Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung
das?«
»Das ist ganz offensichtlich ein Geburtstagsgeschenk, Leigh«, sagte Mama etwas schnippisch. »Nimm es, und sag danke.«
»Aber…« Ich nahm es zögernd entgegen.
»Was ist das? Was ist das?« rief Troy.
Ich löste die Schleife und wickelte das Schächtelchen aus. Dann öffnete ich es und sah einen goldenen Anhänger in Form eines Ozeandampfers mit einer goldenen Halskette. Auf dem Anhänger saßen zwei winzige Diamanten, jeweils oben auf den Schornsteinen.
»Oh, sieh nur«, hauchte ich und hielt es Mama hin. Sie schüttelte den Kopf und lächelte.
»Wie schön.«
»Ich will es auch sehen! Zeig es mir auch!« rief Troy. Ich kniete mich hin, und er sah es mit flüchtigem Interesse an.
»Das schwimmt ja gar nicht«, maulte er.
»Es soll nicht schwimmen, Troy. Man trägt es um den Hals.« Ich nahm die Kette heraus und hielt sie mir an.
»Sehen Sie sich die Rückseite an«, sagte Tony.
Ich drehte den Anhänger um und las: »Prinzessin Leigh.«
»Das ist ja wunderschön, Tony«, sagte Mama, und es klang gar nicht mehr schnippisch. »Ich wünschte, ihr Vater würde ihr solche Dinge schenken und nicht wirkliche Schiffsmodelle, die man auseinandernehmen kann, um ihre Funktionen zu verstehen.«
»Väter erkennen immer erst als letzte, wie erwachsen ihre Töchter geworden sind.«
Ich sah schnell auf. Er betrachtete mich mit diesen durchdringenden blauen Augen und gab mir das Gefühl, älter zu sein. Ich wurde rot, und mein Herz schlug rasend, als ich die Augen schnell wieder niederschlug.
»Ich hoffe, daß es Ihnen gefällt, Leigh«, flüsterte Tony.
»Oh, es ist wunderschön. Vielen herzlichen Dank.« Ich sah Mama an. Sie nickte, und ich wußte, daß von mir erwartet wurde, ihm einen Kuß zu geben. Da ich ihn kaum kannte, kam es mir komisch vor, aber ich wollte alles richtig machen, wenn schon nicht um meinetwillen, dann doch um Mamas willen.
Tony beugte sich zu mir. Ich küßte ihn eilig auf die Wange, dabei schloß ich die Augen und atmete tief den Duft seines Rasierwassers ein. Er war wirklich der erste Mann außer Daddy, den ich je geküßt hatte. Ich konnte nichts dagegen tun, daß mein Herz heftig pochte. Davon wurde mir ein wenig schwindlig. Ich hoffte nur, daß er es nicht bemerkt hatte.
»Danke«, murmelte ich noch einmal.
»Lassen Sie mich Ihnen beim Anlegen behilflich sein«, sagte Tony und nahm mir die Kette aus der Hand. Meine Finger zitterten tatsächlich. Er öffnete den Verschluß und legte mir die Kette um den Hals. Ich spürte seinen warmen Atem in meinem Nacken, als er den Verschluß aus der Nähe musterte. »Diese Dinger sind so winzig. Da, jetzt habe ich es.« Er stellte sich wieder neben Mama, und sie sahen sich den Anhänger an, der mir genau zwischen die Brüste fiel.
Mama schien tief in Gedanken zu sein.
»Gut.« Tony klatschte in die Hände. »So, dann können wir ja weitergehen und uns die Ställe ansehen, damit Sie sehen, was Sie tun können, wenn Sie erst Reitkleidung haben.«
Als wir die Ställe erreicht hatten, rief Troy nach Curly. Er war ein kleiner, stämmiger Schotte, der stark gelocktes rotes Haar hatte. Ich schätzte sein Alter auf etwa fünfzig Jahre. Auf jeder seiner Pausbacken waren zwei leuchtendrote Flecken, die so auffällig waren, als hätte er sich wie ein Clown geschminkt.
»Du willst doch bestimmt nach Sniffles sehen«, sagte er und ging voraus.
Curly öffnete die Box, und ich sah mir das schwarzweiße Shetlandpony an. Das Tier war so bezaubernd, daß ich mich auf den ersten Blick in es verliebte. Troy hielt ihm eine Handvoll Heu hin, und es fraß, ohne mich aus den Augen zu lassen.
»Wenn Sie wollen, können Sie sie streicheln, Miß.«
»Ja, gern. Danke.« Ich streichelte das Pferdchen und dachte wieder einmal, was für ein verzauberter Ort Farthinggale Manor doch war. Ich fing an zu verstehen, warum Mama so hingerissen war.
»Kommst du morgen wieder und reitest mein Pony?« fragte Troy.
»Vielleicht nicht morgen, Troy, aber bald.«
Wieder schien er enttäuscht zu sein. Oh, wie dringend er doch eine Mutter gebraucht hätte, jemanden, der ihn sanft und liebevoll behandeln konnte. Tony war sicherlich ein guter Bruder, aber er konnte ihm nicht die tröstliche Geborgenheit geben, die ihm eine Mutter hätte geben können. Ich wünschte, wir hätten ihn nach Hause mitnehmen können. Ich hatte mir schon immer einen kleinen Bruder gewünscht.
Es dauerte eine ganze Weile, bis Mama und Tony sich uns vor den Ställen wieder anschlossen. Ich wollte
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