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Carte Blanche - Ein Bond-Roman

Carte Blanche - Ein Bond-Roman

Titel: Carte Blanche - Ein Bond-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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der Computer schickte das vereinbarte Signal an die Zündkapseln.
    Die ersten Explosionen konnten sie nicht sehen, denn die Sprengungen erfolgten tief unten im Innern, um die Hauptstützpfeiler zu zertrümmern. Doch nach einigen Sekunden blitzte es auf wie von Paparazzi-Kameras, gefolgt von dem Lärm einiger Knallfrösche und einem tieferen Grollen. Das Gebäude schien zu erbeben. Und dann, als kniete es nieder, um seinen Hals einem Scharfrichter darzubieten, neigte das Lazarett sich erst auf einer Seite und stürzte schließlich vollends in sich zusammen. Eine Staub- und Rauchwolke stob in alle Richtungen davon.
    »Das dürften die Leute gehört haben«, sagte Dunne nach einem Moment. »Wir sollten gehen.«
    Hydt war jedoch wie gebannt von dem Haufen Schutt, an dem nichts mehr an das elegante, wenngleich altersschwache Gebäude von vor wenigen Sekunden erinnerte. Aus einem Etwas war ein Nichts geworden.
    »Severan«, drängte Dunne.
    Hydt stellte fest, dass er erregt war. Er dachte an Jessica Barnes, ihr weißes Haar, ihre blasse, vom Leben gezeichnete Haut. Sie war nicht in das Projekt Gehenna eingeweiht, also hatte er sie heute nicht mitgebracht, aber er vermisste sie. Nun, er würde sie in sein Büro bitten und dann nach Hause fahren.
    Sein Bauch zuckte vor Vergnügen. Das Gefühl wurde noch gesteigert durch die Erinnerung an die Leiche, die er am Vormittag auf dem Firmengelände vorgefunden hatte … und durch die Vorfreude auf die Ereignisse des morgigen Tages.
    Einhundert Tote …
    »Ja, ja.« Severan Hydt nahm seine Aktentasche und ging nach draußen. Er stieg jedoch nicht gleich in den Audi A8, sondern wandte sich noch einmal der Staub- und Rauchwolke zu, die über dem zerstörten Gebäude hing. Die Ladungen waren sehr geschickt angebracht worden. Er nahm sich vor, den Verantwortlichen zu danken. Eine kontrollierte Sprengung ist eine echte Kunst. Der Trick besteht darin, nicht etwa alles in die Luft zu jagen, sondern dem Gebäude den Halt zu nehmen, damit die Natur – in diesem Fall die Schwerkraft – den Rest erledigt.
    Was irgendwie auch eine Metapher für seine eigene Rolle auf Erden war, dachte Hydt.

15
    Ein Zebramuster aus Sonne und Schatten wanderte über das Zuckerrübenfeld. Es war früher Nachmittag.
    James Bond lag mit ausgestreckten Armen und Beinen auf dem Rücken, wie ein Kind, das Engel in den Schnee gemalt hatte und noch nicht nach Hause wollte. Inmitten dieses Meeres aus niedrigen grünen Blättern befand er sich nur dreißig Meter von dem Schutthaufen entfernt, der das alte Armeelazarett gewesen war … dem Schutthaufen, der ihn beinahe unter sich begraben hätte. Die Schockwellen der Explosionen hatten ihm – nur vorübergehend, hoffte er inständig – das Hörvermögen geraubt. Er hatte gegen Blitze und Splitter zwar die Augen schließen können, aber dennoch beide Hände benötigt, um die Tür der psychiatrischen Abteilung aufzureißen und seine Flucht zu bewerkstelligen. So blieben die Ohren ungeschützt, als die Hauptladungen detonierten und das Gebäude hinter ihm zum Einsturz brachten.
    Nun richtete er sich ein Stück auf – Zuckerrüben im Mai boten kaum Deckung – und hielt Ausschau nach Anzeichen einer Bedrohung.
    Nichts. Wer auch immer hinter dem Plan gesteckt hatte – ob nun der Ire, Noah oder ein Komplize –, suchte nicht nach ihm. Wahrscheinlich hielt man ihn für tot.
    Er hustete mehrmals, um den Staub und den beißenden Chemikalienrauch aus der Lunge zu kriegen. Dann stand er auf und wankte davon.
    Bond kehrte zum Wagen zurück, ließ sich auf den Vordersitz fallen, nahm eine Flasche Wasser von der Rückbank und trank ein paar Schlucke. Dann beugte er sich nach draußen und spülte mit dem Rest seine Augen aus.
    Er ließ den Motor an und stellte erleichtert fest, dass er das Blubbern des mächtigen Zwölfzylinders hören konnte. Dann verließ er die Gegend um March auf einer anderen Strecke in Richtung Osten, um nicht zufällig auf Leute von der Baustelle zu stoßen. Nach einer Weile beschrieb er einen Bogen nach Westen, war bald wieder auf der A 1 und fuhr zurück nach London, um herauszufinden, ob die Ascheteilchen, die er aufgesammelt hatte, irgendwelche Informationen über Vorfall Zwanzig enthielten.
    Kurz vor sechzehn Uhr erreichte Bond die ODG -Tiefgarage unter dem Gebäude.
    Er hätte am liebsten geduscht, war aber zu sehr in Eile. Also wusch er sich nur Gesicht und Hände, klebte ein Pflaster auf die kleine Wunde, die er einem herabfallenden Ziegel verdankte,

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