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Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser

Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser

Titel: Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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Stricken«, murmelte er vor sich hin. »Müssen uns für unser Mädchen Heaven fertigmachen, sie kommt heut…«
    Es war unglaublich heiß hier oben.
    Nirgends eine schöne Landschaft zu sehen, keine Hunde, Katzen, Schweine oder Hühner, die Großvater Gesellschaft leisten konnten. Nichts als ein paar heruntergekommene Möbelstücke. Er war so einsam, daß er seiner Phantasie freien Lauf ließ und sich seine Annie in dem leeren Schaukelstuhl vorstellte.
    Während ich in der offenen Tür stand und die Hauswirtin davonstampfte, überkam mich auf einmal großes Mitleid.
    »Großvater… Ich bin’s, Heaven Leigh.«
    Seine verwaschenen blauen Augen sahen mich groß an, weniger interessiert als überrascht, eine andere Stimme zu hören, ein anderes Gesicht zu sehen. Hatte er eine so klägliche Bewußtseinsstufe erreicht, auf der nichts mehr von Bedeutung war?
    »Großvater«, flüsterte ich. Tränen stiegen mir in die Augen, und es schmerzte mich, ihn so zu sehen. »Ich bin’s, dein Heaven-Mädchen. So nanntest du mich doch immer. Erinnerst du dich? Habe ich mich so verändert?«
    Allmählich erkannte er mich. Großvater strengte sich an zu lächeln, um zu zeigen, daß er sich freute. Seine blauen Augen wurden groß und leuchtend. Ich stürzte mich in seine Arme, die er langsam ausbreitete… gerade rechtzeitig. Während er still vor sich hin weinte, hielt ich ihn in meinen Armen und wischte ihm die Tränen mit meinem Taschentuch fort.
    »Na, na«, versuchte Großvater mich mit belegter Stimme zu trösten und strich mir dabei über die zerzausten Haare. »Wein nicht. Uns geht’s gut, Annie und mir. Haben’s noch nie so gut gehabt, was Annie?«
    O mein Gott!… Er sah zum leeren Schaukelstuhl hinüber und sah Großmutter! Er lehnte sich sogar vor, um ihre imaginäre Hand zu tätscheln. Fast erleichtert bückte er sich dann, breitete alte Zeitungen zu seinen Füßen aus und begann die Rinde eines Holzstücks zu schälen. Ich freute mich zu sehen, wie diese Hände zu arbeiten anfingen.
    »Die Dame hier zahlt Annie und mir fürs Aushelfen beim Kochen und für die Tiere hier«, erzählte Großvater leise flüsternd. »Mag sie zwar nicht weggeben, aber dafür kann ich von Annie schöne Sachen bekommen. Sie hört nicht mehr so gut. Werd’ ihr ‘n Hörapparat kaufen.
    Ich hör’ sehr gut, wirklich. Brauch’ auch noch keine Brille nicht… Bist das wirklich du, Heaven, mein Mädchen, wirklich? Siehst gut aus, wie deine Mutter, als sie gekommen ist. Annie… Woher kam Lukes Engel? In letzter Zeit vergess’ ich alles…«
    »Großmutter sieht gut aus, Großvater«, gelang es mir zu sagen. Ich kniete mich neben ihn und legte meine Wange auf seine alte, knorrige Hand, als er sie kurz stillhielt. »Behandeln sie euch gut hier?«
    »Es geht«, sagte er ausweichend und sah sich verwirrt und verloren im Zimmer um. »Freu’ mich mächtig, daß du so hübsch bist; wie deine Mutter. Da bist du nun, Heaven, die Tochter von Luke und seinem Engel. Macht mein Herz froh, dein Gesicht zu sehen, als wär’ deine Mutter wieder zum Leben auferstanden.«
    Er hielt inne, sah mich betreten an, dann fuhr er fort: »Weiß schon, du liebst deinen Vater nicht, willst nicht einmal über ihn hören. Ist aber doch dein Vater, dagegen kannst du nichts machen. Mein Luke hat sich ‘ne verrückte, gefährliche Arbeit genommen, sagt man. Weiß selbst nicht, was es ist, weiß nur, daß er damit viel Geld verdient. Luke bezahlt Annie und mir den Aufenthalt hier, er läßt uns nicht verhungern.«
    Wie dankbar er war, für nichts! Dieses häßliche, kleine Zimmer! Dann schämte ich mich. Hier ging es ihm viel besser als allein oben auf der Hütte.
    »Großvater, wo ist Vater?«
    Er blickte mich leer an, dann sah er wieder hinunter auf seine Schnitzerei. »Die Toten sind aus ihren Gräbern auferstanden«, brummelte er. »Als wollte der liebe Gott einen Fehler rückgängig machen, und versucht’s noch mal. Gott schütze sie.«
    Ein eigenartiges Gefühl überkam mich, als ich ihn dies sagen hörte. Ich merkte, ihm war nicht bewußt, daß er diese unheimlichen Worte laut ausgesprochen hatte. Dennoch fühlte ich mich verdammt. Es machte alles noch schlimmer, daß er weiter auf so seltsame Art vor sich hin nuschelte, als spräche er zu seiner Annie. »Schau sie dir doch bitte einmal an, Annie, bitte!«
    »Großvater, hör auf vor dich hinzumurmeln! Sag mir, wo Vater ist! Sag mir, wo ich Keith und Unsere-Jane finden kann! Weißt du, Vater… Er muß dir doch

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