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Caruso singt nicht mehr

Titel: Caruso singt nicht mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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zitterte. Sie wollte darüber nicht reden, verdammt noch mal.
    »Ich habe meinen Preis gezahlt. Das kannst du mir glauben.«
    Anne stellte das Bier auf den Tisch und setzte sich. Keiner von beiden aß. Es gab irgendwie nichts, was ihm Appetit machen könnte, dachte Paul »So, und jetzt Schluß damit.« Anne hielt das betretene Schweigen nicht mehr aus und stand auf.
    »Kommst du mit?«
    Was bleibt mir anderes übrig? dachte Paul, als sie sich Jacke und Gummistiefel anzog. Ich weiß doch schließlich selbst, wann nichts mehr geht. Erfahrungen mit gescheiterter Kommunikation hatte er genug. Annes Abwehr machte ihn müde.
    Er versuchte, beim Gang über den Hof, ihr von sich zu erzählen. Als vertrauensbildende Maßnahme, sozusagen. Er hatte nicht das Gefühl, daß es sie wirklich interessierte.
    Glucksend lief ihnen vor der großen Reithalle eine Schar von aufgeregten Truthähnen entgegen – kollernd, dachte Paul, das war tatsächlich das einzige Wort, das das Geräusch beschrieb, das diese seltsamen Tiere von sich gaben. Er merkte, wie Anne neben ihm ruhiger wurde. »Ich liebe diesen Hof«, sagte sie leise. Paul war überrascht. Hatte sie nicht eben noch auf diese gottverlassene Gegend geflucht?
    »Manchmal hilft nur Arbeit«, sagte sie und streichelte einen schönen weißen Ziegenbock, der in einem Freigehege rechter Hand stand und mit seinen seltsamen Augen melancholisch über das Gatter blickte. »Still, Dagobert«, sagte sie zu dem schwarzen Kettenhund, der bei ihrem Anblick leise zu heulen begann und dabei Paul mißtrauisch beäugte. Paul tat das Tier leid.
    Sammy, der rote Setter, der seine Rolle als verwöhntes Schmusetier sichtlich genoß, wedelte aufreizend mit dem schönen Schweif und drehte sich kokett im Kreise, als ob er dem anderen vorführen wollte, wie das wirkliche Leben aussieht. »Der eine tut die Arbeit, und der andere amüsiert sich«, sagte Paul zu Anne. »Findest du das etwa in Ordnung?«
    »So ist das Leben«, antwortete sie und zuckte mit den Schultern. »Kennst du das anders?« Sie sah ihn mit freundlichem Spott an und legte ihm die Hand auf den Arm. »Komm, Paul, sei nicht eingeschnappt. Gespräche übers Wetter sind erlaubt.«
    Aus den Stallungen vor der großen Reithalle wehte ihnen der warme Duft von Heu, Hafer, Pferdeäpfeln und atmenden Tierleibern entgegen. Anne nahm drei Äpfel aus einem Eimer, der vor der Stalltür stand und steckte sie sich in die Jackentasche. Drinnen mahlten die Pferdegebisse, Schweife schlugen nach Fliegen, zufriedene Tier grunzten. Anne tätschelte einen schönen grauen Apfelschimmel und hielt ihm einen Apfel vor das Maul.
    »Ich hab das nie verstehen können, warum es ein Zeichen für bitteres Elend gewesen sein soll, daß das arme Jesulein in einem Stall in einer Krippe liegen mußte«, meinte sie, die Hand auf der weichen Nase des Pferdes. »Für mich waren Ställe immer Orte unendlichen Friedens.«
    »Die meisten unserer Vorfahren haben unter einem Dach mit ihren Tieren gewohnt«, sagte Paul. »Selbst in meinem Haus muß es noch bis in die Nachkriegszeit hinein immer Schweine und wenigstens ein Rind gegeben haben.« Unvorstellbar. Der Platz reichte kaum für ihn allein.
    »Hast du keine Angst vor dem Pferdeschlitzer?« fragte er Anne, als sie hinunter zu den Pferdekoppeln gingen. Er konnte ihren Besitzerstolz verstehen. Sie hatte viel Platz, für den sie viel Geld bezahlt haben mußte. Üppige Wiesen schwangen sich in eine Talsenke hinunter, in der Bäume und Hecken für Schatten sorgten. Drei Shetlandponies grasten friedlich vor sich hin; unten in der Senke stand eine ganze Pferdeherde: »Oldenburger überwiegend«, erklärte Anne. Zwei Tiere lösten sich aus der Gruppe und trabten auf Paul und Anne zu. »Das ist Killroy, ein Palomino. Und rechts davon mein Lieblingspferd.« Anne hielt dem Hengst den letzten der drei Äpfel entgegen. »Ein Araber. Bucephalus«.
    Paul lachte. Anne sah ihn nachsichtig an.
    »So hieß der Lieblingsgaul von Alexander dem Großen, ich weiß. Ich finde den Namen völlig passend.«
    »Und selbst um diesen schönen Kerl hast du keine Angst?« fragte Paul, dem nicht entging, mit welcher Zuneigung sie sanft in die Nüstern des großen Pferdes blies.
    »Angst kann ich mir nicht leisten«, antwortete Anne spröde.
    Patsch, dachte Paul. Schon wieder eins auf die Finger. Ob das irgendwann mal Hornhaut gibt?
    Anne hatte gemerkt, daß er zusammengezuckt war und lenkte ein. »Natürlich habe ich Angst. Nichts ist einfacher, als einen Gaul

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