Carte Blanche - Ein Bond-Roman
setzte sich und bestellte einen Jim Beam. »Und zwar ohne Eis, ohne Wasser, ohne Obstsalat, ohne irgendwas. Aber einen Doppelten. Und mit einem Dreifachen könnte ich auch leben.«
Bond bestellte noch einen Martini. »Was macht der Kopf?«, fragte er, nachdem der Kellner gegangen war.
»Das ist nichts«, murmelte Leiter. Er schien nicht schwer verletzt zu sein, und Bond wusste, dass seine gedrückte Stimmung mit dem Tod von Nasad zu tun hatte. »Hast du was über Hydt herausgefunden?«
»Sie reisen heute Abend ab. In rund zwei Stunden. Nach Kapstadt.«
»Und was ist da?«
»Keine Ahnung. Das muss ich noch herausfinden.«
Und zwar innerhalb von drei Tagen, wenn er die Tausenden von Menschen retten wollte, rief Bond sich ins Gedächtnis.
Sie verstummten kurz, weil der Kellner die Drinks brachte. Während sie die ersten Schlucke tranken, nahmen sie den großen Raum genau in Augenschein. Der dunkelhaarige Mann mit dem Ohrring war nirgendwo zu entdecken und auch sonst kein Beobachter, der ihnen in ihrer Ecke zu viel – oder zu wenig – Aufmerksamkeit geschenkt hätte.
Keiner von ihnen brachte einen Toast im Gedenken an den heute ermordeten Mitarbeiter aus. So gern sie es getan hätten, man machte das einfach nicht.
»Was ist mit Nasads Leiche?«, fragte Bond. Die Vorstellung, dass der Araber ein so schändliches Grab erhalten würde, war schwer zu ertragen.
Leiters Lippen wurden schmal. »Falls Hydt und der Ire damit zu tun hatten und ich eines unserer Teams hinschicke, riechen sie Lunte. Das kann ich nicht riskieren. Yusuf wusste, worauf er sich eingelassen hatte.«
Bond nickte. Es war die richtige Entscheidung. Aber dadurch fiel sie auch nicht leichter.
Leiter atmete das Aroma seines Whiskys ein. Dann trank er einen weiteren Schluck. »Weißt du, das sind die wirklich schwierigen Momente in unserem Geschäft – nicht die, in denen du deine Knarre ziehst und Butch Cassidy spielst. Das machst du, ohne nachzudenken.«
Bonds Mobiltelefon summte. Die Abteilung T hatte ihm einen Platz auf einem Nachtflug der Emirates nach Kapstadt gebucht. Abflug sollte in drei Stunden sein. Bond war mit der Wahl der Fluglinie zufrieden. Sie achtete seit jeher darauf, keine Massenabfertigung zu betreiben, sondern die Passagiere auf einem Niveau zu betreuen, wie es zuletzt im goldenen Zeitalter der Luftreisen vor fünfzig oder sechzig Jahren üblich gewesen war. Er informierte Leiter über die Reisevorkehrungen. »Lass uns was essen«, fügte er hinzu.
Der Amerikaner winkte einen Kellner an den Tisch und bestellte eine gemischte Vorspeisenplatte. »Und danach bringen Sie uns bitte einen gegrillten Hammour. Aber entgrätet, wenn Sie so nett wären.«
»Ja, Sir.«
Bond bestellte eine Flasche guten Premier Cru Chablis, die sogleich gebracht wurde. Sie tranken schweigend aus den gekühlten Gläsern, bis man den ersten Gang servierte: Köfte, Oliven, Hummus, Käse, Auberginen, Nüsse und das beste Fladenbrot, das Bond je gegessen hatte. Beide Männer ließen es sich schmecken. Nachdem der Kellner die Reste abgeräumt hatte, brachte er den Hauptgang. Der schlichte weiße Fisch lag dampfend auf einem Bett aus grünen Linsen. Er war sehr gut, zart und doch von einer gewissen Festigkeit. Bond hatte erst einige Bissen gegessen, als sein Telefon erneut summte. Die angezeigte Nummer gehörte zu einem britischen Behördenanschluss. Bond vermutete, dass Philly vielleicht aus einem anderen Büro anrief, und nahm das Gespräch an.
Er bereute es im selben Moment.
31
»James! James! James! Raten Sie mal, wer hier ist. Percy. Ich habe lange nichts von Ihnen gehört.«
Bonds Laune sank in den Keller.
Leiter runzelte die Stirn, als er Bonds finstere Miene sah.
»Percy … ja.«
»Geht es Ihnen gut?«, fragte Osborne-Smith. »Nichts, das mehr als ein Pflaster erfordert, hoffe ich.«
»Alles bestens.«
»Das freut mich zu hören. Also, bei uns hier geht es zügig voran. Ihr Chef hat alle über den Gehenna-Plan in Kenntnis gesetzt. Sie waren wahrscheinlich zu sehr damit beschäftigt, aus dem Zuständigkeitsbereich zu fliehen, um sich zu melden.« Er ließ das einen Moment einsinken. »Haha«, rief er dann. »Ich will Sie bloß aufziehen, James. Die Sache ist die … Ich rufe aus mehreren Gründen an, und der erste ist, dass ich mich entschuldigen möchte.«
»Ach, wirklich?«, fragte Bond misstrauisch.
Die Stimme des Division-Three-Mannes wurde ernst. »Ich gebe zu, heute Morgen in London hatte ich ein Zugriffteam am Flughafen, um Hydt
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