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Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel

Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel

Titel: Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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zu fliehen, wenn ich mich zu plötzlich oder zu aggressiv bewegen würde?
    Ich kam zu der Überzeugung, daß es genau das war: Er hatte Angst vor mir! Er wollte mich nicht hier haben. Jemand wie Tony wäre nie sitzengeblieben. Tony wäre lächelnd aufgestanden und hätte die Situation in die Hand genommen. Dies aber mußte ein Dienstbote, ein Gärtner oder irgendein Gehilfe sein. Aufgrund seiner Haltung und der Art wie er den Kopf ein wenig zur Seite drehte, wußte ich, daß er wartete, daß er mich vielleicht auch aus den Augenwinkeln beobachtete. Eine seiner dunklen, kräftigen Augenbrauen hatte er fragend hochgezogen, aber sich noch immer keinen Millimeter bewegt. Nun gut, sollte er da ruhig sitzen und sich wundern, denn das gab mir eine ausgezeichnete Gelegenheit, ihn zu studieren.
    Wieder drehte er sich ein kleines Stück – sein Hammer war noch immer zum nächsten Schlag bereit –, und jetzt sah ich endlich mehr von seinem Gesicht. Seine Nasenflügel blähten sich, und ich bemerkte, daß sein Atem genauso kurz und rasch ging wie meiner. Warum sagte er nichts, was war nicht in Ordnung mit ihm? War er blind, taub oder sonst etwas?
    Seine Lippen bewegten sich zu einem Lächeln nach oben, während er den zierlichen Hammer nach unten führte und vorsichtig auf ein dünnes, silbrig glänzendes Metallplättchen einschlug – als ob er von der glänzenden Oberfläche kleine Dellen entfernen wollte. Tap-tap-tap tönte der kleine Hammer. Ich begann zu zittern und fühlte mich von seiner Absicht, mich nicht einmal zu begrüßen, bedroht. Wer war er, daß er mich einfach ignorieren durfte? Was hätte Jillian an meiner Stelle getan? Ganz sicher würde sie es nicht dulden, daß dieser Mann ihr Angst machte! Aber ich war ja nur eine von den Hinterwäldlerinnen der Casteels, und bis jetzt hatte ich es noch nicht gelernt, arrogant zu sein. Ich schaffte es, gekünstelt heiser zu husten, aber nicht einmal dann hatte er es eilig, sich umzudrehen und mir das Gefühl zu geben, willkommen zu sein. Während ich so dastand, überlegte ich, daß er der Mann mit dem ungewöhnlichsten Aussehen und Verhalten war, den ich je gesehen hatte.
    »Entschuldigung«, sagte ich mit tiefer Stimme, wobei ich Jillians heisere Art nachzuahmen versuchte. »Ich hörte Ihr Hämmern, als ich mich draußen im Labyrinth verlaufen hatte. Ich bin nicht sicher, ob ich den richtigen Weg zum Haupthaus zurück finden kann, denn draußen ist es so dunkel und neblig.«
    »Ich weiß, daß Sie nicht Jillian sind«, antwortete er, ohne mich anzusehen, »oder Sie hätten einfach losgeschnattert und mir hunderttausend Dinge, die mich gar nichts angehen, erzählt. Aber weil Sie nicht Jillian sind, gehören Sie auch nicht hierher. Es tut mir leid, aber ich bin beschäftigt und habe keine Zeit, ungebetene Gäste zu unterhalten.«
    Es verblüffte mich, daß er mir so ohne weiteres die Tür wies – sogar noch ehe er geprüft hatte, wer ich war. Was war das bloß für eine Sorte Mann? Schau mich an, hätte ich am liebsten geschrien, ich bin nicht häßlich, auch wenn ich nicht Jillian bin! Dreh deinen Kopf um und sag etwas, denn im nächsten Moment werde ich davonlaufen und mich nicht darum kümmern, ob wir uns je wiedersehen! Ich war doch in Logan verliebt und nicht in diesen Fremden mit seinem undurchschaubaren Benehmen! Logan, der mir eines Tages verzeihen würde, für etwas, was ich einfach nicht verhindern konnte.
    Er runzelte die Stirn: »Bitte, gehen Sie, drehen Sie sich einfach wortlos um!«
    »Nein, ich werde nicht gehen, bis Sie mir sagen, wer Sie sind.«
    »Wer sind Sie denn, daß Sie danach fragen?«
    »Zuerst erzählen Sie mir, wer Sie sind.«
    »Bitte, Sie vergeuden meine Zeit. Gehen Sie jetzt und lassen Sie mich meine Arbeit beenden. Dies hier ist eine Privatwohnung, meine Wohnung und für die Dienerschaft von Farthinggale Manor verboten. Und jetzt verschwinden Sie!« Rasch musterte er mich von oben bis unten, ohne auf irgendeinem Punkt meiner Figur, auf den andere Männer immer starrten, zu verweilen – und dann präsentierte er mir wieder seinen Rücken.
    Sein Benehmen machte mich sprachlos! Es tat weh, zuerst peinlich gemustert und dann wie etwas, das nicht einmal ein Minimum an gutem Benehmen wert war, beiseite geworfen zu werden. Ich Narr und mein Hinterwäldler-Stolz! Schon immer war ich zu stolz gewesen. Und Stolz hatte mich auch schon oft unnötig leiden lassen, während es doch andererseits viel einfacher gewesen wäre, belanglose Dinge zu

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