Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition)
dem Felsen gestanden hat, als sie aus den Canyons herauskam. Ich erinnere mich an ihre Haut und den Sand in den Canyons, und an ihr Gesicht, das oben in den Bergen auf mich hinuntergeblickt und mich zurückgebracht hat.
»Ich liebe dich!«, flüstert sie.
»Ich liebe dich«, antworte ich.
Ich würde mich immer wieder in sie verlieben, wieder und wieder und immer wieder.
Irgendwann unterbricht uns der Steuermann, und es wird wieder Zeit, zu fliegen.
Hinauf in den Himmel stürmen wir. Gemeinsam. Als die Wolkenfetzen vorüberziehen, stelle ich mir vor, es wären die Gemälde meiner Mutter, die von den Steinen verdunstet sind und immer höher schweben, auf dem Weg zu etwas Neuem.
Kapitel 61
Cassia
Er bringt uns höher und höher. Das Schiff zittert und ächzt, und mein Herz schlägt schnell, aber ich habe keine Angst.
Dort sind die Berge, riesig, blau und grün vor dem Hintergrund des Himmels, und dann verschwinden auch sie allmählich, ringsherum ist nur noch Blau.
In das Blau mischt sich Weiß und Gold, und zarte Wolkenschleier segeln vorbei wie die Pappelsamen, von denen ich Großvater einst einen mitgebracht habe. Vielleicht hat er sich nach seinem Tod auf eine Reise begeben, steigt hinauf in den Himmel, um sich von der Sonne wärmen zu lassen, greift nach diesen kleinen Himmelsfetzen und lässt sie wieder los.
Und wohin geht es dann? , frage ich mich. Könnte es irgendwo sonst so herrlich sein wie hier?
Vielleicht sind die Engel hierhergelangt, als sie aufgeflogen sind, und vielleicht ist auch mein Vater jetzt hier, lässt sich mit den Sonnenstrahlen treiben. Vielleicht wäre es grausam, ihn wieder hinunterzuzwingen und festzuhalten. Oder fühlt man sich einsam, wenn man so leicht ist?
Ich blicke hinüber zu Ky. Er scheint so im Reinen mit sich zu sein wie nie zuvor.
»Ky«, sage ich. »Du bist der Steuermann.«
Er lächelt.
»Doch, du bist es«, sage ich. »Sieh dir mal an, wie du fliegst. Wie Indie!«
Sein Lächeln wird traurig.
»Bestimmt denkst du beim Fliegen an sie«, vermute ich, und ein kleiner, schmerzlicher Stich durchfährt mich, obwohl ich ihn verstehen kann. Auch für mich gibt es Orte und Situationen, die mich für immer an Xander erinnern werden. Wann immer ich ein blaues Schwimmbecken, eine frisch erblühte Neorose oder die Wurzeln einer Pflanze sehen werde, werde ich an ihn denken.
»Ja«, antwortet Ky. »Aber an dich denke ich immerzu.«
Ich lehne mich zu ihm hinüber und lege ihm eine Hand an die Wange, weil ich ihn nicht zu sehr ablenken will.
Dieser Flug mit dem Mann, den ich liebe, ist herrlich, phantastisch. Doch dort unten sind noch so viele Menschen gefangen!
Wir sinken tiefer durch die Wolken, und die Berge erwarten uns. Das Abendlicht auf ihren Felshängen färbt den Schnee rosa und graues Gestein golden. Dunkle Bäume und Bäche, amorph zuerst, im Näherkommen dann glitzernd und klar umrissen, klammern sich an die Flanken des Berges, Steinschläge schneiden in grüne Hänge an seinem Fuß ein.
Hand in Hand wandern wir den Weg zum Dorf hinauf, wo wir Anna und Eli aufsuchen und mit ihnen reden wollen. Ich hoffe, dass sie mit uns kommen. Aber vielleicht wollen sie lieber nach Anderland gehen oder in den Bergen bleiben, oder nach Hunter suchen oder zurück in die Canyons gehen. Ihnen stehen jetzt viele Möglichkeiten offen.
Ky bleibt auf dem Weg stehen. »Hör mal«, sagt er. »Musik!«
Erst nehme ich nur das Murmeln des Windes in den hohen Tannen wahr. Doch dann höre ich es auch: Im Dorf wird gesungen!
Wir beschleunigen unsere Schritte. Als wir das Dorf erreichen, deutet Ky auf eine Gestalt und sagt: »Xander!« Er hat recht. Xander ist direkt vor uns – ich sehe sein blondes Haar, sein Profil. Er muss mit einem der anderen Schiffe geflogen sein.
Er will versuchen, nach Anderland zu gelangen.
Xander muss wissen, dass wir hier irgendwo sind, aber er sucht nicht nach uns. Im Moment geht er ganz in der Musik auf.
Die Dorfbewohner singen nicht nur, sondern tanzen auch um den Stein herum – ein Abschiedsfest. Feuer flackern dazu, und auf mit Saiten bespannten Holzgegenständen machen sie Musik.
Einer der Offiziere will sie dabei unterbrechen, aber Ky legt ihm die Hand auf den Arm. »Sie haben uns gerettet«, erinnert er ihn. »Lassen Sie ihnen noch ein wenig Zeit.«
Der Offizier nickt.
Ky dreht sich zu mir. Ich fahre mit den Fingern über seine Lippen. Er ist so lebendig. »Was nun?«
»Komm, tanz mit mir«, fordert er mich auf. »Ich habe dir doch
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