Casteel-Saga 03 - Gebrochene Schwingen
geheiratet, bevor sie Ihnen sagte, daß sie schwanger sei?«
»Ich war noch nicht reif genug, um zu heiraten.«
»Aber zwei Wochen später waren Sie es?«
»Ja.«
»Wie konnte sich das so schnell ändern, Mr. Wilcox?«
»Ich habe die Universität verlassen und hier in Winnerow eine Arbeit angenommen.«
»Als Koch in einem Schnellimbiß?«
»Ja.«
»Ihre Eltern sind entsetzt darüber, nicht wahr?«
»Einspruch, Euer Ehren. Mr. Wilcox steht hier nicht zur Debatte. Seine familiären Verhältnisse sind – «
»Euer Ehren, ich versuche, die Atmosphäre darzustellen, in der Drake Casteel möglicherweise leben wird.«
»Einspruch abgelehnt.«
»Sie haben eine teure Hochschulausbildung mit einer vielversprechenden Karriere aufgegeben, um zu heiraten, stimmt das, Mr. Wilcox?«
Randall traten Tränen in die Augen. Er blickte in die Richtung seiner Eltern.
»Ja.«
»Mr. Wilcox, ich frage Sie jetzt: Ist es möglich, daß Fanny Casteel Sie ausgenutzt hat, Sie belogen hat, nur um Sie zu heiraten? Und alles nur deshalb, damit sie an dieser Anhörung als verheiratete Frau teilnehmen kann?« Randall starrte nur ins Leere.
»Bitte beantworten Sie die Frage, Mr. Wilcox.« Er schüttelte den Kopf. »Mr. Wilcox?«
»Vielleicht«, sagte er. Im Publikum gab es großen Aufruhr. Der Richter betätigte wieder einmal seinen Hammer.
»Keine weiteren Fragen, Euer Ehren«, sagte Lakewood und ging breit grinsend zu seinem Platz zurück.
»Mr. Burton?« fragte der Richter. Doch dieser schüttelte den Kopf. »Keine Fragen, Euer Ehren«, sagte er.
Randall stand auf und wollte zu Fannys Tisch zurückgehen. Doch plötzlich drehte er sich um und verließ den Gerichtssaal.
»Wir werden die Anhörung für heute unterbrechen und auf morgen vertagen«, sagte Richter McKensie. »Morgen um neun Uhr dreißig wird die Verhandlung fortgesetzt werden.« Er klopfte mit dem Hammer auf den Tisch und stand auf. Sofort redeten alle laut durcheinander.
Die Leute hatten jetzt so viel Neues erfahren, über das sie tratschen konnten, daß sie ihr Glück kaum fassen konnten.
»Morgen um diese Zeit wird Drake wieder bei Ihnen zu Hause sein«, sagte Camden Lakewood. Ich blickte mich nach Fanny und Wendell Burton um und sah, wie sie zur Seitentür hinausschlüpften. Von den anderen Leuten lächelten viele zu uns herüber. Selbst Loretta Stonewall schien ihre Krise überwunden zu haben. Glücklich nahm sie die Sympathie ihrer Freundinnen entgegen.
»Ich rufe Sie heute nachmittag noch einmal an. Dann überlegen wir, wann wir Ihre Aussage noch einmal gemeinsam durchgehen«, sagte Lakewood. »Das wird das Ganze besiegeln.«
»Sie waren fantastisch«, erklärte ihm Logan, und sie schüttelten sich die Hände. Dann verließen wir das Gebäude.
Der starke Schneefall hatte wieder etwas nachgelassen, während wir bei der Anhörung waren. Die Sonne blitzte zwischen den Wolken hindurch und blendete uns, weil der Schnee die Strahlen reflektierte. Logan legte den Arm um mich, als wir zum Auto gingen.
»Nun«, sagte er, »das Schlimmste ist vorüber.«
»Das hoffe ich«, erklärte ich ihm. »Ich hoffe es mehr für Drake als für mich.«
»Es sieht so aus, als ob wir recht hatten, Mr. Lakewood zu engagieren. Qualität und Erfahrung machen sich bezahlt.« Wir stiegen ins Auto ein und fuhren los. Als ich noch einmal zurücksah, standen Fanny und Randall zusammen und sprachen wild gestikulierend miteinander. Kleine Atemwölkchen kamen aus ihren Mündern; sie erinnerten mich an den Kamin von Old Smokey, dem Kohleofen in unserer Hütte in den Willies.
»Wenn einmal etwas Böses ins Rollen kommt, dann ist es schwer, es aufzuhalten«, hatte Großmutter immer gesagt. Das Böse ist wie ein Stein, der den Berg hinunterrollt und dabei immer schneller wird. Wenn man ihn nicht gleich am Anfang stoppt, dann kann man nur zusehen und warten, bis er ausgerollt ist. War das Böse, das die Casteel-Kinder auf der ganzen Welt gefangenhielt, jetzt ausgerollt? Ich konnte nur hoffen, daß die Vorgänge im Gerichtssaal geholfen hatten, es ein wenig abzubremsen.
Als Logan und ich an diesem Abend zu Bett gingen, nahm er mich in die Arme und küßte mich.
»Ich habe mir heute solche Sorgen um dich gemacht«, sagte er. Er streichelte mir zärtlich das Haar und küßte mich wieder. »Wir werden nach all dem stärker sein als je zuvor. Ganz bestimmt. Bist du nervös wegen morgen?«
»Ich wäre eine Lügnerin, wenn ich nein sagen würde.«
»Ich werde immer bei dir sein, jede Minute.
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