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Cassia & Ky – Die Flucht

Cassia & Ky – Die Flucht

Titel: Cassia & Ky – Die Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Condie
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zum Eingang der Felsspalte zurück und finde einen Stein. Ich bringe ihn Hunter und sage: »Versuch’s mit dem, das geht schneller.«
    Hunter sagt nichts, nimmt aber den Stein und hält ihn über den Kopf. Dann schleudert er ihn auf eine Reihe Reagenzgläser. Während ich in die Felsspalte schlüpfe, höre ich sie zersplittern.
    Als ich draußen bin, lausche ich auf das Dröhnen von Flugschiffen über uns.
    Nichts.
    Bis jetzt.
     
    Sie haben auf mich gewartet. »Ihr hättet vorausgehen sollen!«, tadele ich Cassia, aber mehr kann ich nicht mehr vorbringen – schon sind wir alle angeseilt und klettern los. Hoch. Hinüber. Für kurze Zeit auf diesem nackten Hochplateau. Ich frage mich, wie ich Cassia besser schützen kann. Indem ich vor ihr oder hinter ihr renne? Doch dann laufen wir einfach Seite an Seite.
     
    »Werden sie uns finden?«, keucht Eli, als wir die andere Schlucht erreichen.
    »Wir laufen über Geröll, wann immer wir können«, beruhige ich ihn.
    »Aber manchmal gibt es nur Sand!«, erwidert Eli voller Panik, dass man unseren Spuren folgen könnte.
    »Alles wird gut«, verspreche ich ihm. »Zwischendurch regnet es immer wieder.«
    Wir alle blicken auf. Der Himmel über uns zeigt ein zartes, frühwinterliches Blau. Graue Wolken türmen sich in der Ferne, aber sie sind meilenweit entfernt.
    Cassia hat nicht vergessen, was Indie in der Höhle gesagt hat. Sie gesellt sich zu mir und legt mir die Hand auf den Arm. »Was hat Indie eben gemeint?«, fragt sie außer Atem. »Mit ›Xanders Geheimnis‹?«
    »Ich habe keine Ahnung, wovon sie geredet hat«, lüge ich.
    Ich blicke mich nicht nach Indie um. Ich höre die Schritte ihrer Stiefel auf den Steinen hinter uns, aber sie widerspricht mir nicht, und ich weiß, warum.
    Indie will unbedingt die Erhebung finden, und aus irgendeinem Grund glaubt sie, dass ich am besten weiß, wie man zu ihr gelangt. Sie ist fest entschlossen, ihr Schicksal mit meinem zu verknüpfen, obwohl sie mich nicht besser leiden kann als ich sie.
    Ich greife nach Cassias Hand und lausche auf das Wummern der Gesellschaftsschiffe über uns, aber sie kommen noch immer nicht.
    Der Regen auch nicht.

    Als Xander und ich an jenem Tag vor langer Zeit die roten Tabletten genommen haben, haben wir bis drei gezählt und sie zugleich hinuntergeschluckt. Ich habe sein Gesicht beobachtet. Ich konnte es kaum erwarten, dass er alles vergaß.
    Doch schon bald erkannte ich, dass sie nicht wirkte und auch er immun war. Bis dahin hatte ich geglaubt, ich sei der Einzige.
    »Du hättest eigentlich alles vergessen müssen«, sagte ich zu Xander.
    »Habe ich aber nicht«, erwiderte er.
    Cassia hat mir erzählt, was an jenem Tag in der Siedlung geschehen ist, als ich abgeholt wurde, und wie sie erfahren hat, dass Xander gegen die roten Tabletten immun ist. Aber sein anderes Geheimnis kennt sie nicht.
Und ich behalte es für mich, weil es das Richtige ist
, sage ich mir.
Weil es sein Privileg ist, es ihr zu erzählen, nicht meines.
    Ich versuche, die anderen Gründe zu verdrängen, aus denen ich Cassia Xanders Geheimnis nicht erzähle.
    Wenn sie es wüsste, würde sie vielleicht ihre Meinung über ihn ändern. Und über mich.

Kapitel 34 CASSIA

    Indie trägt ihren Rucksack noch sorgsamer als zuvor, und ich frage mich, ob ihrem Wespennest etwas geschehen ist, als wir durch den Felsspalt gekrochen sind. Sie hat ihren Rucksack mitgenommen, und obwohl sie dünn ist, kann ich mir nicht vorstellen, wie sie das zarte Gebilde auf diesem engen Raum hätte schützen können. Bestimmt ist es zerdrückt worden.
    Irgendetwas an der Geschichte über Indies Mutter und das Boot kommt mir merkwürdig vor, unstimmig, wie ein Echo, das von einer Schluchtwand widerhallt und dabei einen Teil der ursprünglichen Wörter zurücklässt. Wie gut kenne ich Indie eigentlich? Doch dann richtet sie wieder ihren Rucksack, und plötzlich stelle ich mir das hauchfeine, papierene Nest vor und erinnere mich an ein zu Flocken zerfallenes Bild und trockene, leichte Rosenblütenblätter. Ich kenne Indie seit den Arbeitslagern, und sie hat mich noch nie verraten.
    Ky dreht sich um und mahnt uns zur Eile. Indie sieht ihn an, und ich beobachte, wie ein fast hungriger Ausdruck über ihr Gesicht huscht.
     
    In dieser Gegend riecht man den Regen, bevor man ihn sieht oder spürt. Kys Lieblingsduft der Äußeren Provinzen ist Salbei, meiner dagegen der Geruch des Regens, uralt und neu, wie Felsen und Himmel, Fluss und Wüste. Die Wolken, die wir vorhin

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