Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Casteel-Saga 03 - Gebrochene Schwingen

Casteel-Saga 03 - Gebrochene Schwingen

Titel: Casteel-Saga 03 - Gebrochene Schwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
Vom Netzwerk:
hörte mir zu, während ich im Zimmer auf und ab ging. Er sah sehr betroffen aus, aber er sagte nichts, bis ich geendet hatte und mich aufs Bett setzte.
    »Nun«, sagte er, »es war falsch, eine schlimme Sache, die er gemacht hat. Ich kann deine Wut verstehen, aber ich glaube, was Tony dir gesagt hat, war die Wahrheit. Ich glaube, er war einsam und hatte Angst, dich zu verlieren. Ich verstehe diese Angst.«
    Ich konnte es nicht fassen, daß Logans erste Reaktion eine Mischung aus Sympathie und Mitleid für Tony war. Ich hatte erwartet, daß er aufspringen und mich umarmen, mich festhalten würde, um mich für all den erlittenen Schmerz zu trösten. Den Schmerz, den ich in dem Moment spürte, als ich begriff, daß Tony den Mann, nach dessen väterlicher Liebe ich mich so gesehnt hatte, durch Geld entfernt hatte. Ich wollte, daß Logan mich küßte und mir das Haar streichelte, daß er sich über Tony ärgerte, wütend war über das, was dieser mir angetan hatte. Ich flehte darum, daß Logan mich immer noch so lieben würde wie damals, als ich noch ein Niemand war, ein Nichts, das in einer Hütte in den Willies lebte. Ich wollte, daß er etwas tat, was die Flut von Erinnerungen zurückbrachte an unsere Jugendzeit, die so süß gewesen war, weil wir einander hatten.
    Statt dessen saß er da und versuchte ruhig und kühl und verständnisvoll zu sein einem Mann gegenüber, der sich grausam und selbstsüchtig verhalten hatte. Oh, ich war so wütend. Mein Gesicht wurde so rot, daß sogar Logan Angst bekam.
    Natürlich war mir klar, daß er eine Beziehung zu Tony aufgebaut hatte, die an Idealisierung grenzte. Tony hatte ihm das Gefühl gegeben, wichtig zu sein, reich und mächtig. Logan kannte Tonys Welt und seinen Geschäftssinn, und es war schwer für ihn, Tony plötzlich als schwachen, selbstsüchtigen kleinen Mann zu sehen. Ich wußte aber auch, daß ich Logan nicht die ganze Wahrheit erzählt hatte, die ganze beängstigende und beschämende Wahrheit.
    »Ich habe dir noch nicht alles erzählt«, sagte ich. »Und wenn ich es getan habe, werden wir sehen, ob du immer noch so verständnisvoll bist.«
    »Da ist noch mehr?«
    »Ja, da ist noch mehr…« Ich holte tief Luft. »Noch mehr Gründe für mich, Farthy zu verlassen. Letzte Nacht, nachdem Tony und ich uns gestritten hatten und ich ihm gesagt hatte, daß ich gehen würde, kam er in unser Schlafzimmer. Er war betrunken und halb nackt.«
    »Was wollte er?« Logan war vor Erwartung ganz verkrampft.
    »Was er wollte?« sagte ich langsam und bedächtig. »Er wollte mit mir schlafen. Ich mußte mich gegen ihn zur Wehr setzen und ihn ins Gesicht schlagen, um ihn wieder zu Sinnen zu bringen.«
    Eine lange Weile sagte Logan nichts. Es war, als hätte er nicht gehört, was ich gesagt hatte. Dann lehnte er sich zurück wie ein müder, besiegter Mann, sein Kinn berührte beinahe seine Brust, und er schüttelte langsam den Kopf.
    »O mein Gott, o mein Gott«, flüsterte er, »ich… ich hätte es… hätte es vermuten sollen.«
    »Vermuten? Was meinst du damit? Wußtest du etwas und hast es mir nicht gesagt?«
    »Es war nichts, was ich wußte, eher etwas, das ich fühlte. Was sollte ich sagen? Gib acht vor deinem Großvater?«
    »Logan«, sagte ich, und Tränen rannen mir über die Wangen, »Tony ist mein… mein Vater.«
    »Er ist was?«
    »Mein Vater, Logan. Ich fand es vor ein paar Jahren heraus, und ich habe es dir nie erzählt, weil ich mich so geschämt habe.« Die Worte strömten aus mir heraus. Ich hatte ihm so viel zu erzählen, daß ich nicht mehr darüber nachdachte, ob er es verstand oder nicht. »Er hat meine Mutter vergewaltigt. Darum ist er weggelaufen. Verstehst du jetzt? Darum haßte mich Pa so sehr. Er ist böse, Logan. Tony ist böse. Er versuchte, mit mir das gleiche zu machen.« Dann begann ich zu schluchzen, und meine Stimme versagte.
    »O Heaven, arme Heaven«, sagte Logan und stand auf und umarmte mich. »Wie du gelitten hast.« Er hielt mich ganz nahe bei sich und küßte mir die Stirn wieder und wieder. »O Heaven, es tut mir so leid. Jetzt tut es mir leid.« Er schüttelte den Kopf und sah wieder zu Boden.
    »Ist das alles, was du dazu zu sagen hast? Daß es dir leid tut?«
    Er sah mich scharf an. »Nein. Mir wird schlecht davon. Ich möchte in das nächste Flugzeug steigen und nach Farthy zurückfliegen. Ich möchte Tony klarmachen, was er ist und was er getan hat. Selbst wenn ich ihm dafür das Genick brechen muß«, fügte er hinzu, und seine Augen

Weitere Kostenlose Bücher