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Casteel-Saga 04 - Nacht über Eden

Casteel-Saga 04 - Nacht über Eden

Titel: Casteel-Saga 04 - Nacht über Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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noch ein paar Minuten. Wir fahren um diese Ecke, dann um die nächste und dann um noch eine und noch eine, und dann sind wir schon auf der anderen Seite.«
    »Man kann hier wirklich leicht verlorengehen.«
    »Das passiert immer wieder. Deine Mutter hat sich einmal hier verlaufen.«
    »Tatsächlich? Sie hat mir nie davon erzählt.« Er lachte.
    »Als ich sie kennenlernte. Sie fand nicht mehr zurück.«
    »Bitte erzählen Sie mir davon«, bat ich. »Sie war so zurückhaltend beim Erzählen, wenn es um Farthy ging.«
    »Es war das erste Mal, daß sie sich in den Irrgarten gewagt hatte. Ich arbeitete gerade in der Hütte – ich glaube, ich machte winzige Rüstungen für kleine Ritter – als sie plötzlich in der Tür stand. Sie sah unschuldig und verloren aus wie ein Engel, der auf einmal aus dem Nebel gekommen war… und so schön! Es war sehr neblig an diesem Tag, und so hatte sie die Dunkelheit überrascht. Sie hatte Angst, sie würde nicht mehr zurückfinden.«
    »War Troy auch da?«
    »Ja, er war da.«
    »Und was geschah dann?« fragte ich ungeduldig. »Oh, wir beruhigten sie erst einmal. Dann gaben wir ihr etwas zu essen und begleiteten sie durch das Labyrinth zurück.«
    »Meine Mutter als junges Mädchen. Seltsam, diese Vorstellung.«
    »Sie war eine schöne junge Frau. Sie sah dir sehr ähnlich.«
    »Ich finde mich zur Zeit allerdings nicht besonders schön.«
    »Das kommt wieder. Da bin ich sicher. So, wir sind gleich da, nur noch eine Kurve.« Wir bogen um eine Ecke, dann waren wir am Ausgang des Irrgartens.
    Vor uns lag ein gepflasterter und von hohen Pinien gesäumter Weg. An seinem Ende duckte sich die kleine, mit rotem Schiefer gedeckte Steinhütte unter den Bäumen. Ich konnte nicht verhindern, daß meinen Lippen ein kleiner Schrei entwich.
    Es war Mammis Spielzeughütte, die Spieluhr, die sie mir an meinem achtzehnten Geburtstag geschenkt hatte. Die Nachahmung war perfekt. Wie unheimlich, dachte ich. Es war, als hätte ich eine andere Welt betreten, eine Spielzeugwelt, in der die Menschen ihre Träume lebten.
    Ach, dachte ich, wenn doch nur Luke hier wäre. Dann würde er sehen, daß all unsere Träume Wirklichkeit werden konnten. Diese beiden Spielzeugfiguren in der Spielzeughütte wären dann tatsächlich wir beide. Ein kniehoher Lattenzaun, mehr Zierde als Schutz, wand sich um die Hütte. Rosen rankten sich an ihm empor, genau wie in der Nachbildung.
    Anders als im restlichen Park von Farthy war der Rasen um die Hütte in gutem Zustand, von einer liebenden Hand gepflegt… dunkelgrünes, kurz geschnittenes Gras, der Zaun sauber, der Weg ordentlich und glatt, die Fenster blank.
    »So… hier ist die Hütte.«
    »Oh, sie sieht aus wie in einem Bilderbuch. Wie sehr wünsche ich mir, ich könnte hierherkommen und sie malen!« rief ich aus.
    »Du malst?«
    »O ja. Malen ist meine Leidenschaft. Ich male sogar jetzt, obwohl ich noch nicht wieder gesund bin. Ich will Kunst studieren und mein ganzes Leben lang mein Können verbessern«, fügte ich voller Hoffnung hinzu.
    »Natürlich. Natürlich«, wiederholte er, und erneut klang es, als wäre er weit weg, verloren in seinen eigenen Gedanken. »Nun, vielleicht wirst du sie eines Tages malen. Warum auch nicht?«
    »Können wir hineingehen?« fragte ich.
    »Sicher, aber meinst du nicht, daß sie dich in Farthy bereits vermissen?«
    »Das ist mir gleichgültig. Ich fühle mich dort ohnehin wie eine Gefangene. Bitte, zeigen Sie mir die Hütte.«
    Er rollte mich den Weg entlang zur Eingangstür, öffnete sie und schob mich hinein. Drinnen war alles voller Tatterton-Spielsachen. Sie standen auf Regalen, auf dem Kaminsims, überall. Außerdem hing da mindestens ein halbes Dutzend antiker Uhren, die alle die richtige Zeit anzeigten. Wie zur Bestätigung, daß dies alles kein Traum war, schlug die Großvateruhr in der Ecke die Stunde, und bei der kleinen, blauen Spieluhr, die aussah wie eine Miniatur der Hütte, öffnete sich die Haustür. Die winzige Familie, die drinnen wohnte, kam heraus, und dann ertönte eine sanfte, rührende Melodie, eine Melodie, die ich kannte.
    Es war die gleiche Melodie, die ertönte, wenn man das Dach der Spielzeughütte in Winnerrow ein wenig hob, Chopins Nocturne. Als die Melodie zu Ende war, blickten wir einander an.
    »Meine Mutter hatte eine Spielzeughütte, die genauso aussah wie diese, mit den gleichen Hecken und Bäumen. Und sie spielte die gleiche Melodie. Meine Mutter schenkte sie mir zu meinem achtzehnten Geburtstag. Sie ist

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