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Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser

Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser

Titel: Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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älteren Paar, die in schwere, graue, maßgeschneiderte Mäntel gekleidet waren, trug sie einen pinkfarbenen Hosenanzug, der so enganliegend war, daß er wie auf die Haut gemalt wirkte. Sie tänzelte in der Wohnung herum und sah sich alles an, sie öffnete sogar die Ofentür, um hineinzuschauen. Warum tat sie das? Sie erhob sich wieder und lächelte alle und niemanden an, dann wandte sie sich um und sah recht unverfroren auf das alte Messingbett, das ich gerade gemacht hatte. Sie starrte auf die Körbe, die von der Decke herunterhingen und staunte über die rührenden Versuche, die Hütte etwas wohnlicher und gemütlicher zu machen. Unzählige Gefühlsregungen huschten im schnellen Wechsel über ihr Gesicht, so als würden immer neue Eindrücke die vorangegangenen Schrecken, Schocks und Erschütterungen… und andere unausgesprochene Überraschungen gleich wieder auslöschen. Mit zwei langen lackierten Fingernägeln faßte sie das Wischtuch, mit dem ich immer den Tisch saubermachte, hob es hoch, und ließ es sofort wieder fallen, als wäre sie mit einer furchtbaren Krankheit in Berührung gekommen. Sie versuchte, ihr Lächeln beizubehalten, aber es gefror ihr auf den rosarot bemalten Lippen.
    Die ganze Zeit über klebten die Augen des jungen Ehemannes an mir. Er lächelte mir ermutigend zu, und seine Augen lächelten mit. Ich fühlte mich darauf irgendwie besser, offensichtlich war er mit dem, was er sah, einverstanden.
    »Also«, sagte Vater und pflanzte sich, mit den riesigen Fäusten in die Hüften gestemmt, breitbeinig vor mir auf. »‘s ist deine Sache, ganz deine Sache, Mädchen…«
    Meine Augen wanderten von einem Paar zum anderen. Wie konnte ich sie nach ihrem Äußeren beurteilen? Woran sollte ich mich orientieren? Die rothaarige Frau in dem pinkfarbenen gestrickten Hosenanzug lächelte einnehmend und sah dadurch noch hübscher aus. Ich bewunderte ihre langen, lackierten Fingernägel, ihre Ohrringe so groß wie halbe Dollarstücke, ich war von ihrem Mund, ihrer Kleidung, ihrem Haar begeistert. Die ältere, grauhaarige Frau sah mich ernst und regungslos an. Ihre Ohrringe waren winzige Perlen und nicht sehr beeindruckend.
    Ich glaubte, etwas Feindseliges in ihren Augen zu entdecken. Ich zuckte zurück und sah ihren Mann an – aber er wich meinen Augen aus. Wie konnte ich ohne Blickkontakt etwas feststellen? Die Augen sind das Spiegelbild der Seele… Augen, die einen nicht ansahen, waren trügerisch.
    Und wieder wandte ich mich dem jüngeren Paar zu, das modisch gekleidet war, nichts Maßgeschneidertes, Teures, Zeitloses trug. Langweilige, öde Sachen, hätte Fanny dazu gesagt. Damals konnte ich noch nicht zwischen echtem Reichtum und dem vulgären Geschmack der Neureichen unterscheiden.
    Ich kam mir in meinem formlosen Gewand überhaupt nicht wie ein menschliches Wesen vor, eine Schulter hing herunter, der Halsausschnitt war zu weit, und der Saum hatte Zacken. Ich hatte immer schon vorgehabt, ihn zu richten, aber nie Zeit dazu gefunden. Als ich so dastand, kitzelte eine unbändige Locke meine Stirn, und ich strich sie mit einer automatischen Bewegung wieder nach hinten. Das lenkte die Aufmerksamkeit auf meine roten, rissigen Hände mit den kurzen abgebrochenen Fingernägeln. Schnell versuchte ich, meine Hände, die jeden Tag Wäsche wuschen und Geschirr spülten, zu verbergen, denn wer wollte mich schon in einem so verwahrlosten Zustand haben?
    Bestimmt keines der beiden Paare.
    Bei Fanny hatte man schnell und begeistert die Wahl getroffen.
    Fanny hatte ihre Hände nicht ruiniert, und ihre langen, glatten Haare waren schwer genug, um nicht herumzufliegen. Ich war zu unscheinbar, häßlich und unansehnlich – wer würde mich schon wollen, wenn selbst Logan mir nicht mehr in die Augen sehen konnte? Wie hatte ich nur die Hoffnung hegen können, daß er mich vielleicht eines Tages lieben würde?
    »Was ist, Mädchen«, sagte Vater stirnrunzelnd und zeigte deutlich seine Mißbilligung, weil ich so lange zögerte. »Ich sagte dir schon, daß du wählen kannst. Wenn du’s nicht bald tust, tu’ ich’s.«
    Verstört fühlte ich unterschwellig etwas, was ich nicht verstand. Ich versuchte, dahinter zu kommen, warum das ältere Paar so kalt und zurückhaltend war und warum sie mich zwar ansahen, aber eigentlich gar nicht richtig sehen wollten. Ich bekam den Eindruck, daß sie langweilige, gesetzte und vielleicht sogar gefühllose Leute waren; die Frau mit den roten Haaren und den farblosen Augen dagegen lächelte

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