Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel
jetzt zu dir eine Beziehung aufbauen soll, Heaven. Du bist jetzt jemand, der nichts und niemanden wirklich braucht.«
Mein Herz zog sich zusammen. Was er sah, war doch nur oberflächliches Selbstvertrauen auf Grund teurer Kleidung und Schmuck. Ein Kratzer an der Oberfläche, und das verwahrloste Casteel-Mädchen würde immer noch da sein. Aber plötzlich dämmerte es mir, worauf er tatsächlich anspielte.
Als armes Wesen hatte er mich lieber gemocht! Meine Verletzbarkeit, meine Armut, meine häßliche, verwaschene Kleidung und die schäbigen Schuhe hatten ihn angezogen! Die Energie, von der ich immer geglaubt hatte, er würde sie am meisten an mir bewundern, hatte jetzt keine Bedeutung mehr für ihn! Ich fixierte seinen tiefbraunen Pullover, und aus irgendeinem Grund fragte ich mich, ob er noch immer diese scheußliche rote Strickmütze hatte, die ich einmal für ihn gemacht hatte. Ich spürte, wie mir wieder alles außer Kontrolle geriet, aber trotzdem konnte ich nicht so leicht aufgeben. »Logan«, fing ich wieder an, »ich lebe jetzt bei der echten Mutter meiner Mutter. Ich hatte keine Ahnung, daß Großmütter in mittleren Jahren so jung aussehen können und nicht nur hübsch, sondern einfach umwerfend!«
»Diese Großmutter lebt in einer anderen Welt als die, die du in den Willies kanntest.« Wie schnell er sich doch seine Meinung bildete, als ob er nie an etwas oder jemandem Zweifel hatte. Dann endlich griff er nach seiner Tasse und nippte daran. »Und wie sehr magst du deinen Großvater?« fragte er. »Ist er auch so jung und gutaussehend?«
Ich versuchte, seinen Sarkasmus zu ignorieren. »Tony Tatterton ist nicht mein echter Großvater, Logan, sondern der zweite Mann meiner Großmutter. Der Vater meiner Mutter starb vor zwei Jahren. Schade, daß ich nie Gelegenheit hatte, ihn kennenzulernen.«
Seine tiefblauen Augen blickten abwesend auf einen Punkt hinter meinem Kopf. »Eines Tages, Mitte September, sah ich dich draußen beim Einkaufen mit einem älteren Mann, der dich am Ellbogen hielt und führte, wohin er dich haben wollte. Ich wollte dir so gern zurufen und sagen, daß ich da sei, aber ich konnte es nicht. Benommen folgte ich euch eine Weile und beobachtete durch die Schaufenster, wie du endlos verschiedene Kleidungsstücke probiertest und sie diesem Mann vorgeführt hast. Es verblüffte mich, wie sehr deine Kleidung dein Äußeres veränderte. Und nicht nur das, ich war perplex, wie sehr es dich von innen heraus veränderte. Jedes neue Stück, das er dir kaufte, zauberte Lachen, Lächeln und eine Art von Glück auf dein Gesicht, wie ich es nie vorher gesehen hatte. Heaven, ich hatte keine Ahnung, daß dieser jung aussehende Mann dein Großvater sein könnte! Eifersucht war alles, was ich empfinden konnte. Als ich dich liebte und Pläne für unsere Zukunft schmiedete, wollte ich derjenige sein, der deine Augen und dein Gesicht freudig aufleuchten lassen würde.«
»Aber ich brauchte doch die warmen Mäntel, die Stiefel und Schuhe, die er mir gekauft hat. Und meine Pelzmäntel sind aus zweiter Hand. Jillian, die Kleidung und alles übrige schnell satt hat, gab sie mir. Ich habe nicht so viel, wie du glaubst. Und so toll ist’s auch nicht in Farthinggale Manor, meine Großmutter spricht kaum ein Wort mit mir!«
Logan kam näher und nagelte mich mit seinem harten, starren Blick fest. »Aber der Stief-Großvater ist hocherfreut, dich in der Nähe zu haben, nicht wahr? Das verriet mir schon sein Benehmen an dem Tag, als ich euch beide einkaufen sah. Er hat sich über diese neue Kleidung genauso gefreut wie du!«
Die Art, wie er mich ansah, so ungeheuer eifersüchtig, alarmierte mich. »Paß auf ihn auf, Heaven. Denk dran, was passiert ist, als du mit Kitty Dennison und ihrem Mann in Candlewick gelebt hast – es könnte wieder passieren!«
Ich merkte, wie meine Augen aus Schmerz über seinen Überraschungsangriff riesengroß wurden. Wie konnte er nur so etwas denken? Tony glich nicht im entferntesten Cal! Tony brauchte mich nicht als Begleitung, während seine Frau bis spät in die Nacht hinein arbeitete. Tony führte ein reiches, ausgefülltes Leben, voller Ferien, Geschäften und Hunderten von Freunden, die ihn und Jillian gerne unterhielten. Trotzdem war ich überzeugt, Logan würde mir nicht glauben, selbst wenn ich ihm diese Tatsachen auseinandersetzte. Ich schüttelte den Kopf und wies erbost seine Vermutungen zurück. Ich war enttäuscht, daß er nicht vergeben und vergessen konnte und mir
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