Casteel-Saga 03 - Gebrochene Schwingen
Farthinggale. War das ein Fest!«
»Ich dachte doch, daß ich Sie schon einmal gesehen habe«, sagte ich nachdenklich, »aber ich fürchte, ich verstehe nicht ganz… waren Sie nicht der Anwalt von Luke Casteel?«
»Nun, im Grunde genommen vertrete ich Mr. Tatterton.«
»Mr. Tatterton?« Ich schaute Logan an, doch der zuckte nur die Achseln.
»Ja. Wußten Sie das nicht?« fragte Mr. Steine.
»Nein. Das müssen Sie erklären.«
»Oh, das tut mir leid. Ich hatte angenommen…« Er beugte sich vor. »Nun, vor einiger Zeit tätigte ich den Kauf eines Zirkus, der einem Mr. Windenbarron gehörte, für Mr. Tatterton.« Er schaute auf die Papiere auf seinem Schreibtisch. »Ja, Windenbarron.«
»Tony hat den Zirkus von Windenbarron gekauft? Aber… aber ich dachte, er gehörte Luke.« Wieder schaute ich Logan an, und wieder schüttelte er den Kopf, um zu zeigen, daß er nichts wußte.
»Ja, das tat er auch«, versicherte mir Mr. Steine.
»Das verstehe ich nicht.«
»Nachdem Mr. Tatterton den Zirkus gekauft hatte, ließ er mich einen Vertrag anfertigen, mit dem er den Zirkus an Mr. Casteel übergab, für eine recht kleine Summe übrigens.« Er lächelte. »Für einen Dollar, um genau zu sein.«
»Was?«
»Nennen Sie es ein Geschenk. Durch Mr. und Mrs. Casteels Tod fällt der Besitz wieder an Mr. Tatterton. Gestern abend, als wir miteinander telefonierten, bat er mich, den Zirkus zum Verkauf auszuschreiben und das Geld dann sicher für Drake anzulegen. Ich sollte mich auch um den restlichen Besitz kümmern; das geht dann alles in den Fonds von Drake. Ich hoffe, das ist in Ihrem Interesse, Mrs. Stonewall«, sagte er.
Ich war vollkommen verblüfft.
»Normalerweise«, fuhr Mr. Steine fort, »wären Transaktionen dieser Größenordnung unserem Büro nicht ganz angemessen, doch wir betreuen alle Angelegenheiten hier im Süden von Mr.
Tatterton, und als er anrief… nun, wir kümmern uns natürlich um alles.«
Erstaunt lehnte ich mich zurück. Warum hatte Tony all das getan? Warum hatte er es geheimgehalten?
»Alle wichtigen Dokumente sind hier«, fuhr Mr. Steine fort. »Es gibt eigentlich nichts, was Sie unterzeichnen müssen… Es wird eine Weile dauern, bis alles verkauft ist, aber wenn Sie die Papiere durchsehen wollen…«
»Er gab Luke den Zirkus?« sagte ich. Mit meinem vor Staunen offenen Mund und dem verwirrten Gesichtsausdruck sah ich wahrscheinlich ganz schön dumm aus.
»Ja, Mrs. Stonewall.« Er machte eine Pause und beugte sich erneut vor. »Und nun zur Beerdigung. Der Gottesdienst ist morgen früh um elf.«
»Tony hat das alles mit einem Anruf erledigt?« fragte ich. Das klang weniger sarkastisch als viel eher verwundert. Tony hatte mir meinen Abschied von Luke vollkommen aus den Händen genommen. Tatsächlich hatte er mir Luke genommen. Mr. Steine lächelte voller Stolz.
»Wie ich schon sagte, Mrs. Stonewall, ist Mr. Tatterton ein sehr wichtiger Klient von uns. Wir tun alles, was wir können, um Ihnen die Dinge zu erleichtern.«
»So kümmert sich Tony um dich«, sagte Logan. Ich schaute ihn an. Er konnte nicht wissen, was dies alles zu bedeuten hatte. Er wußte ja immer noch nicht, daß Tony mein richtiger Vater war, daß es Neid und Besitzdenken waren, die ihn so handeln ließen, und nicht reine Freundlichkeit. Aber ich glaubte, daß dies alles etwas war, das nur Tony, Luke und mich betraf; es waren Dinge, die Logan nie zu wissen brauchte.
»Aber vielleicht sollten wir Luke lieber in den Willies begraben«, sagte ich. Ich dachte an das Grab meiner Mutter, an den kleinen Grabstein, auf dem lediglich stand:
ANGEL
GELIEBTE FRAU
VON THOMAS LUKE CASTEEL
»Ach, ich weiß nicht«, sagte Logan. »Atlanta und Umgebung sind doch jetzt eigentlich Lukes Heimat geworden. Glaubst du, er hätte es gewollt, daß man ihn zurückbringt in die Willies?«
Logan betonte das »zurückbringt« auf eine Art, daß man meinte, ich wolle Luke in eine wertlosere, häßlichere Zeit überführen, in ein Leben, das er vergessen wollte, indem er hierher kam und Besitzer eines Zirkus wurde.
»Vielleicht nicht«, sagte ich.
»Und du mußt auch an Stacie denken«, erinnerte mich Logan.
»Was ist mit Drake?« fragte ich, indem ich mich an Mr. Steine wandte.
»Soweit ich feststellen konnte, gibt es bei Mrs. Casteel keinen Verwandten, der Interesse haben könnte, sich um den Jungen zu kümmern. Hatte Mr. Casteel nicht einige Brüder?«
»Sie waren nicht einmal in der Lage, sich um sich selbst zu kümmern«, sagte
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