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Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser

Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser

Titel: Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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wehte der Wind. Als Schloß hatten wir nur ein Brett, das heruntergelassen wurde und die Tür wie ein Riegel sicherte.
    Mit rotgefrorenem Gesicht wandte sich Logan zu mir und entschuldigte sich: »Tut mir leid, daß ich das tun mußte, aber ich glaube Tom einfach nicht mehr, wenn er mir sagt, Unsere-Jane sei krank und Sarah fühle sich nicht wohl. Ich möchte wissen, was wirklich los ist.«
    Er trug eine dunkle Brille – warum eigentlich an einem so trüben, grauen Wintertag, an dem die Sonne kaum schien? Er hatte eine warme Winterjacke an, die ihm bis zu den Hüften reichte, während der arme Tom nur mehrere Pullover übereinander trug, die aber zumindest seinen Oberkörper warm hielten.
    Resigniert machte ich Platz. »Tretet ein, Ritter Logan, bat das bedrängte Ritterfräulein. Ergötzt Euch an dem, was Eure Augen zu sehen bekommen.«
    Er trat näher und sah sich um. Tom war in der Zwischenzeit zum Ofen geeilt und wärmte sich Hände und Füße, noch bevor er anfing, einige seiner Pullover auszuziehen. Fanny, die so nahe wie möglich am Ofen in ihrer Schlafdecke lag, machte keinerlei Anstalten aufzustehen, obwohl sie sich schnell die Haare kämmte und mit ihren langen schwarzen Wimpern klimperte. »Komm, setz dich zu mir, Logan«, sagte sie und lächelte ihn einladend an.
    Beide Jungens ignorierten sie. »Also«, sagte Tom fröhlich, »dies ist unser Heim.«
    »Du brauchst hier drinnen wirklich keine Sonnenbrille, Logan«, meinte ich, während ich Unsere-Jane vom Boden aufhob. Dann setzte ich mich mit ihr in Großmutters Schaukelstuhl. Kaum hatte ich angefangen, sie zu schaukeln, fühlte sich Großvater durch den knarzenden Boden ermuntert, einen weiteren Hasen zu schnitzen. Seine Augen waren für diese Feinarbeiten sehr gut, aber alles, was sich mehr als zwei Meter entfernt befand, konnte er kaum noch erkennen. Wahrscheinlich sah ich für ihn wie Großmutter aus, als sie jung gewesen war und ein Kind auf dem Schoß hielt. Keith kam zu mir gelaufen und wollte auch auf meinen Schoß klettern, obwohl er dafür allmählich schon zu groß und schwer war. Immerhin, so aneinandergeschmiegt wärmten wir drei uns gegenseitig.
    Es war ärgerlich, daß Logan ausgerechnet in dieser peinlichen Lage zu uns gekommen war. Ich beschäftigte mich intensiv mit der Rotznase Unserer-Jane und versuchte, ihre zerzausten Haare in Ordnung zu bringen. Ich sah nicht, was Logan tat, bis er sich neben den Tisch setzte und mich ansah. »Es ist ein langer, kalter Weg den Berg hinauf, Heaven. Du könntest mich wenigstens willkommen heißen«, sagte er mit vorwurfsvoller Stimme. »Wo ist Sarah? Ich meine deine Mutter.«
    »Wir haben kein Klo im Haus«, sagte ich patzig. »Sie ist draußen.«
    »Ach…« Seine Stimme klang schwach. Meine Unverblümtheit hatte ihn verlegen gemacht. »Wo ist dein Vater?«
    »Arbeitet irgendwo.«
    »Ich hätte wirklich gern deine Großmutter noch kennengelernt. Es tut mir leid.«
    Mir tat es auch leid – und auch Großvater, der jetzt das Schnitzmesser weglegte und aufsah; Trauer verdüsterte sein Gesicht und verdrängte die Heiterkeit, die er eben noch in Erinnerung an vergangene Bilder gefunden hatte.
    »Tom, ich hab’ alle Hände voll zu tun. Könntest du bitte heißes Wasser aufsetzen, um etwas Tee oder Kakao für Logan zu machen?«
    Tom sah mich verdutzt an; er wußte, daß wir weder Tee noch Kakao besaßen.
    Trotzdem wühlte er im Küchenschrank herum, bis er etwas Sassafras gefunden hatte, der noch von Großmutter stammte. Er sah Logan lange besorgt an, ehe er den Kessel aufsetzte.
    »Nein danke. Ich kann nur kurz bleiben, und der Weg zurück nach Winnerrow ist lang. Ich möchte nämlich vor Anbruch der Dunkelheit zu Hause sein, da ich mich in der Umgebung immer noch nicht so gut auskenne.« Logan lächelte mir zu und lehnte sich vor. »Heaven, sag mir doch, wie es dir geht. Sicherlich kann deine Mutter auf Unsere-Jane aufpassen, auch wenn sie krank ist. Und Fanny geht auch nicht mehr in die Schule. Warum?«
    »Oh«, sagte Fanny deutlich munterer, »habe ich dir gefehlt? Ist ja wirklich süß von dir. Wer vermißt mich noch? Erkundigt man sich, wo ich geblieben bin?«
    »Klar«, sagte Logan beiläufig und starrte mich immer noch an, »alle fragen sich, wo die zwei hübschesten Mädchen der Schule geblieben sind.«
    Mit welchen Worten konnte ich ein Leben in Hunger und Not beschönigen? Er brauchte sich ja nur umzusehen, um festzustellen, wie arm wir waren. Warum sah er eigentlich nur in meine Richtung und

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