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Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser

Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser

Titel: Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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Fanny.
    Wenn sie mit steifen Knochen in ihrer harten Bettstatt auf dem Boden, ohne ein wenig Polsterung zwischen sich und dem Bretterboden aufwachte, war sie immer mißgelaunt. »Ich riech’ kein Brot, keinen Speck… seh’ kein Schmalz in der Pfanne.«
    »Mutter ist weg«, sagte ich leise.
    »Würd’ Mutter nie tun«, sagte Fanny und setzte sich auf. »Sie ist bestimmt draußen aufm Klo.«
    »Mutter hinterläßt keinen Zettel für Vater, wenn sie aufs Klo geht«, überlegte Tom laut. »Und ihre Sachen sind weg – war ja nicht viel.«
    »Aber das Essen, ich seh’ Essen aufm Tisch«, quietschte Fanny, sprang auf und schnappte sich eine Banane. »Wetten, daß Vater zurückgekommen ist und das ganze Zeug gebracht hat… Mutter und er sind wahrscheinlich draußen und streiten.«
    Ich dachte über die Sache nach; vermutlich war Vater in der Nacht in die Hütte geschlichen, hatte das Essen gebracht und war wortlos wieder verschwunden; als Sarah dann das Essen entdeckt hatte, wußte sie, daß Vater sich nicht einmal die Mühe gemacht hatte, sie zu begrüßen, und das war wohl der ausschlaggebende Grund gewesen wegzugehen. Wir hatten jetzt genügend Nahrungsmittel, und Vater würde uns nicht verhungern lassen.
    Eigenartig, wie Keith und Unsere-Jane die Abwesenheit Sarahs als selbstverständlich hinnahmen, so als würden sie ihre Liebe und Zuneigung nicht vermissen. Beide kamen auf mich zugerannt und starrten mir entsetzt ins Gesicht. »Hevlee«, weinte Unsere-Jane, »du gehst doch nicht fort, oder?«
    Wie ängstlich ihre großen blaugrünen Augen blickten. Wie hübsch ihr kleines puppenhaftes Gesicht war, als sie mich ansah. Ich streichelte ihr über die rotblonden Haare. »Nein, Kleines, ich bleibe hier. Keith, komm her, ich möchte dich ganz fest umarmen. Heute werden wir gebratene Äpfel und Würstchen zum Frühstück machen und dazu Brot… Schaut her, Vater hat uns Margarine gebracht. Eines Tages werden wir richtige Butter essen, nicht wahr, Tom?«
    »Das hoff ich doch«, sagte er und nahm die Margarine. »Aber jetzt bin ich erst mal froh, daß wir was zu essen haben. He, glaubst du wirklich, Vater ist wie der Weihnachtsmann mitten in der Nacht gekommen und hat uns das alles gebracht?«
    »Wer sonst?«
    Er stimmte mir zu. So gemein und ekelhaft Vater auch war, er kümmerte sich doch immer, daß wir genug zu essen hatten und nicht froren.
    Unser Leben war jetzt auf das Wesentliche reduziert. Sarah hatte sich davongemacht, Großmutter war tot.
    Großvater tat weiter nichts, als vor sich hinzustarren oder zu schnitzen. Ich ging zu seinem Schaukelstuhl, in dem er die ganze Nacht mit herabgesunkenem Kopf geschlafen hatte und jetzt wie ein Häufchen Elend aussah. Ich nahm seine Hand und half ihm aufstehen. »Tom, sieh zu, daß Großvater aufs Klo geht, während ich Frühstück mache. Wenn er gegessen hat, gib ihm wieder Holz zum Schnitzen; ich halt’s nicht aus, wenn er nur dasitzt und nichts tut.«
    Das wohlschmeckende Frühstück hat uns damals den Tag bestimmt erträglicher gemacht. Wir aßen heiße Würstchen, gebratene Äpfel und Kartoffeln, dazu Brot mit Margarine, die uns so gut wie Butter schmeckte.
    »Wär’ schön, wenn wir ‘ne Kuh hätten«, bemerkte Tom, der sich immer darum sorgte, daß wir alle nicht genügend Milch tranken. »Wenn Vater die doch bloß nicht verspielt hätte.«
    »Skeeter Burl hat ‘ne Kuh, die uns mal gehört hat. Vater hat nicht das Recht, unsere Kuh zu verspielen. Stehl sie doch einfach zurück, Tom«, schlug Fanny vor, die sich mit Stehlen auskannte.
    Ich fühlte mich wie ausgehöhlt, und die Sorgen, die ich in meinem Alter kaum bewältigen konnte, lasteten schwer auf mir; als ich darüber nachdachte, fiel mir ein, daß es ja viele Mädchen in meinem Alter gab, die schon eine eigene Familie zu versorgen hatten. Aber diese Mädchen besaßen nicht den Ehrgeiz, auf ein College zu gehen. Sie gaben sich damit zufrieden, als Frau und Mutter ihr Leben zu fristen und in Hütten zu wohnen. Wenn sie von ihren Männern einmal in der Woche verprügelt wurden, dann nahmen sie es gleichmütig als eine Selbstverständlichkeit hin.
    »Heaven, kommst du nicht?« fragte mich Tom, der sich gerade für die Schule fertig machte.
    Ich sah zu Großvater hinüber und dann zu Unserer-Jane, der es nicht gutging. Sie hatte das Frühstück – das beste seit Wochen – kaum angerührt.
    »Geh du schon vor, Tom, mit Fanny und Keith. Ich kann Unsere-Jane nicht alleine lassen, wenn es ihr so schlecht geht.

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