Carte Blanche - Ein Bond-Roman
scherzte Bond nun insgeheim –, mussten die Agenten der Abteilung O sich häufig schnell von einem Ort zum anderen begeben können. Bond hatte seine Fahrt bei der Polizei angemeldet – und als Folge wurde sein Nummernschild sowohl von den Verkehrskameras als auch von den Beamten mit Messpistolen ignoriert.
Ah, der Bentley Continental GT Coupé … das beste Serienfahrzeug der Welt, glaubte Bond.
Er hatte die Marke schon immer geliebt; sein Vater hatte Hunderte von alten Zeitungsfotos der berühmten Gebrüder Bentley und ihrer Kreationen aufbewahrt, die in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts beim Rennen von Le Mans das ganze Feld einschließlich der Bugattis im Staub hinter sich zurückließen. Und Bond war 2003 selbst dabei gewesen, als der erstaunliche Bentley Speed 8 das Rennen nach einem Dreivierteljahrhundert erneut gewann. Er hatte immer davon geträumt, einen dieser vornehmen und dabei aberwitzig schnellen und intelligenten Wagen zu besitzen. Während der Jaguar E-Type, der unter seiner Wohnung stand, ein Erbstück seines Vaters war, handelte es sich bei dem GT um eine indirekte Hinterlassenschaft. Bond hatte sich seinen ersten Continental vor einigen Jahren mit dem Rest des Geldes gekauft, das er nach dem Tod seiner Eltern von der Lebensversicherung erhalten hatte. Kürzlich hatte er den Wagen dann für das neue Modell in Zahlung gegeben.
Er fuhr nun von der Autobahn ab und weiter auf March zu, das im Herzen der Fens lag. Bond wusste kaum etwas über den Ort. Er hatte von dem »March March March« gehört, einer Wanderung, die Studenten alljährlich im März von March nach Cambridge unternahmen. Es gab dort das Gefängnis Whitemoor. Und Touristen besichtigten die Kirche der heiligen Wendreda, die ganz sensationell sein sollte. Bond würde sich diesbezüglich auf das Wort des Verkehrsvereins verlassen müssen; er hatte schon seit Jahren kein Gotteshaus mehr besucht, außer im Rahmen einer Überwachung.
Vor ihm ragte nun der alte Armeestützpunkt auf. Bond fuhr in großem Bogen auf die Rückseite. Das Gelände war mit einem einschüchternden Stacheldrahtzaun gesichert, und Schilder warnten vor unbefugtem Betreten. Er erkannte den Grund: Die Anlage wurde abgerissen. Das also waren die Arbeiten, von denen er gelesen hatte. Ein halbes Dutzend Gebäude war bereits verschwunden. Eines stand noch, drei Etagen hoch, aus alten roten Backsteinen, mit einer verblichenen Aufschrift: Lazarett .
Mehrere große Kipplader waren zugegen, dazu Bulldozer, Bagger und einige Wohnanhänger, die etwa hundert Meter von dem Gebäude entfernt auf einem Hügel standen und vermutlich als Büro der Bauleitung und als Aufenthaltsraum für die Arbeiter dienten.
Neben dem größten Caravan parkte ein schwarzer Wagen, doch es war niemand zu sehen. Bond fragte sich, weshalb wohl; heute war ein ganz gewöhnlicher Montag.
Er lenkte seinen Bentley in ein kleines Dickicht, um ihn vor fremden Blicken zu schützen. Dann stieg er aus und schaute sich um: ein Netz aus Bewässerungsgräben, Kartoffel- und Zuckerrübenfelder, einige Gehölze. Bond schlüpfte in seine Ausrüstung. Die Jacke war an der Schulter von dem Granatsplitter aufgerissen und roch immer noch nach Rauch – von dem brennenden Mercedes in Serbien. Zuletzt tauschte er seine Straßenschuhe gegen die knöchelhohen Kampfstiefel.
Er hängte sich seine Walther und ein Holster mit zwei Reservemagazinen an das Leinenkoppel.
Falls Sie nicht weiterwissen, fragen Sie ruhig.
Er steckte außerdem einen Schalldämpfer ein, eine Taschenlampe, ein Werkzeugetui und sein Klappmesser.
Dann hielt Bond inne und sammelte sich, wie vor jeder taktischen Operation: absolut ruhig, mit konzentriertem Blick, der jedes Detail erfasste – Zweige, die verräterisch laut brechen konnten, Büsche, zwischen denen sich womöglich ein Scharfschütze verbarg, Anzeichen für Drähte, Sensoren und Kameras, die dem Feind seine Anwesenheit melden konnten.
Und er bereitete sich darauf vor, notfalls zu töten, schnell und gründlich. Auch das gehörte zu seiner Welt.
Da bei dieser Mission noch so viele Fragen offen waren, verhielt er sich nur umso vorsichtiger.
Du musst auf Handlungen des Gegners angemessen reagieren …
Aber was hatte Noah vor?
Und wer war dieser Kerl überhaupt?
Bond schlich zwischen den Bäumen hindurch, dann quer über ein Stück Acker, auf dem das erste Rübenkraut aus der Erde ragte. Er umging ein stinkendes Sumpfloch und arbeitete sich behutsam durch ein Dornengestrüpp auf
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