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Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser

Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser

Titel: Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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sie wird noch düsterer werden, wenn du je dieses Kind berührst. Bring sie weg von hier, damit du nicht in Versuchung gerätst. Sie ist nichts für dich, genausowenig wie die andere.«
    Montagabend verschwand Vater und kam erst am Morgen zurück. Ich wachte wie gerädert auf und fühlte mich bedrückt und benommen, aber ich stand auf und ging meinen täglichen Pflichten nach; ich öffnete die Ofentür, legte Holz nach und setzte Wasser auf. Vater beobachtete mich und schien meine Gemütslage zu prüfen und sich zu überlegen, was ich wohl im Schilde führte. Als ich ihn wieder ansah, hing er immer noch seinen Gedanken nach. Kurz darauf sagte er mit einer eigenartig gepreßten Stimme und mit einer besseren Aussprache als üblich zu mir:
    »Mein liebes, gutes Kind, du wirst heute vor eine Wahl gestellt. Eine Wahl, die nicht jeder von uns bekommt.« Er trat näher, daß ich ihn anschauen mußte.
    »Im Tal gibt es zwei kinderlose Ehepaare, die dich öfter gesehen haben und anscheinend von dir beeindruckt sind. Als ich auf sie zugegangen bin und ihnen gesagt habe, daß du neue Eltern brauchst, wollten beide dich unbedingt haben. Sie werden bald kommen. Ich könnte dich an den Meistbietenden verkaufen, aber das werde ich nicht tun.«
    Ich sah ihn trotzig und herausfordernd an, aber mir fiel nichts ein, was ich hätte sagen können, um ihn von seinem Vorhaben abzuhalten.
    »Ich erlaube dir, deine neuen Eltern selbst auszusuchen.«
    Gleichgültigkeit senkte sich über mich wie ein schwerer Mantel. Immer wieder hallten die Worte Großvaters in meinen Ohren. »Bring sie weg von hier…« Sogar Großvater wollte mich nicht. Es war, wie Fanny es herausgeschrien hatte; überall war es besser als hier.
    Gleichgültig welches Haus!
    Gleichgültig welche Eltern!
    Großvater wollte, daß ich ging. Da saß er nun und schnitzte. Es könnten tausend Enkel von ihm verkauft werden, und er würde immer noch dasitzen und schnitzen.
    Die Verzweiflung brannte wie eine Kerze in mir, und die Erinnerungen an Logan waren die todgeweihten Motten, die um das Licht flatterten. Logan hatte mich nicht einmal angesehen. Als ich davonging, hatte er mir nicht einmal nachgeblickt. Auch wenn die Gegenwart seiner Eltern ihn gehemmt hatte, er hätte mir wenigstens ein geheimes Zeichen geben können, aber er hatte nichts dergleichen getan. Warum nicht? Er war doch neulich erst den ganzen Berg hinaufgestiegen. Hatte ihn vielleicht der Anblick unseres Zuhauses so schockiert, daß es seine Gefühle für mich geändert hatte?
    Es ist mir egal, sagte ich mir immer wieder vor. Was ging es mich an? Er würde mir ja doch nicht glauben, wenn ich ihm die Wahrheit sagte.
    Zum ersten Mal in meinem Leben erwog ich ernsthaft den Gedanken, daß es vielleicht besser wäre, mit anständigen Leuten aus der Stadt zu leben. Wenn ich einmal von hier in Sicherheit war, dann konnte ich ja mit der Suche nach denen, die ich liebte, beginnen.
    »Zieh dich lieber an«, sagte Vater, nachdem ich den Tisch abgewischt und die Schlafdecken verstaut hatte. »Sie werden bald kommen.«
    Ich holte tief Luft und versuchte vergeblich, ihm in die Augen zu sehen. Es ist besser so, viel besser, sagte ich mir. Lustlos kramte ich in den Kleiderkisten nach den besten Sachen. Bevor ich sie anzog, fegte ich den Hüttenboden – und Vater blickte mich dabei unverwandt an.
    Ich machte das Bett, als sei es ein ganz gewöhnlicher Tag. Und Vater schaute mir weiterhin bei allem zu. Es machte mich verlegen und nervös. Ich benahm mich ungeschickt, wo ich mich doch sonst immer schnell und geschmeidig bewegen konnte. Er löste einen Gefühlsaufruhr in mir aus, der mich verwirrte, und ich brannte vor Haß auf ihn.
    Zwei glänzende, neue Autos fuhren langsam in unseren Hof hinein und parkten hintereinander. Es waren ein weißer und ein schwarzer Wagen. Das schwarze Auto war lang und elegant, das weiße Auto war kleiner, schicker und hatte rote Sitze.
    Ich trug das einzige Kleid, das Fanny übriggelassen hatte.
    Es war ein einfaches Schürzenkleid, das früher einmal blau gewesen war, aber vom vielen Waschen nach Jahren eine graue Farbe angenommen hatte. Darunter trug ich einen von meinen zwei Schlüpfern. Ich brauchte eigentlich einen Büstenhalter, aber ich hatte keinen. Schnell fuhr ich mit der Bürste durch meine Haare; dann erinnerte ich mich wieder an den Koffer. Ich mußte ihn mitnehmen.
    Sofort fischte ich ihn aus seinem Versteck heraus und wickelte ihn in etliche von Großmutters selbstgemachten

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