Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel
verwendet hatte: Unbeteiligt – das war’s, wie ich erscheinen wollte. Sollten sie ruhig ihre Schlingen legen und Pfeile abschießen, was kümmerte es mich? Ich war hier, wo ich sein wollte, und das genügte.
Am Freitag abend, früher als erwartet, kamen Jillian und Tony aus Kalifornien zurück, voll Vorfreude auf die Feiertage. Sie schenkten mir Kleidung und Schmuck, und das Bewußtsein, daß Troy, mein geheimer Freund, jedes Wochenende in seiner kleinen Hütte war, gab mir ein gutes Gefühl. Ich wußte, daß er mich nicht wirklich dort haben wollte, da ich ihn von seiner Arbeit ablenkte. Wenn er meinen Bedürfnissen gegenüber nicht so höflich und einfühlsam gewesen wäre, hätte er mich mit Sicherheit wieder fortgeschickt.
»Wie hast du dich denn vergangenen Samstag unterhalten?« fragte Tony eines Tages, als er sah, wie ich mit einem Armvoll Bücher aus der Bibliothek eilte.
»Ich habe gelernt, das war alles«, antwortete ich mit einem kleinen Lachen. »Es gibt noch so viel, was ich schon zu wissen glaubte, aber das Gegenteil ist der Fall. Wenn ihr nichts dagegen habt, du und Jillian, werde ich mich oben in meinem Schlafzimmer einschließen und herumkramen.«
Ich hörte, wie er schwer seufzte. »Jillian pflegt samstags ihre Haare richten zu lassen, dann geht sie mit ein paar Freunden ins Kino. Ich hatte gehofft, du und ich könnten heute in die Stadt gehen und ein paar Weihnachtseinkäufe machen.«
»Ach Tony, frag mich das noch mal, bitte, denn nichts auf der Welt würde ich lieber tun, als das Hauptgeschäft von Tatterton Toys zu besuchen.«
Einen Moment lang wirkte er verblüfft, dann breitete sich langsam ein Grinsen über sein angenehmes Gesicht aus. »Du meinst, du möchtest tatsächlich dorthin gehen? Wie wunderbar! Jillian hat nie einen Funken Interesse dafür gezeigt! Und deine Mutter, die wußte, daß wir uns diesbezüglich oft in die Haare bekamen, schlug sich auf die Seite ihrer Mutter und behauptete, sie wäre zu alt, um sich mit albernem Spielzeug zu langweilen.«
»Das hat meine Mutter gesagt?« fragte ich völlig verblüfft.
»Sie ahmte deine Großmutter nach, die keinen Geschäftsmann, sondern einen Spielgefährten wollte. Kurze Zeit, während sie exquisite Puppenkleider nähte, hatte ich die Hoffnung, sie würde eines Tages tatsächlich ein Teil von Tatterton Toys werden.«
Kurz darauf war ich eilig zu Troys Steinhütte geeilt, wo ich mich am allerliebsten aufhielt. Schon die Tatsache, bei ihm zu sein, war ein reines Vergnügen für mich. Warum hatte Logan mein Herz nie so rasch schlagen lassen? Während ich auf dem dicken Teppich vor Troys heißem Kaminfeuer lag, schrieb ich an Tom und bat ihn, mir einen Rat zu geben, wie ich mich Logan wieder nähern könnte, ohne daß es allzu aufdringlich wirkte.
Endlich, als ich schon glaubte, Tom würde meinen letzten Brief nie beantworten, lag einer in meinem Postschließfach:
Ich kapiere Deine Ängste nicht. Ich bin sicher, Logan wird über einen Anruf von Dir entzückt sein und irgendwo ein Treffen arrangieren. Nebenbei, habe ich in meinem letzten Brief vergessen, Dir zu erzählen, daß Pas neue Frau ein Baby erwartet. Von Fanny direkt habe ich nichts gehört, aber ich habe noch immer ein paar alte Freunde in Winnerow, die mich auf dem laufenden halten. Offensichtlich ist die gute Frau des Reverends nach Hause gereist, um bis zur Geburt ihres ersten Kindes bei ihren Eltern zu bleiben. Wie steht’s mit Dir, hast Du Nachricht von Fanny oder von den Leuten, die Unsere-Jane und Keith haben?
Nein, kein einziges Wort! Und da war also Pa, setzte munter noch mehr Kinder in die Welt, wo er sich doch wünschen müßte, nie mehr eines zu sehen! Nicht nach allem, was er verbrochen hatte! Das Gefühl, daß Pa Schlechtes tun könne und nie bestraft würde, wenigstens nicht genug, tat weh! Die Erinnerung an meinen kleinen Bruder und meine kleine Schwester, die für mich so lebensnotwendig gewesen waren, wurde immer schwächer, und das tat mir weh. Mein Herz spürte nicht mehr die quälende Angst, sie zu verlieren – und das durfte ich nicht zulassen! Troy erzählte mir, er habe Kontakt zu seiner Anwaltskanzlei in Chicago aufgenommen, und diese würden bald mit ihren Nachforschungen beginnen. Ich mußte meinen brennenden Zorn am Leben halten, ihn immer wieder anstacheln und der Zeit nie gestatten, die Wunden, die Pa geschlagen hatte, zu heilen. Wieder vereint, alle fünf Casteel-Kinder unter einem Dach – das war mein Ziel.
Als ich
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