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Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser

Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser

Titel: Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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daß ich in der Dunkelheit Angst hab!«
    »Na gut, dann hol’ ich das Wasser, und du sammelst das Gemüse, und hör auf, immer freche Antworten zu geben… sonst bin ich der König der Berge und hau dir den Hintern voll!«
    »Mutter«, sagte ich am nächsten Tag zu Sarah. Ich hoffte, ich könnte sie in ein kleines Gespräch verwickeln und sie etwas aufmuntern, bevor ich auf die ernsteren Dinge zu sprechen kam. »Ich habe mich vor einigen Stunden verliebt.«
    »Tu’s nicht, wärst sonst blöd«, brummte Sarah und warf einen kurzen, kritischen Blick auf meine Figur, die nun unübersehbar weibliche Formen angenommen hatte. »Verlaß die Berge und geh weit genug, daß dir kein Mann ‘n Kind andrehen kann«, warnte sie mich. »Lauf von hier fort, so schnell du kannst, bevor du so wirst, wie ich es geworden bin.«
    Verwirrt schlang ich meine Arme um Sarah. »Mutter, bitte rede nicht so. Vater kommt bald wieder nach Hause und bringt uns genügend Essen. Er kommt immer, wenn wir ihn wirklich brauchen.«
    »Stimmt, tut er.« Sarah verzog ihr Gesicht zu einer scheußlichen Grimasse. »Grad immer im rechten Augenblick erscheint unser Luke wieder, zurück vom Rumhuren und Saufen, schmeißt die vollen Säcke auf’n Tisch, als brächt’ er Goldbarren heim. Das ist ja wohl alles, was er für uns tut, oder?«
    »Mutter…«
    »Bin nicht deine Mutter!« brüllte Sarah mit rotangelaufenem Gesicht. Sie sah regelrecht krank aus. »Bin’s nie gewesen. Wo bleibt denn deine berühmte Gescheitheit? Siehst du nicht, daß du mir gar nicht ähnlich siehst?«
    Sie stand vor mir mit gespreizten Beinen, barfüßig und mit zerzaustem Haar, das sie seit der Totgeburt ihres Kindes weder gewaschen noch gekämmt hatte. Sie hatte auch seit einem Monat kein Bad genommen. »Ich verschwind’ aus diesem Höllenloch, und wenn du nur ‘n Fünkchen Verstand hast, tust du’s auch.«
    »Mutter, bitte geh nicht«, schrie ich verzweifelt und versuchte, ihre Hand zu ergreifen. »Auch wenn du nicht meine richtige Mutter bist, habe ich dich lieb, wirklich! Wir können doch nicht in die Schule gehen und Großvater alleine lassen! Er kann nicht mehr gut gehen, seit Großmutter tot ist. Er kann fast nichts mehr machen. Bitte, Mutter.«
    »Tom kann das Holz hacken«, sagte sie mit tödlicher Ruhe, als hätte sie sich schon entschlossen, uns zu verlassen, egal, was uns zustoßen würde.
    »Aber Tom muß in die Schule, und damit wir im Winter genügend Brennholz haben, muß sich mehr als einer darum kümmern: Vater ist ja weg.«
    »Ihr kommt schon durch. Tun wir doch immer, oder?«
    »Mutter, du kannst doch nicht einfach so fortgehen!«
    »Kann ich, verdammt noch mal. Ich kann tun, was ich will – und es geschieht Luke nur recht!«
    Fanny hatte alles gehört und kam auf uns zugerannt. »Mutter, nimm mich mit dir, bitte, bitte!«
    Sarah schob Fanny von sich, trat einen Schritt zurück und sah uns ruhig und völlig gleichgültig an. Wer war diese Frau mit dem steinernen Gesicht, die nichts mehr zu kümmern schien? Sie war nicht die Mutter, wie ich sie immer gekannt hatte. »Gute Nacht«, sagte sie. Sie hatte sich dem Vorhang zugewandt, der ihre Schlafzimmertür war. »Euer Vater kommt schon zurück, wenn ihr ihn braucht. Tut er doch immer, oder?«
     
     
    Vielleicht hatte mich der Duft von Obst, der vom Tisch herkam und mich in der Nase kitzelte, aufgeweckt.
    Meine Güte, da lag ja eine Menge Essen auf dem Tisch. Woher kam das alles? Gestern abend war unser Küchenschrank noch leer gewesen. Ich nahm einen Apfel und biß hinein; dann eilte ich zu Sarah, um ihr zu sagen, daß Vater in der Nacht heimgekehrt war und uns Essen mitgebracht hatte. Ich schob den zerschlissenen Vorhang beiseite und erstarrte. Den Apfel noch zwischen den Zähnen, riß ich die Augen weit auf. Sarah war weg. Nur ein zerwühltes Bett, auf dem ein Zettel lag.
    Sarah mußte sich in der Nacht, als wir alle schliefen, auf und davon gemacht haben. Sie hatte einen Zettel hinterlassen, den wir wohl Vater bei seiner Rückkehr überreichen sollten – falls er jemals zurückkehren würde.
    Ich rüttelte Tom wach und zeigte ihm den Zettel. Er setzte sich auf, rieb sich die Augen und las ihn dreimal durch, bevor ihm der Inhalt langsam zu dämmern begann. Er schluckte heftig und versuchte, die Tränen zurückzuhalten. Wir beide waren jetzt vierzehn Jahre alt. Die Geburtstage kamen und gingen, ohne daß es ein Fest gab oder wir sonst irgendwie gefeiert wurden.
    »Was macht ihr schon so früh?« brummelte

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