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Carte Blanche - Ein Bond-Roman

Carte Blanche - Ein Bond-Roman

Titel: Carte Blanche - Ein Bond-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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verspürte das Kribbeln, das ihm so vertraut war. Sein Knie streifte das ihre, teils zufällig, teils nicht. Sie fuhr sich mit der Hand durch das offene rote Haar.
    Philly rieb sich mit den Fingerspitzen die geschlossenen Augen. Dann sah sie Bond wieder an. »Ich muss sagen, das war eine großartige Idee«, gestand sie leise. »Das Abendessen, meine ich. Ich musste ganz eindeutig …« Ihre Stimme erstarb, und ihre Miene verzog sich belustigt, weil sie diesen Punkt nicht näher erläutern konnte oder wollte. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich den Abend schon beenden möchte. Es ist ja erst halb elf.«
    Bond beugte sich vor. Ihre Unterarme berührten sich – und diesmal wichen sie nicht wieder zurück.
    »Wie wäre es mit einem Drink nach dem Essen?«, schlug Philly vor. »Ich weiß aber nicht genau, was die hier anzubieten haben.« Das waren ihre Worte, aber in Wahrheit sagte sie zu Bond, dass sie in ihrer Wohnung, ganz in der Nähe, Portwein oder Brandy hatte und außerdem ein Sofa und Musik.
    Und höchstwahrscheinlich noch einiges mehr.
    Codes …
    Seine Antwort hätte lauten müssen: »Ich könnte auch einen vertragen. Aber vielleicht nicht hier.«
    Doch dann fiel ihm etwas auf, etwas Kleines, sehr Subtiles.
    Sie rieb sich mit Zeigefinger und Daumen der rechten Hand sanft den Ringfinger der Linken. Dort gab es eine blasse Stelle, die während des letzten Urlaubs nicht gebräunt worden war – weil Tims inzwischen nicht mehr vorhandener Verlobungsring an diesem Finger gesteckt hatte.
    Ihre strahlenden Augen waren immer noch auf Bond gerichtet, ihr Lächeln unverändert. Er wusste, dass sie jetzt einfach die Rechnung begleichen und gehen konnten, und Philly würde seinen Arm nehmen, während er sie nach Hause begleitete. Er wusste, dass die humorvollen Neckereien weitergehen würden. Er wusste, dass der Sex hemmungslos sein würde – das verrieten ihm ihre Blicke und der Klang ihrer Stimme, die Art und Weise, wie sie ihr Essen genossen hatte, die Kleidung, die sie trug und wie sie sie trug. Und ihr Lachen.
    Und doch wusste er auch, dass es nicht richtig war. Nicht zum jetzigen Zeitpunkt. Als sie den Ring abgestreift und zurückgegeben hatte, hatte sie auch ein Stück ihres Herzens hergegeben. Er bezweifelte nicht, dass sie sich bald wieder erholt haben würde – eine Frau, die auf einer BSA Spitfire über die Feldwege des Peak District bretterte, ließ sich durch nichts wirklich unterkriegen.
    Aber es war besser, noch zu warten, beschloss er.
    Falls Ophelia Maidenstone eine Frau war, die ein Teil seines Lebens werden könnte, würde das auch noch in ein oder zwei Monaten so sein.
    »Ich glaube, ich habe einen interessanten Armagnac auf der Karte gesehen«, sagte er. »Den würde ich gern mal probieren.«
    Bond wusste, dass es die richtige Entscheidung gewesen war, denn er sah, wie ihr Gesicht sich entspannte, wobei Erleichterung und Dankbarkeit die Enttäuschung überwogen, wenn auch nur knapp. Sie drückte seinen Arm und lehnte sich zurück. »Bestellen Sie etwas für mich mit, James. Ich bin sicher, Sie wissen, was ich gern hätte.«

DIENSTAG
Tod im Sand

19
    James Bond erwachte aus einem Traum, an den er sich nicht erinnerte, der ihn aber in Schweiß gebadet hatte und sein Herz wie wild hämmern ließ – und es raste noch umso schneller, weil zusätzlich das Telefon klingelte.
    Die Uhr neben seinem Bett zeigte 5:01. Er nahm das Mobiltelefon und schaute schläfrig blinzelnd auf das Display. Der Gute, dachte er.
    Er nahm das Gespräch an. »Bonjour, mon ami.«
    »Et toi aussi!«, sagte die volltönende raue Stimme. »Wir sind doch verschlüsselt, oder?«
    »Oui. Ja, natürlich.«
    »Was haben wir nur in den Zeiten vor der Verschlüsselung gemacht?«, fragte René Mathis, der wahrscheinlich in seinem Büro am Boulevard Mortier im 20. Arrondissement von Paris saß.
    »Es gab keine Zeiten vor der Verschlüsselung, René. Es gab bloß Zeiten, in denen dafür noch keine entsprechende App auf einem Touchscreen existiert hat.«
    »Gut gesagt, James. Du wirst immer weiser, comme un philosophe. Und das so früh am Morgen.«
    Der fünfunddreißigjährige Mathis war Agent des französischen Auslandsnachrichtendienstes, der Direction Générale de la Sécurité Extérieure. Er und Bond arbeiteten gelegentlich bei gemeinsamen Operationen von ODG und DGSE zusammen, die in letzter Zeit vor allem mit al-Qaida und anderen kriminellen Vereinigungen in Europa und Nordafrika zu tun gehabt hatten. Sie hatten außerdem beachtliche

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