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Casteel-Saga 04 - Nacht über Eden

Casteel-Saga 04 - Nacht über Eden

Titel: Casteel-Saga 04 - Nacht über Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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Luke.
    »Wo ist denn meine Karte?« fragte Tante Fanny, nachdem sie die Wand eingehend gemustert hatte.
    »Du hast mir auch geschrieben, Tante Fanny? Wann?«
    »Vor ‘n paar Tagen. Hab lang dazu gebraucht, um die schönste Karte rauszusuchen. Und ich weiß genau, daß ich ‘ne Briefmarke draufgeklebt hab, also, Luke, behaupte nich, ich hätt’s vergessen«, fügte sie hastig hinzu, um Lukes Erläuterungen zuvorzukommen.
    »Dann kommt sie vielleicht morgen, Tante Fanny.«
    »Oder diese Schreckschraube da draußen läßt sie verschwinden«, sagte sie spöttisch.
    »Aber Tante Fanny, warum sollte sie das tun?«
    »Wer weiß. Sie hat mich von Anfang an nich ausstehen können, und ich kann sie auch nich leiden. Ich traue ihr nich für ‘n Fünfer über den Weg!«
    »Ma«, sagte Luke warnend.
    »Schon gut«, brummte sie.
    »Ist schon alles für die Abschlußfeier vorbereitet?« fragte ich und versuchte meiner Stimme einen fröhlichen Klang zu verleihen. Ich würde bei meiner eigenen Abschlußfeier nicht dabei sein!
    »Noch drei Tage.« Er strich mit dem Zeigefinger quer über seine Kehle, um anzudeuten, daß es ein Desaster werden würde. »Ich werde zum erstenmal etwas Wichtiges tun, ohne daß du an meiner Seite bist, um mich zu unterstützen und zu ermutigen, Annie.«
    Seine Worte riefen eine freudige Erregung in mir hervor. So wichtig war ich also für ihn! Aber natürlich wußte ich, daß er seine Sache gut machen würde, auch wenn ich nicht bei ihm war. Es gab nur wenige junge Männer seines Alters, die sich so entschlossen jeder Herausforderung stellten. Unsere Lehrer waren immer erfreut gewesen, wenn er sich freiwillig dazu meldete, eine Aufgabe zu übernehmen, denn sie wußten, daß sie ihn nicht kontrollieren mußten wie die meisten anderen Schüler.
    »Du wirst es sehr gut machen, Luke, das weiß ich. Ich wünschte mir so, ich könnte dabei sein und dich hören«, sagte ich mit einem Seufzer.
    »Im Moment hält er seine Rede vor den Bäumen hinter’m Haus. Hab aber noch keinen Applaus gehört«, warf Tante Fanny ein. Lukes Gesicht verfinsterte sich. Langsam wurde er ungeduldig, und mir ging es nicht anders. »Na, Annie, ich sag dir eins, wenn diese Snobs von Winnerrow ihm nich ‘nen Dauerapplaus…«
    »Ma, ich hatte dich gebeten…«
    »Er hat bloß Angst, daß ich mich danebenbenehme und diesem großkotzigen Pack noch mehr Grund zum Tratschen gebe«, erklärte sie. Dann kommandierte sie mit erhobener Stimme: »Luke, bring mir den Stuhl da mal rüber, den, auf dem diese komische Tante gesessen und Eier ausgebrütet hat.«
    Ich warf einen schnellen Blick zur Tür, um zu sehen, ob Mrs. Broadfield vielleicht zurückgekommen war und uns jetzt belauschte. Aber sie hatte offensichtlich beschlossen, sich nicht blicken zu lassen, solange meine Tante hier war.
    Luke brachte ihr den Stuhl, und sie setzte sich. Dann nahm sie vorsichtig ihren Hut und legte ihn auf dem Fußende meines Bettes ab. Sie hatte ihr Haar straff zurückgesteckt. Irgendwie kam sie mir verändert vor; in ihren blauen Augen lag ein neuer Ausdruck größeren Ernstes. Mit zusammengepreßten Lippen sah sie mich einen Augenblick lang schweigend an; dann ergriff sie meine Hand.
    »Annie, mein Liebling, ich hab in letzter Zeit viel nachgedacht. Stimmt’s Luke?«
    »Das ist alles, was sie getan hat«, sagte Luke sarkastisch. Tante Fanny bemerkte den Blick, den wir wechselten.
    »Ich mein’s ernst.«
    »Gut, Tante Fanny, ich höre zu. Sprich weiter.« Ich verschränkte die Arme unter meiner Brust und lehnte mich zurück in die Kissen. Meine Beine waren noch immer wie zwei leblose Anhängsel. Ich mußte sie stets mit den Händen von einer Seite zur anderen schieben. Mrs. Broadfield massierte sie zweimal täglich von oben bis unten.
    »Ich hab beschlossen, daß ich nach Hasbrouck House ziehe, solange du dich erholst. Dann kann ich aufpassen, daß die Angestellten nich Däumchen drehen, dafür werden sie ja schließlich nich bezahlt. Werd mich in einem der Gästezimmer einrichten. Und wenn Luke mal aus ‘m College zu Besuch kommt, kann er eins von den anderen nehmen.«
    »Ich werde schon in diesem Sommer mit dem College beginnen«, erklärte er. »In Harvard gibt es Sommerkurse, und mein Vollstipendium deckt auch die ab.«
    »Wie wundervoll, Luke. Aber, Tante Fanny, hast du schon Drake von deinen Plänen erzählt?«
    »Ich seh nich ein, warum ich für irgendwas, was ich tun will, Drakes Erlaubnis brauche. Ich hab gewisse Rechte und Pflichten. Mein Anwalt

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