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Carvalho und das Mädchen, das Emmanuelle sein sollte

Carvalho und das Mädchen, das Emmanuelle sein sollte

Titel: Carvalho und das Mädchen, das Emmanuelle sein sollte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuel Vázquez Montalbán
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aber mittlerweile war sie kaum noch fähig, ihre Paradoxe vorzuzeigen. Irgendwas war mit dem Mädchen geschehen, innerlich wie äußerlich.«
    Â»Hat sie nie etwas über den Mann gesagt, der unten auf sie wartete?«
    Â»Doch, hin und wieder.«
    Â»Wie hieß er?«
    Â»Quino, wahrscheinlich ein Teil eines Namens, aber ich weiß nicht, von welchem.«
    Biscuter kehrte mit der Information zurück, ärgerte sich, dass er Gualterio nicht gefragt hatte, warum Helga sein Leben zerstört hatte, und stieß auf Carvalho, als der Detektiv gerade das Büro verließ. Was Carvalho an seinem Bericht am meisten interessierte, war das Auftauchen von Quino, also Rocco, und das drei Jahre nachdem Helga in Barcelona gelandet war.
    Â»Vermutlich der Vater des Kindes, obwohl Dieste das bereits vorbeugend geleugnet hat. Aber was für ein Zufall, Biscuter. Man beauftragt mich, die Frau zu suchen, und fast im selben Moment taucht ihre Leiche auf. Vielleicht wusste die Person, die Dorotea gebeten hat, sie zu suchen, zu dem Zeitpunkt ja bereits, dass sie tot war oder dass sie sterben würde. Warum ist diese Frau so wichtig, so wichtig, dass eine Pennerin sterben muss?«
    Er teilte Biscuter mit, dass er auf dem Weg zu Dorotea sei, weil die Frau mehr zu wissen schien, als sie preisgab, und sein zum Partner aufgestiegener Assistent stieg die Treppe zum Büro hinauf. Dabei pfiff er die Melodie, die das Gefühl seines Triumphs seiner Meinung nach am besten zum Ausdruck brachte, eine Biscuter’sche Fassung von
Pomp and Circumstance
. Er betrachtete das Büro als seines und Carvalhos Bürostuhl als unerlässlich für die Unterbringung seines kleinen Hinterns. Er kletterte auf den Stuhl und fing an, sich im Kreis zu drehen, als ihm plötzlich, während einer der Drehungen, die Gegenwart eines Mannes ins Auge stach, der ihn finster anstarrte und, was weitaus schlimmer war, auf ihn zielte. Und die Pistole war garantiert nicht aus Schokolade.
    Â»Na, Alter, womit kann ich dienen?«
    Â»Halt’s Maul, Kleiner. Das ist eine Pistole.«
    Biscuter gehorchte und bemühte sich, den Besucher so zuvorkommend wie möglich zu behandeln.
    Â»Setzen Sie sich doch und warten Sie auf meinen Chef. Ich bin in Wirklichkeit nur sein technischer Gehilfe, das heißt, mir obliegt keinerlei kriminalistische Initiative, verstanden, Meister?«
    Aus dem Mund des Pistolenhelden drang ein Grunzen, das einen Moment später artikulierten Worten wich.
    Â»Was habt ihr Helga angetan? Ihr solltet sie doch nur finden, die Stadt und die Müllhalden nach ihr durchwühlen.«
    Er zitterte, vor allem die Hand mit der Pistole. Biscuter fertigte im Geist eine Beschreibung des Mannes an – für den Fall, dass er überleben sollte. Ein rothaariger Kerl mit Säufergesicht. Unzureichende Beschreibung. Leicht pockennarbig und so argentinisch, dass Biscuter allmählich eine Masseninvasion von Argentiniern befürchtete. Auf einmal schien der Eindringling etwas zu hören, das nur er hörte, denn er blickte zur Decke, spitzte konzentriert die Ohren, drehte sich um und marschierte dahin zurück, woher er gekommen war. Biscuter atmete erleichtert auf und stürzte zum Fenster, um zu sehen, wie der rothaarige Typ das Haus verließ. Der Mann zögerte und wählte den denkbar ungünstigsten Zeitpunkt, denn in dem Moment, als er sich anschickte, die Ramblas zu überqueren, fuhr ihm ein Auto fast über die Füße. Der Wagen bremste ab, und eine Sekunde später stießen ihn zwei Typen mit Mütze und Sonnenbrille hinein. Es dauerte eine Weile, bis Biscuter begriff, dass es sich um keinen Streifenwagen handelte, und er versuchte erst gar nicht, sich das Nummernschild zu merken, das von einem Moment zum anderen zu einem unerbittlichen Sehtest für seine Augen geworden war.
    Â»Ich werde blind.«

8 Der Glanz im Gras
    Â»In der Literatur ist die Jugend fast immer ein dem Klischee verwandter Topos, ein Gemeinplatz, wobei dieser Ausdruck nie treffender war, denn bei der Jugend handelt es sich um eine Beziehung zwischen Raum und Zeit. Das Klischee der Hoffnung, der Zukunft, ein Trugbild, das Rubén Darío geholfen hat, eines seiner schlechtesten Gedichte und Wordsworth, eines der besten Gedichte der Weltliteratur zu verfassen:
Intimations of Immorality from the Recollections of Early Childhood
. Für diejenigen unter Ihnen, die kein Englisch verstehen, was vermutlich mit

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