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Casteel-Saga 04 - Nacht über Eden

Casteel-Saga 04 - Nacht über Eden

Titel: Casteel-Saga 04 - Nacht über Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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hätte sie jemand durchwühlt und nach etwas Kostbarem gesucht, das seiner Ansicht nach darin verborgen sein mußte. Dessous und Strümpfe hingen an den Seiten der Schubladen heraus.
    Auf den Kommoden und Tischen standen offene Schmuckschatullen herum. Überall sah ich glitzernde Halsketten, juwelenbesetzte Ohrringe, Diamant- und Smaragdarmbänder. Mich beschlich das unangenehme Gefühl, daß ich in die Privatsphäre eines anderen Menschen eingedrungen war; daher begann ich mich rückwärts zur Tür zu bewegen. Plötzlich stieß ich gegen eine Wand. Doch als ich mich umdrehte, blickte ich in die funkelnden Augen von Mrs. Broadfield.
    Ihr Gesicht war dunkelrot vor Zorn. Sie sah aus, als wäre sie gerannt, so schnell sie konnte. Ihr gewöhnlich straff zurückgebürstetes Haar war zerzaust, einige Strähnen ragten wie Saiten eines kaputten Klaviers in die Luft. Da ich zu ihr hochblicken mußte, sahen ihre Nasenlöcher so riesig aus wie Nüstern eines wütenden Bullen. Sie atmete schwer, und ihre Brust hob und senkte sich unter ihrer engen, sterilen Schwesterntracht, die so straff gespannt war, daß ich glaubte, die Knöpfe würden im nächsten Augenblick abspringen. Ich wollte meinen Rollstuhl von ihr wegbewegen, aber sie hielt einfach eine Armlehne fest.
    »Was glauben Sie eigentlich, was Sie angerichtet haben?« fragte sie mit drohender Stimme.
    »Angerichtet?«
    »Ich kam in Ihr Zimmer und entdeckte, daß Sie weg waren – mitsamt Ihrem Rollstuhl.« Sie holte tief Atem und drückte ihre Handfläche unterhalb der Kehle gegen die Brust.
    »Ich habe nach Ihnen gerufen und da ich wußte, daß Sie nicht unten sein konnten, habe ich den Korridor abgesucht. Allerdings hätte ich niemals gedacht, daß Sie hier sein könnten. Ich konnte mir gar nicht vorstellen… Ich war mir sicher, daß Ihnen in einem der Zimmer etwas zugestoßen sein mußte.«
    »Es ist alles in Ordnung.«
    »Sie haben hier nichts zu suchen«, sagte sie und begann mich rasch fortzuschieben. »Mr. Tatterton hat mir eingeschärft, daß niemand hier herein darf. Er wird glauben, daß ich Sie hierhergebracht habe!« schimpfte sie. Als wir den Raum verließen, blickte sie erst ängstlich den Korridor hinunter, bevor sie weiterging.
    Ich fand es lächerlich, daß sie so tat, als dürfte uns niemand sehen. »Tony wäre sicherlich nicht böse darüber, daß ich den Korridor hinuntergefahren bin«, rief ich, aber sie verlangsamte ihren Schritt nicht. Offensichtlich hatte sie furchtbare Angst, ihre Stellung zu verlieren.
    »Wenn er es herausfindet, werde ich ihm sagen, daß Sie nichts damit zu tun haben, Mrs. Broadfield.«
    »Das wird nichts helfen. Ich bin für Sie verantwortlich. Ich brauche nur einen Augenblick nach draußen zu gehen, um mir die Beine zu vertreten und ein wenig frische Luft zu schnappen – und was passiert? Sie wachen auf, setzen sich in den Rollstuhl und fangen an, durchs Haus zu kutschieren.«
    »Aber was sollte Tony denn dagegen haben?«
    »Vielleicht gibt es Bereiche in diesem Haus, die nicht mehr sicher sind… kaputte Dielen oder so etwas. Woher soll ich das wissen? Er hat mir gesagt, was er wünscht, und das genügt mir. Wer hätte gedacht, daß Sie so etwas tun würden? Du meine Güte.« Sie verlangsamte das Tempo nicht, bis wir wieder in meinem Zimmer waren.
    »Ich werde ihn fragen, wenn er kommt.«
    »Erwähnen Sie es bloß nicht. Vielleicht findet er es gar nicht heraus, und der ganze Ärger bleibt mir erspart.«
    Sie hielt neben meinem Bett an, trat zurück, betrachtete mich und schüttelte den Kopf.
    »Hier oben lebt noch jemand, nicht wahr? Wer ist es?«
    »Was meinen Sie?«
    »Außer Tony und den Angestellten, Ihnen und mir. Diese Räume sahen bewohnt aus.«
    »Ich habe nie jemand anderen gesehen. Anscheinend fangen Sie an, sich Dinge einzubilden, Geschichten zu erfinden. Mr. Tatterton wird toben. Ich will kein Wort mehr darüber hören«, warnte sie. Ihre Augen waren jetzt schmal und kalt. »Wenn ich wegen dieser Sache Ärger bekomme… werden wir beide darunter leiden«, stieß sie hervor, und der drohende Unterton in ihrer Stimme war jetzt ganz deutlich herauszuhören. »Ich will meinen Job nicht wegen eines verkrüppelten Mädchens verlieren, das nicht weiß, was sich gehört!«
    Verkrüppeltes Mädchen! Noch nie hatte jemand mich so genannt. Eine solche Wut stieg in mir hoch, daß mir Tränen in die Augen traten. Wie sie dieses Wort »verkrüppelt« ausgesprochen hatte! Als ob ich kein Mensch mehr wäre!
    Ich war kein

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