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Caruso singt nicht mehr

Titel: Caruso singt nicht mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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genannt!«
    Schließlich hatte sie gehört, wie sich seine Schritte entfernten. Hatte sicherheitshalber noch eine Weile gewartet. Und war dann aus dem Fenster geklettert. Auf der Suche nach Alexander. Sie hatte ihn gleich gefunden.
    »Ich wußte doch, wo er war.«
    Anne guckte ungläubig.
    »Aber klar doch. Es war doch klar, wo er war!« Renas Stimme klang verschnupft und ungeduldig.
    »Mutter! Er war bei den Pferden!«
    »Woher wußtest du das?« Anne war entsetzt – und auf dem Gesicht ihrer Tochter sah sie, daß ihre Frage zu schnell und zu scharf gekommen war. Rena fühlte sich angegriffen, sie spürte den Vorwurf, der ihr da entgegenkam, und ging zur Vorwärtsverteidigung über.
    »Du hast nicht hinter Leo gestanden!« spuckte sie ihrer Mutter entgegen.
    »Damit hat Alexander dich zu erpressen versucht!« fauchte Anne zurück.
    »Egal! Du hast nicht hinter deinem Mann gestanden!«
    »Leo hat mich hintergangen.« Anne versuchte ruhig zu sein.
    »Aber du hast ihn doch geliebt, oder?« fragte Rena herausfordernd.
    »Ja«, sagte Anne knapp. Als ob das auch nur irgend etwas entschuldigte. Am liebsten hätte sie ihre störrische Tochter bei den Schultern gepackt und ihr die romantischen Flausen aus dem Kopf geschüttelt. Liebe! Soll man aus Liebe einen Verbrecher decken? Hatte sie aus Liebe womöglich sogar mitgemacht beim Pferdeabschlachten? Anne durchfuhr es kalt.
    »Rena«, sagte sie beschwörend. »Liebe rechtfertigt nicht alles. Und wer einen anderen mit seinen Gefühlen erpreßt, der liebt nicht wirklich!« Drang sie überhaupt durch zu ihrer Tochter?
    Anne atmete tief ein. »Seit wann hast du’s gewußt?«
    »Er hat die alte Hella umgebracht«, flüsterte Rena verloren. »Das Pferd hat doch niemandem etwas zuleide getan …«
    Anne nahm sie in den Arm. Diesmal ließ sie es ohne Widerstand geschehen. Nein, mitgetan hatte ihre Tochter nicht. Dessen war sie sich plötzlich sicher. Aber sie hatte den Täter gedeckt. Bis zuletzt. Aus Liebe.
12
    »Ach du liebes bißchen«, sagte Marianne, als sie den toten Fritz sah. Und Marie. Und Paul – beide auf den Knien, einander umklammernd, heftig schluchzend. »Auch das noch.« Sie legte der älteren Nachbarin die Hand tröstend auf die Schulter. »Das wäre alles nicht passiert«, schluchzte Marie, »wenn Gottfried nicht …«
    »Männer«, sagte Marianne tadelnd, »ich weiß.« Sie winkte Erwin herbei, der ratlos vor seinem Zaun stand und nicht wußte, ob er helfen oder sich besser raushalten sollte. Marianne dirigierte ihn resolut hinter die Tierleiche, und gemeinsam hoben sie den Hund hoch und trugen ihn über die Straße und den Friedhofsweg hoch zu Gottfrieds Haus. »In die Garage«, rief Marie ihnen hinterher, der Paul auf die Beine geholfen hatte und die sich jetzt den Straßenstaub aus dem Rock klopfte. »Ach, Paul«, seufzte sie traurig, der ihre kühle, abgearbeitete Hand drückte. Dann schlossen sich beide dem Trauerzug an. In der Garage wickelte Marie den Alten Fritz liebevoll in die Hundedecke.
    »Auch das noch«, sagte Marianne und wischte sich mit dem Handrücken eine Haarsträhne aus der Stirn.
    »Ist Gottfried noch immer nicht zurück?« fragte Paul besorgt. Marie und Marianne tauschten einen verschwörerischen Blick. Mißtrauisch blickte Paul von der einen Frau zur anderen. Was hatten die beiden für Geheimnisse? Weiber! hätte er am liebsten gesagt.
    »Gibt es irgend etwas, was ich vielleicht wissen sollte?« fragte er leicht gekränkt.
    Marie seufzte und ging zum Haus.
    »Laß sie«, sagte Marianne und legte ihm eine Hand auf den Arm. »Sie redet nicht gern darüber.«
    »Komm, Marianne, nun klär mich endlich auf«, forderte Paul, der langsam die Geduld verlor.
    Marianne zuckte mit den Schultern. »Du weißt doch – Gottfried war auch nicht immer treu.«
    »Das sind doch olle Kamellen.« Fast hätte Paul aufgelacht. »Oder willst du mir erzählen, daß der gute Gottfried sogar auf seine alten Tage …«
    Marianne sah ihn von der Seite an und sagte dann: »Setz dich erstmal.« Wenn’s denn der Wahrheitsfindung dient, dachte Paul und hockte sich auf Gottfrieds Feierabendbank. Erstaunt stellte er fest, daß Gottfried tatsächlich einen nahezu perfekten Einblick auf sein Grundstück hatte – ihm konnte wirklich nichts entgehen. Zum Beispiel, daß sich soeben der kleine Grautiger auf der Motorhaube von Pauls Auto niedergelassen hatte, die noch warm sein mußte von der langen Fahrt. Und daß der Briefkasten überquoll mit den Zeitungen und der Post der

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