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Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung

Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung

Titel: Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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dauert nicht lange, da bin ich ganz sicher«, tröstete ich ihn und lächelte.
    »Wenn deine Mama malt, geht er nie aus dem Haus.« Wie konnte er nur so etwas Seltsames sagen, dachte ich. Tony sah Mama doch gewiß nicht beim Arbeiten die ganze Zeit über die Schulter.
    Troy sah mich aus argwöhnischen Augen an.
    »Wo ist dein Papa?« fragte er. »Ist er auch gestorben und zu den Engeln in den Himmel gekommen?«
    »Nein, er arbeitet. Ich wollte, daß er heute mit uns kommt, aber das ging nicht.«
    Troy starrte mich weiterhin neugierig an. Dann sah er zur Eingangstür des Hauses.
    »Hallo!« rief Tony von der obersten Stufe aus. Troy sprang auf. »So, wir können gehen«, sagte Tony und kam schnell die Treppe herunter. Troy rannte voraus. »Kommen Sie oft ans Meer, Leigh?« fragte Tony.
    »Ich gehe oft zum Hafen und ins Büro meines Vaters, und wir haben ein paar Seereisen unternommen«, sagte ich.
    Ich konnte kaum fassen, wie nervös ich ohne Mamas Begleitung war. Ich hatte schreckliche Angst, ich könnte etwas Falsches sagen oder tun und sie selbst, aber auch mich, damit in Verlegenheit bringen. Tony wirkte so selbstsicher. Bei seinem enormen Reichtum und dem bedeutenden Geschäft mußte er ein sehr weltgewandter und gebildeter junger Mann sein, dachte ich. Durch Daddys Firma war ich weit mehr herumgekommen als die meisten meiner Freundinnen, und auf unseren Reisen hatte ich viele Menschen aus verschiedenen Ländern kennengelernt, aber trotzdem war ich jetzt unsicher.
    »Ach ja, natürlich«, sagte Tony. »Was für eine dumme Frage. Was ich eigentlich meinte, war, ob Sie im Sommer an den Strand kommen.«
    »Nein, nicht allzu oft. Mama geht nicht gern an den Strand. Sie haßt es, wenn der Sand an ihr klebt.«
    Wir liefen weiter. Troy rannte auf seinen wackeligen kurzen Beinen vor uns her, und seine Armbewegungen waren so energisch, daß sein Sandeimerchen hin und her schwang.
    »Er ist wirklich goldig«, sagte ich.
    »Ja«, erwiderte Tony, und sein Stimme klang betrübt. »Es ist schwer für das kleine Kerlchen gewesen. Er war nach seiner Geburt sehr kränklich. Damals haben wir eine Zeitlang nicht geglaubt, daß er durchkommt.«
    »Oh. Was ist mit Ihren…«
    »Was unseren Eltern zugestoßen ist?«
    Ich nickte.
    »Unsere Mutter ist eineinhalb Jahre nach Troys Geburt gestorben. Sie hatte eine seltene Blutkrankheit. Nächsten Monat ist es ein Jahr her, daß mein Vater an einem Herzanfall gestorben ist.« Die Farbe seiner Augen veränderte sich von einem freundlichen, warmen Himmelblau zu frostigem Eisblau, als er sich wieder an diese Tragödie erinnerte. »Es ist im Irrgarten passiert.«
    »Im Irrgarten!«
    »Ja, und unglücklicherweise war der kleine Troy zu diesem Zeitpunkt bei ihm.«
    »O nein!« rief ich aus.
    »Sie wollten ans andere Ende laufen. Wir haben dort ein kleines Häuschen. Heute benutzt es niemand mehr, aber es ist etwas ganz Besonderes, und deshalb haben wir es stehenlassen. Troy glaubt, daß es ein verzauberter Ort aus einem seiner Kinderbücher ist. Wußten Sie, daß er schon mit etwa zweieinhalb Jahren gelesen hat? Ein Kindermädchen, das wir damals bei uns beschäftigt haben, Mrs. Habersham, hat es ihm Stunden über Stunden geduldig beigebracht. Er ist sehr, sehr klug und seinem Alter weit voraus.«
    »Ich weiß, aber wie schrecklich muß es für ihn gewesen sein, mitten im Irrgarten zu stehen, wenn so etwas passiert! Was hat er getan?«
    »Erstaunlicherweise ist er nicht in Panik geraten. Ein anderes Kind in seinem Alter hätte sich höchstwahrscheinlich neben die Leiche seines Vaters gesetzt und geweint. Aber Troy hat erkannt, daß unserem Vater etwas Ernstes zugestoßen sein muß, und er hat schnell den Weg aus dem Irrgarten gefunden. Ich kann ihn heute noch schreien hören, als er auf die Haustür zugerannt ist. Wir sind sofort zu meinem Vater geeilt, aber es war schon zu spät.«
    »Das tut mir leid. Was für eine traurige Geschichte«, sagte ich und dachte wieder daran, wie es wäre, meinen eigenen Vater zu verlieren.
    »Für Troy ist es natürlich noch schlimmer gewesen. Kein Kindermädchen kann ihm eine Mutter ersetzen, und ganz gleich, was ich tue, ich bin kein Ersatz für einen Vater. Ich kann nicht genug Zeit mit ihm verbringen.«
    »Ist Mrs. Habersham noch hier?«
    »Nein, sie ist krank geworden und mußte nach England zurückkehren. Im Moment ist Mrs. Hastings Kindermädchen und Dienstmädchen gleichzeitig. Hier«, sagte er, »jetzt brauchen wir nur noch über diesen Hügel zu laufen.

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