Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition)
ziemlich schnell«, gebe ich zu bedenken. »Wir müssen die Bilder also alle paar Tage neu ausdrucken und sie auch regelmäßig wechseln, damit sich die Patienten nicht an immer demselben Bild sattsehen.« Ich trete zurück, um unser Werk zu begutachten. »Noch besser wäre es, wenn wir andere Bilder hätten. Sonst glauben die Patienten noch, sie wären wieder in der Gesellschaft.«
»Wir könnten doch welche malen«, schlägt eine andere Krankenschwester begeistert vor. »Ich habe das Malen wie in der Grundschule immer vermisst.«
»Aber wie soll das gehen?«, frage ich. »Wir haben keine Farben.«
»Ich lasse mir etwas einfallen«, verspricht sie. »Haben Sie denn nie Lust gehabt, es noch einmal zu versuchen?«
»Nein«, antworte ich und überrasche sie offenbar damit. Ich lächle, damit es nicht so schroff klingt. Wenn ich einen Hang zu so etwas hätte, hätten sich Lei und Cassia dann eher in mich verliebt?
»Der Chef streicht Ihnen die nächste Schicht, wenn Sie sich jetzt nicht endlich mal hinlegen«, mahnt mich die Krankenschwester.
»Ich weiß, er hat mich eben schon daran erinnert.«
Aber vorher muss ich noch einmal mit Lei reden. »Es tut mir leid«, wiederhole ich noch einmal, und es klingt genauso unzureichend wie beim ersten Mal. »Bestimmt ist die Entwicklung des Heilmittels bald abgeschlossen.« Dann zeige ich auf das Bild, das über ihr hängt. »Schau mal, ist das da oben in der Ecke nicht ein Lichtfleck?« Ich hätte ihn nicht bemerkt, wenn sie mich nicht darauf aufmerksam gemacht hätte, aber seither kann ich ihn nicht mehr übersehen.
Auf dem Weg in meinen Schlafraum öffnet sich die Hoftür, und eine junge Frau in schwarzer Uniform tritt ein und versperrt mir den Weg. Ich bleibe abrupt stehen. Ich habe sie schon einmal gesehen, aber mein müder Verstand weiß nicht mehr, wo. Doch ich weiß, dass sie nicht auf unsere Isolationsstation gehört. Der Chef hat mir nichts von einem Neuzugang gesagt, und selbst wenn sie bei uns anfangen wollte, hätte sie durch den Haupteingang kommen müssen.
»Ah, da bist du ja«, sagt die junge Frau. »Ich habe dich schon gesucht.«
»Wie bist du hier reingekommen?«
»Geflogen«, antwortet sie. Dann lächelt sie, und ich weiß wieder, wer sie ist: Indie, das Mädchen, das mit Ky zusammen das Heilmittel geliefert hat. »Möglicherweise habe ich auch ein paar Schlüsselcodes für die Türen«, fügt sie hinzu.
»Komm lieber nicht rein«, mahne ich. »Wir sind voll belegt mit Kranken.«
»Ich weiß«, erwidert sie. »Aber du bist nicht krank, oder?«
»Nein«, bestätige ich, »ich bin nicht krank.«
»Du musst mit mir kommen«, sagt sie. »Jetzt sofort.«
»Das geht nicht«, erwidere ich. Was soll das? »Ich bin Arzt hier.« Ich kann doch die Kranken nicht allein lassen, vor allem Lei nicht. Ich greife nach meinem Miniterminal.
»Aber ich bin hier, um dich zu Cassia zu bringen«, sagt Indie, und ich lasse meine Hand wieder sinken. Spricht sie die Wahrheit? Ist Cassia wirklich so nah? Angst überfällt mich, und ich frage: »Ist sie hier im medizinischen Zentrum? Ist sie krank?«
»Nein, nein«, antwortet Indie. »Es geht ihr gut. Sie ist in meinem Luftschiff, gleich vor der Tür.«
So viele Monate lang habe ich mich danach gesehnt, Cassia wiederzusehen, aber ich kann nicht. Ich muss mich um die vielen Versunkenen kümmern, um die kranke Lei. »Tut mir leid«, sage ich zu Indie. »Ich muss die Kranken hier versorgen. Und du bist jetzt in Kontakt mit dem mutierten Virus gekommen. Du solltest nicht gehen, sondern hier in Quarantäne bleiben.«
Sie seufzt. »Er hat schon prophezeit, dass es nicht leicht sein würde, dich zum Mitkommen zu bewegen. Ich soll dir ausrichten, dass er glaubt, du könntest ihm bei der Entwicklung eines Heilmittels behilflich sein.«
»Vom wem redest du?«
»Vom Steuermann natürlich«, antwortet sie so selbstverständlich, dass ich ihr glaube.
Der Steuermann wünscht, dass ich ihm bei der Entwicklung eines Heilmittels helfe?
»Er weiß, wie gut du dich mit der Seuche auskennst«, fährt Indie fort. »Er braucht dich.«
Ich drehe mich um und blicke den Flur hinunter.
»Sofort«, sagt Indie. »Er braucht dich sofort. Du hast keine Zeit, dich zu verabschieden.« Ihre Stimme klingt ehrlich und fest. »Und woher weißt du, ob dich irgendeiner hören würde?«
»Ich weiß es nicht.«
»Vertraust du dem Steuermann?«
»Ja.«
»Bist du ihm denn je begegnet?«
»Nein«, erwidere ich. »Aber du, oder?«
»Ja«, sagt Indie,
Weitere Kostenlose Bücher