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Carvalho und das Mädchen, das Emmanuelle sein sollte

Carvalho und das Mädchen, das Emmanuelle sein sollte

Titel: Carvalho und das Mädchen, das Emmanuelle sein sollte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuel Vázquez Montalbán
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in Buenos Aires ziemlich protegiert hat, um aus ihr eine Emmanuelle zu machen, die argentinische Emmanuelle. Ich habe sie hier gesehen, auf diesem Sockel da vorne. Vor zehn Jahren? Oder waren es acht?«
    Â»Gut und gerne zehn.«
    Pepita ließ Aquiles noch tiefer in Melancholie versinken.
    Â»Zehn Jahre, kaum zu glauben!«
    Er hob sein Glas und forderte Biscuter auf, mit ihm anzustoßen. Pepita leistete ihm Beistand. Dann nahm Aquiles eine von Pepitas Händen und küsste sie. Er ließ sie nicht gleich wieder los, sondern sah die Frau mit einem herausfordernden Funkeln in den Augen an.
    Â»Geben Sie mir meine Hand zurück. Ich weiß, dass Sie alles essen, was Sie in die Finger kriegen, aber meine Hände sind keine
botifarrons
.«
    Aquiles trällerte:
    Ich muss diese Kaktusfeige essen
    ich muss diese Kaktusfeige essen
    ich muss diese Kaktusfeige essen
    auch wenn es mich die Hand kostet.
    Pepita de Calahorra zog ihre Hand zurück und tat beleidigt.
    Â»Werden Sie nicht unverschämt. Ich weiß genau, was Sie mit ›Kaktusfeige‹ meinen.«
    Â»Ich würde sie mit Stacheln und allem Drum und Dran verschlingen.
Carpe diem!«
    Â»Wie gebildet mein Kannibale doch ist.«
    Â»
Longa est vita si plena est
.«
    Â»
Primum vivere, deinde philosophari
«, mischte sich Biscuter ein und durchtrennte den Schleimfaden, der sich zwischen dem Dicken und dem früheren Chansonstar gebildet hatte.
    Â»Ãœbrigens, Don Aquiles, ich würde liebend gerne mehr über diese Frau erfahren, an die Sie sich erinnert haben, die argentinische Emmanuelle, obwohl wir sie lieber Helga Muchnik nennen sollten, wie sie in Wirklichkeit hieß, oder Helga Singer, wie ihr Künstlername lautete.«
    Â»Lustig, wie viel Sie über meine Landsmännin wissen, mein lieber Plegamans.«
    Â»Nicht genug, aber wenn wir schon einmal dabei sind, möchte ich Sie bitten, mir alles zu erzählen, was Sie über die besagte Person wissen.«
    Aquiles zuckte mit den Achseln. Viel mehr könne er ihm nicht sagen, ob denn in letzter Zeit etwas geschehen sei, was Helga betreffe?
    Â»Möglicherweise«, antwortete Biscuter geheimnisvoll, während er Pepita davor warnte, dem Mann zur Seite zu stehen. Aquiles würde sich schon eine Bresche durch das Dickicht seiner Erinnerungen schlagen.
    Â»Jetzt erinnere ich mich. Emmanuelle oder wie ihr Name lautet, ich habe sie immer nur Emmanuelle genannt, war mit so einem bärtigen Kerl zusammen, einem von diesen argentinischen Professoren mit Bart und langen Haaren. Er hatte seine Mähne zu einem Pferdeschwanz gebunden. Was für ein Schauspiel. Mir ist das scheißegal, wenn Männer einen Zopf tragen, verzeihen Sie den Ausdruck, Señora Pepita. Jedenfalls hieß dieser Professor Roque oder so ähnlich.«
    Â»Rocco«, korrigierte Biscuter und versetzte den Dicken erneut in Staunen. Aquiles bestellte eine weitere Runde Ron Collins bei Pepita de Calahorra, der Eigentümerin, Kellnerin und Putzfrau des La Dolce Vita, doch diesmal kam ihr Biscuter nicht zu Hilfe, und Pepita spielte die Rolle der Ohnmächtigen, die kurz davor war, zu Boden zu sinken. Aquiles zog fünf Zehntausend-Peseten-Scheine aus der Tasche und wedelte damit herum, laut zweifelnd, ob das reichen würde. Die Calahorra riss ihm zwei Scheine aus der Hand und zeigte sich großzügig.
    Â»Der Rest geht aufs Haus.«
    Der Dicke weigerte sich, das Angebot anzunehmen, und ließ einen weiteren Schein auf den rissigen Marmortresen fallen, doch noch bevor das Geld gelandet war, schnappte Pepita es im Flug. Aquiles hielt ihnen seine Visitenkarte hin.
    Â»Ich bin neugierig, mehr über das Schicksal von Helga und diesem Kerl mit dem Pferdeschwanz zu erfahren. Falls Sie etwas hören, können Sie mich jederzeit im Hotel Juan Carlos erreichen.«
    Er küsste der Gastgeberin ein paarmal die Hand, zog Biscuter an seine Brust und schüttelte ihn überschwänglich, warf einen letzten melancholischen Blick auf das La Dolce Vita, wischte sich die Tränen ab, die ihm in die Augen gestiegen waren, und verließ das Lokal. Auch Pepita de Calahorra war traurig. Sie nahm Biscuters kleinen Kopf zwischen die Hände und presste ihn gegen ihre Brust, doch dann drückte sie ihn plötzlich wieder von sich weg, während sie ihn weiter festhielt und anstarrte, als wäre es Yoriks Schädel.
    Â»Dass ich dich an meine Brust drücke, ist das eine, dass du das

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