Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung
Geburtstagsgeschenk«, sagte ich und hob den goldenen Anhänger hoch.
»Es war mir ein Vergnügen.« Er trat zurück, und Mama startete den Motor. Wir fuhren die lange Auffahrt hinunter und wieder unter dem großen Bogen hindurch. Ich hatte tatsächlich das Gefühl, gerade ein verzaubertes Königreich verlassen zu haben, das voll von wunderschönen Dingen war und doch gleichzeitig auch soviel Geheimnisvolles und Traurigkeit barg. Ich hatte mich nicht geirrt. Es war wirklich wie ein Ort aus einem Märchenbuch.
»Ist Tony nicht wunderbar?« fragte Mama, sobald wir losgefahren waren. »Und war es nicht ganz reizend von ihm, daß er an deinen Geburtstag gedacht und dir ein so kostspieliges Geschenk gekauft hat? Ich muß ganz zufällig erwähnt haben, daß du demnächst Geburtstag hast, aber ich habe nicht damit gerechnet, daß er es sich merkt, und schon gar nicht damit, daß er dir etwas schenkt.«
»Das war sehr nett von ihm.« Ich sagte nicht, daß ich es ungewöhnlich fand, wenn mir ein Mann, den ich noch nie gesehen hatte, ein so teures Geschenk machte.
»Hast du dich auf Farthy wohl gefühlt? Hat dieser Tag nicht alles gehalten, was ich dir versprochen habe?« Mamas Gesicht strahlte noch vor Freude.
»Oh, doch. Troy ist so süß.«
»Er ist süß, aber Tony verwöhnt ihn zu sehr. Das wird ihm später nur alles noch schwerer machen.« Mich überraschte, wie streng das klang. »Tony schwört, daß wir wie Schwestern und nicht wie Mutter und Tochter aussehen. Das kommt daher, daß ich soviel für meinen Teint tue. Ich trinke viel Wasser, und ich nehme keine fette, schwere Nahrung zu mir. Stopf dich nie voll, Leigh. Das ist nicht damenhaft, und außerdem ruiniert es die Figur.«
»Ich weiß. Das hast du mir schon oft gesagt.«
»Sieht von den Müttern deiner Freundinnen auch nur eine so jung aus wie ich?« wollte sie wissen.
»Nein, Mama.« Es war nicht das erste Mal, daß wir über dieses Thema sprachen. Ich verstand nicht, warum ich ihr immer wieder sagen mußte, wie schön sie war.
»Ich habe nicht die Absicht, je alt auszusehen«, erklärte sie entschlossen.
»Aber du kannst nichts dagegen tun, daß du alt wirst, oder?«
»Ich kann nichts dagegen tun, daß ich älter an Jahren werde, aber ich kann etwas dagegen tun, daß ich älter aussehe«, brüstete sie sich. »Was glaubst du, wie alt ich aussehe? Mach schon, sag mir, was du denkst.«
»Ich weiß, wie alt du bist, Mama. Ich habe mit Tony gesprochen, und…«
»Du hast ihm doch nicht etwa gesagt, wie alt ich bin, oder?« fragte sie, und ihr Gesicht nahm plötzlich einen Ausdruck von Panik an, als sie mich mit funkelnden Augen ansah. »Hast du das getan?« Sie zog die zartgeformten Augenbrauen hoch.
»Nein. Er hat mir nur erzählt, wie alt er ist.«
»Gut. Sehr gut«, sagte sie erleichtert. »Er glaubt, daß ich achtundzwanzig bin.«
»Achtundzwanzig! Aber, Mama, er weiß, daß ich zwölf bin. Das würde heißen, daß du mich bekommen hast, als du sechzehn warst!«
»Na und?« Sie zuckte mit den Achseln. »Es war im Süden durchaus üblich, vor allem in Texas, daß Mädchen in jungen Jahren heiraten. Ich kannte Mädchen, die nur wenige Jahre älter waren als du, und sie waren schon verheiratet und hatten ihr erstes Kind.«
»Wirklich?« Ich versuchte, mir vorzustellen, wie es war, verheiratet zu sein.
Wie mein Mann wohl einmal sein würde? Oh, in meinen Träumen und Phantasien malte ich mir Sänger und Filmstars aus, und natürlich wünschte ich mir, daß er so liebevoll und aufmerksam wie Daddy war. Ich würde nicht wollen, daß er so hart und so viel arbeitete, und daher würde ich, wenn wir nicht gar so reich wären, nicht ständig Dinge verlangen, wie es Mama tat. Mein Traummann sollte die lässige Eleganz von Tony Tatterton besitzen und ebenso charmant und kultiviert sein, und so gut aussehen sollte er auch. Aber was war mit mir? fragte ich mich. Konnte ich mir aus einem anderen Menschen soviel machen wie aus mir selbst? War ich dazu fähig, jemanden so zu lieben, wie eine Frau ihren Mann lieben sollte? Ich hatte noch nicht einmal die Schule abgeschlossen und wollte noch mehr lernen. In der letzen Zeit hatte ich mit dem Gedanken gespielt, Lehrerin zu werden, und der Tag mit dem kleinen Troy hatte diesen Wunsch nur bestärkt. Ich hatte meine Freude an kleinen Kindern, und mich begeisterten ihre Unschuld und ihre vorbehaltlose Neugier.
»Ich will noch lange nicht heiraten«, erklärte ich.
»Was? Wieso denn nicht?« fragte Mama und
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