr acht kleben, die der Tür
am nächsten standen: D'Arcy und seine Schwester; Charles und Shane Hecht; ein
junger Mathematiker namens Snow mit seiner Frau; ein Hilfsgeistlicher von der
Abtei und Smiley selbst, verwirrt und maulwurfähnlich hinter seiner Brille.
Smiley blickte sich rasch im Zimmer um, konnte jedoch keine Spur von Fielding
entdecken.
    »...Ja«,
fuhr Dorothy D'Arcy fort, »sie war eine gute kleine Arbeiterin, sehr... noch
bis zum Ende. Ich ging am Freitag hinüber mit diesem Pfarrersmann vom
Blech-Bethaus - Cardew-, um nachzusehen, ob es da noch Flüchtlingszeug
aufzuräumen gebe. Da war nichts am falschen Platz - jedes Stück, das sie hatte,
war verpackt und adressiert; wir brauchten es nur abzuschicken. Sie war eine
verdammt gute kleine Arbeiterin, muß ich schon sagen. Machte ihre Sache im
Basar glänzend, weißt du.«
    »Ja,
Liebling«, sagte Shane Hecht süß. »Ich erinnere mich genau. Es war der Tag, an
dem ich sie Lady Sawley vorstellte. Sie trug einen so reizenden kleinen Hut -
den, den sie sonntags trug, weißt du. Und so respektvoll. Sie redete sie mit
>Milady< an.« Sie wandte sich an Smiley und hauchte: »Richtig feudal,
finden Sie nicht, mein Bester? Ich schätze das immer. Wir sind nur noch
wenige.«
    Der
Mathematiker und seine Frau sprachen in einer Ecke mit Charles Hecht, und
einige Minuten später gelang es Smiley, sich aus der Gruppe herauszuwinden und
sich ihnen zuzugesellen.
    Ann Snow
war eine hübsche junge Frau mit einem etwas eckigen Gesicht und einer
Stupsnase. Ihr Mann war groß und hager und hatte eine angenehm gebeugte
Haltung. Er hielt sein Sherryglas zwischen geraden, schlanken Fingern, als sei
es eine chemische Retorte, und wenn er sprach, schien er sich mehr an den
Sherry als an den Hörer zu wenden; Smiley erinnerte sich vom Begräbnis an die
beiden. Hecht sah rot und ziemlich verärgert aus, er sog an seiner Pfeife. Sie
sprachen unzusammenhängend, ihre Unterhaltung wurde von dem Meinungsaustausch
der Nachbargruppe übertönt. Hecht wandte sich schließlich von ihnen ab, immer
noch stirnrunzelnd und in sich gekehrt, und stand betont allein bei der Tür.
    »Arme
Stella«, sagte Ann Snow nach einem Augenblick der Stille. »Verzeihung, ich
kann sie noch nicht aus meinen Gedanken bekommen. Es scheint verrückt, einfach
verrückt. Ich meine, warum sollte sie es getan haben,
dieses Janie-Weib?«
    »Mochten
Sie Stella?« fragte Smiley.
    »Natürlich.
Sie war reizend. Wir sind jetzt vier Semester hier, aber sie war die einzige
hier, die zu uns wirklich freundlich gewesen ist.« Ihr Mann sagte nichts,
nickte nur seinem Sherry zu. »Simon war kein Carne-Schüler, sehen Sie - die
meisten Lehrer waren es-, daher kannten wir niemanden, und

Weitere Kostenlose Bücher