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Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition)

Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition)

Titel: Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Condie
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Xanders Ruhe und Stärke.
    Er dreht sich zur Menge um, strafft die Schultern und räuspert sich. Er schafft das, sage ich mir. Er wird sein unwiderstehliches Lächeln einsetzen, und seine Stimme wird über das Publikum hinwegschallen wie die des Steuermannes, der er womöglich eines Tages sein wird, und dann werden alle erkennen, was für ein guter Mensch er ist, und sie werden ihn nicht vernichten wollen – sie werden ihn umringen und ihm nahe sein wollen, um sein Lächeln zu erwidern. So war es immer bei Xander. Die Mädchen bei uns im Ort waren alle in ihn verliebt, Funktionäre forderten ihn für ihre Abteilungen an, Kranke wollten, dass er sie heilte.
    »Ich schwöre«, beginnt Xander, »dass ich nur getan habe, was Oker mir aufgetragen hat. Er wollte, dass ich die Heilmittel vernichte, weil er erkannt hatte, dass seine Lösung die falsche war.«
    Bitte! , flehe ich in Gedanken. Bitte glaubt ihm! Er sagt die Wahrheit!
    Doch ich höre, wie hohl seine Stimme klingt, und als er meinen Blick erwidert, sehe ich, dass sein Lächeln auch nicht mehr wie früher ist. Aber nicht, weil er lügt, sondern nur, weil er keine Kraft mehr hat. Monatelang hat er ohne Pause die Patienten gepflegt. Er musste miterleben, wie seine Freundin Lei erkrankte. Er glaubte an den Steuermann und dann an Oker, und beide verlangten Unmögliches von ihm. Finde ein Heilmittel! , befahl der Steuermann. Vernichte das Heilmittel! , befahl Oker.
    Und auch ich bin schuld. Finde ein neues Heilmittel! , habe ich ihn beschworen. Versuch es noch einmal! Ich wollte das Heilmittel genauso unbedingt wie alle anderen, egal um welchen Preis. Wir alle haben etwas von Xander verlangt, und er hat gegeben und gegeben. In den Canyons habe ich gesehen, wie Ky lebendig wurde. In den Bergen muss ich mit ansehen, wie Xander zerbricht.
    Ein Stein fällt klappernd in den Trog zu Colins Füßen.
    »Wartet!«, verlangt Colin, bückt sich und nimmt ihn wieder heraus. »Lasst ihn erst zu Ende reden.«
    »Ist doch alles egal!«, ruft jemand. »Oker ist tot!«
    Sie haben Oker geliebt, und nun ist er tot. Sie suchen einen Sündenbock. Wenn das Klappern der Steine verstummt ist, könnte Xander Schlimmeres erwarten als die Verbannung. Ich blicke zu den Wachen hinüber, die Xander hergebracht und ihm erlaubt haben, an dem Heilmittel zu arbeiten. Sie vermeiden es, mich anzusehen.
    Plötzlich erkenne ich die Kehrseite der Wahlfreiheit. Es kann passieren, dass wir die falsche Wahl treffen.
    »Halt!«, rufe ich, greife in meinen Ärmel und ziehe eine der Ampullen mit dem Heilmittel heraus, das Xander hergestellt hat. Wenn ich es den Leuten zeige, zusammen mit der Papierblume meiner Mutter, die Oker auf seine Idee gebracht hat, müssen sie doch ein Einsehen haben! Das hätte ich schon vor der Wahl tun sollen. »Bitte«, beginne ich, »hört mir doch mal zu …«
    Ein weiterer Stein klappert in den Trog, und zur gleichen Zeit verdunkelt ein riesiger Schatten die Sonne.
    Ein Luftschiff!
    »Das ist der Steuermann!«, ruft jemand.
    Doch anstatt bergab zur Landewiese zu gleiten, schwebt das Schiff über uns. Die Rotorblätter halten es auf einer Höhe. Eli zuckt zusammen, und einige in der Menge ducken sich unwillkürlich, weil sie die Bombardierungen in den Äußeren Provinzen miterlebt haben. Ein Zuschauer im Hintergrund stöhnt laut auf.
    Das Schiff senkt den Bug und richtet sich dann wieder auf. Das Zeichen ist deutlich, sogar für mich. Wir sollen aus dem Weg gehen, damit es auf dem Dorfplatz landen kann.
    »Er hat versprochen, das niemals zu tun«, sagt Colin mit kreidebleicher Miene. »Er hat gesagt, er würde niemals versuchen, hier zu landen. Er hat es versprochen!«
    »Ist der Platz groß genug?«, frage ich.
    »Ich weiß es nicht«, sagt Colin.
    Dann laufen alle weg. Xander und ich schauen uns an, und dann nimmt er mich an der Hand. Wir rennen los, weg vom Dorfplatz. Unsere Füße fliegen über das Gras und die Erde, während die Luft über uns durcheinandergewirbelt wird. Der Steuermann versucht zu landen, aber es könnte schiefgehen. Es könnte passieren, dass weder er noch wir die Landung überleben.
    Was könnte den Steuermann dazu bewegen, das zu tun? Es sind doch nur ein paar Schritte von der Wiese hinauf zum Dorf. Warum nimmt er sich nicht die Zeit? Was geschieht zu Hause in den Provinzen?
    Das Luftschiff kippt und schwankt; in den Bergen herrscht immer viel Wind. Die Rotorblätter drehen sich schnell, und Windstöße beuteln uns, so dass wir nichts als ein Heulen und

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