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Carte Blanche - Ein Bond-Roman

Carte Blanche - Ein Bond-Roman

Titel: Carte Blanche - Ein Bond-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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das Lazarett zu. Schließlich erreichte er den Stacheldraht und die Warnschilder, auf denen auch die Abrissfirma genannt wurde: Eastern Demolition and Scrap. Bond hatte den Namen noch nie gehört, aber die Laster sahen irgendwie vertraut aus, vor allem die charakteristische grüngelbe Lackierung.
    Er musterte das überwucherte Gelände vor dem Gebäude und den Exerzierplatz dahinter. Noch immer war niemand zu sehen. Bond durchtrennte den Zaun mit einer Drahtschere und dachte, wie schlau es doch wäre, das Gebäude für geheime Treffen zur Vorbereitung von Vorfall Zwanzig zu nutzen. Es würde bald abgerissen, und damit wären alle etwaigen Spuren vernichtet.
    Es hielten sich zwar offenbar keine Arbeiter hier auf, aber der schwarze Wagen bedeutete, dass dennoch jemand im Innern sein könnte. Bond hielt nach einer Hintertür oder anderen unauffälligen Zugangsmöglichkeiten Ausschau. Fünf Minuten später fand er eine: ein drei Meter tiefes Loch in der Erde, hervorgerufen durch den Einsturz eines unterirdischen Versorgungstunnels. Bond stieg in die Senke und leuchtete hinein. Der Gang schien in den Keller des Lazaretts zu führen, etwa fünfzig Meter von hier.
    Bond ging los und registrierte, wie alt die rissigen Backsteinwände waren. Im selben Moment lösten sich zwei Ziegel aus der Decke und krachten zu Boden. Dort unten verlief ein schmaler Schienenstrang, verrostet und teilweise mit Schlamm bedeckt.
    Auf ungefähr halber Strecke rieselten ihm Steinchen und feuchte Erde auf den Kopf. Bond blickte hoch und sah, dass die Tunneldecke knapp zwei Meter über ihm wie eine geborstene Eierschale von Rissen durchzogen war. Wahrscheinlich genügte ein Händeklatschen, um alles zum Einsturz zu bringen.
    Nicht gerade ein schöner Ort, um lebendig begraben zu sein, dachte Bond.
    Und fügte dann in Gedanken sarkastisch hinzu: Und wo genau wäre ich lieber verschüttet?
    »Erstklassige Arbeit«, sagte Severan Hydt zu Niall Dunne.
    Sie waren allein in Hydts Caravan, der hundert Meter entfernt von dem dunklen, unwirtlichen Armeelazarett außerhalb von March stand. Da das Gehenna-Team unter Zeitdruck gestanden hatte, den Job bis zum nächsten Tag abzuschließen, hatten Hydt und Dunne die Abrissarbeiten am Morgen unterbrochen und dafür gesorgt, dass die Arbeiter abrückten – die meisten von Hydts Angestellten wussten nichts von Gehenna, und er musste sehr vorsichtig sein, wenn die beiden Operationen sich überschnitten.
    »Ich war zufrieden«, sagte Dunne tonlos – so wie er fast immer reagierte, ob nun auf Lob, Kritik oder eine sachliche Feststellung.
    Das Team hatte den von Dunne gelieferten Rest des Materials eingebaut und war vor einer halben Stunde mit der Vorrichtung abgerückt. Sie würde bis Freitag an einem sicheren Ort versteckt bleiben.
    Hydt hatte sich eine Weile in dem letzten noch stehenden Gebäude umgesehen: Das Lazarett war mehr als achtzig Jahre alt.
    Das Abrissgeschäft brachte Green Way einen gewaltigen Haufen Geld ein. Die Firma wurde nicht nur bezahlt, um einzureißen, was die Leute nicht mehr haben wollten, sie verdiente auch an den Dingen, die sie aus dem Schutt barg und anderweitig verkaufte: Holzbalken, Stahlträger, Kabel, Aluminium- und Kupferrohre – vor allem Letztere waren der Traum jedes Lumpensammlers. Doch Hydts Interesse am Abbruch ging natürlich über das Finanzielle hinaus. Er betrachtete das Gebäude nun voll angespannter Vorfreude, so wie ein Jäger ein ahnungsloses Tier anstarrt, bevor er den tödlichen Schuss abfeuert.
    Er musste unwillkürlich an die einstigen Patienten des Lazaretts denken – die Toten und Sterbenden.
    Hydt hatte auf seiner Runde durch das prachtvolle alte Stück Dutzende von Fotos geschossen – in den heruntergekommenen Fluren, den muffigen Zimmern, der Leichenhalle, dem Autopsiebereich –, um den Zerfall und Niedergang festzuhalten. Seine Archive enthielten sowohl Bilder von alten Gebäuden als auch von Leichen. Er hatte eine ganze Menge davon, manche sogar durchaus künstlerisch wie die von Northumberland Terrace, Palmers Green an der North Circular Road, der mittlerweile verschwundenen Pura-Speiseölfabrik am Bow Creek in Canning Town sowie dem Royal Arsenal und Royal Laboratory in Woolwich. Seine Fotos von Lovell’s Wharf in Greenwich zeigten anschaulich, was umfassende Vernachlässigung bewirken konnte, und rührten ihn jedes Mal.
    Niall Dunne sprach gerade per Mobiltelefon mit dem Fahrer des Lastwagens und erklärte, wie die Vorrichtung am besten zu

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