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Carvalho und das Mädchen, das Emmanuelle sein sollte

Carvalho und das Mädchen, das Emmanuelle sein sollte

Titel: Carvalho und das Mädchen, das Emmanuelle sein sollte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuel Vázquez Montalbán
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Cayetano nimmt die Morde auf sich. Wie verbreiten wir die Nachricht?«
    Cayetano räusperte sich, zog ein gefaltetes Blatt Büttenpapier aus der Tasche, faltete es auseinander und verkündete mit zahnlosem Mund:
    Â»Hier steht es schwarz auf weiß, auf Büttenpapier und mit einer Stempelmarke zu drei Peseten.«
    Â»Warum drei?«
    Â»Weil ich einen Satz verblichener, schlecht klebender Stempelmarken zu drei Peseten aus einem Müllcontainer auf der Rambla Cataluña gefischt habe, dem vor dem Haus des Notars.«
    Â»Was der nicht alles hat.«
    Reme und Cayetano gingen gemeinsam bis zum Parkplatz auf der Plaza Garduña. Dort betrat Reme die Boquería, um die Sardinenreste abzuholen, die ihr eine Fischhändlerin für ihre Katzen aufhob. Das Wichtigste sei Organisation, beharrte Reme, Organisation und noch mal Organisation, immer vorausgesetzt, die Organisation entspreche einem Programm, Programm, Programm, denn früher oder später müssten die Obdachlosen eine verfassungsgebende Phase durchlaufen.
    Â»Wegen jedem Popel wird heute eine NGO gegründet. Warum machen wir das nicht?«
    Reme hatte einer Partei angehört, die kommunistischer als die Kommunisten war, und das merkte man ihr an, dachte Cayetano, während er sich dem Ort der Verhaftung näherte, wo er den Wagen mit seinen Habseligkeiten abgestellt hatte, ein Ort, den auch Lifante kannte. Dort warteten sie auf ihn wie Geier, die der Gestank von Aas herbeigelockt hatte. Sie sagten den gleichen Mist zu ihm wie immer, mit demselben Spott wie immer, und waren überrascht, als Cayetano mit ernster Stimme erklärte:
    Â»Weil das hier eine Festnahme ist, obendrein eine wiederholte, verlange ich die Anwesenheit meines Pflichtverteidigers.«
    Â»Wenn es ein Pflichtverteidiger ist, heißt das, dass du keinen Anwalt hast, deshalb ist es nicht korrekt,
mein
Pflichtverteidiger zu sagen.«
    Sie waren bereits auf der Polizeiwache, als Lifante ihn in die sprachliche Genauigkeit einführte, und Cifuentes mal trällerte, mal schrie:
    Â»Auf geht’s, ein Pflichtverteidiger!«
    Der Anwalt, der eine Anwältin war, betrat das Zimmer. Blond, so jung, dass sie mit dem Personalausweis im Mund herumlief, so schüchtern, dass sie ihre Tasche aus Angst, die Polizisten könnten sie ihr stehlen, mit beiden Händen an sich presste, so weiß, dass sie wie ein Opfer des übelsten Sonnenscheins der übelsten Viertel der Stadt wirkte, und mit einer Stimme wie ein Glasglöckchen, kurz und gut, echt spitze, echt spitze, dachte Cayetano, als er die schmerzlindernde Wirkung sah, die die junge Frau auf die Polizisten hatte. Er bat um Erlaubnis, sich mit seiner Pflichtverteidigerin besprechen zu dürfen. Lifante gestattete es ihm.
    Â»Nur zu. Das Ganze ist sowieso klar wie Kloßbrühe.«
    Die junge Frau hatte Respekt und Angst zugleich vor dieser schmutzigen anthropomorphen Lumpengestalt, ohne Zähne und mit Augen, die vor Verschlagenheit und Müdigkeit gerötet waren.
    Â»Señorita, die wollen mir was in die Schuhe schieben, ich soll irgendeine Scheiße schlucken.«
    Â»Hier gibt es weder Schläge noch Scheiße«, erwiderte die Blondine entschlossen, rutschte aber auf dem zweiten Sch aus, als wäre sie es nicht gewohnt, ein solches Wort zu benutzen.
    Â»Wie heißen Sie?«
    Â»Cayetano Álvarez del Pas y Ruiz Urdiales. Und Sie, Señorita, Euer Gnaden?«
    Â»Margarita González.«
    Â»Ich glaube, ich hab Sie schon mal in Nou Barris gesehen.«
    Â»Ich wohne dort mit meinen Eltern.«
    Cayetano fasste sich an die Ellenbogen und zwinkerte ihr zu.
    Â»Ich kenne halb Barcelona, weil ich Leute wie Sie sehe, Sie mich aber nicht sehen oder mich nicht sehen wollen, verstehen Sie, Señorita? Eine Zeitlang hab ich einen auf Sterbenden gemacht, mit einem Hündchen und einem Pappschild, auf dem stand: ›Ich habe Hunger!‹ Hunde erregen Mitleid, mehr als wir. Ein lieber, herzerweichender Hund, einer von denen mit großen, traurigen Augen, ist eine wahre Goldmine. Aber was ich Ihnen eigentlich sagen wollte, Señorita, während man sich taub stellt, kann man gut die Reaktionen der Leute beobachten, sie kennenlernen und eine ganze Menge Gesichter abspeichern. Nou Barris also, was? Ein Mädchen vom Dorf, das sich mit den Ellbogen nach oben gekämpft hat. Das gefällt mir. Ganz mein Spiel, Señorita. Von Dorfjunge zu Dorfmädchen: Erschrecken Sie nicht,

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