Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung
ein Spielzeug, aber er konnte auch etwas Kreatives damit anstellen. Sogar ein kleiner Elektromotor war dabei, und wenn er ein winziges Riesenrad baute, würde es sich wirklich drehen. Er war ganz aufgeregt, als er das Päckchen auspackte und sah, was es war. Zu meinem Erstaunen wußte er genau, was das war. Er sprang schnell auf, drückte mich fest an sich und gab mir einen Kuß.
»Danke, Leigh. Und jetzt sieh dir dein Geschenk von mir an«, sagte er. »Ich habe es selbst gemacht und es auch selbst eingewickelt.«
Ich öffnete das kleine Päckchen und traute meinen Augen nicht. Er hatte das gemacht? Es war ein kleines Keramikpferd mit einer Reiterin darauf. Das Mädchen konnte man abnehmen.
»Das ist Sniffles«, erklärte Troy. »Mein Pferd. Und die Reiterin, die drauf sitzt, bist du.«
»Das hast du selbst gemacht?«
»Das kleine Mädchen nicht«, gestand er. »Tony hat es in seiner Fabrik machen lassen, aber ich habe Sniffles gemacht. Ich habe sie fotografiert, die Linien durchgepaust, das Pferd danach geformt und es dann gebrannt. Und dann habe ich es selbst angemalt«, erklärte er stolz.
»Das ist wunderschön, Troy. Es ist eins der schönsten Weihnachtsgeschenke, die ich je bekommen habe. Danke.« Ich gab ihm einen Kuß auf die Wange. Er zwinkerte, und dann machte er sich daran, seine restlichen Geschenke auszupacken. Welche wunderbaren Begabungen dieser kleine Junge doch besaß, dachte ich. Wie konnte es kommen, daß Mama nicht bezaubert von ihm war?
»Du hast noch mehr Geschenke«, sagte Troy und deutete darauf. Es war mindestens ein Dutzend Päckchen, die in buntes Papier eingewickelt waren und auf denen mein Name stand, manche von Mama und manche von Tony, aber ein kleines Päckchen fiel mir zuerst ins Auge, weil ich das Emblem von Daddys Schiffahrtsgesellschaft auf dem Umschlag sah, der daran hing.
Behutsam nahm ich das Päckchen in die Hand und ließ meine Finger liebevoll darübergleiten. Troy war beeindruckt von der ehrfürchtigen Scheu, mit der ich es behandelte. Er legte sein nächstes Geschenk hin und rückte dichter zu mir.
»Was ist das?« fragte er flüsternd.
»Ein Weihnachtsgeschenk von meinem Daddy.«
»Warum machst du es nicht auf?« Troys Blick wanderte von dem kleinen Päckchen zu meinem Gesicht und wieder zurück zu dem Päckchen.
»Das tue ich doch.« Eifrig, aber mit größter Sorgfalt, damit das Papier nicht einriß, wickelte ich das Geschenk aus und fand ein kleines Schächtelchen darin, das mit dunkelblauem Samt bezogen war. Ich öffnete es und zog ein schweres goldenes Medaillon in Form eines Herzens mit einer funkelnden Goldkette heraus. Ich drückte auf den Verschluß, und in dem Medaillon fand ich ein winziges Bild von Daddy und mir auf der Jillian vor. Wir waren beide braungebrannt und sahen glücklich aus. Ich konnte mich noch erinnern, warum ich so glücklich gewesen war. Wir waren auf dem Heimweg, und ich hatte geglaubt, ich würde Mama vorfinden, die mich im Hafen erwartete.
»Darf ich es sehen?« fragte Troy. Ich hielt ihm das Medaillon hin, und er nahm es mir behutsam aus der Hand, um sich das Bild anzusehen. Ich sah, wie seine Augen erst ganz groß und dann kleiner wurden. »Ich habe ein großes Bild von meinem Daddy«, sagte er. »Aber er lächelt nicht. Das habe ich Tony gesagt, und er hat gemeint, daß Daddy im Himmel lächelt und immer lächeln wird, solange ich brav bin.«
»Dann bin ich sicher, daß er immer lächeln wird«, sagte ich. Ich ließ mir von ihm helfen, das Medaillon umzulegen, und dann wandten wir uns wieder dem Auspacken unserer Geschenke zu.
Ich verbrachte den Tag damit, Troy beim Aufbauen seiner Geschenke und beim Wegräumen seiner Kleider zu helfen. Am späten Nachmittag sahen wir uns in seinem neuen Fernsehgerät einen Film an. Zum Abendessen gab es einen köstlichen Truthahn, und Rye Whisky bereitete Gemüse mit Saucen zu, die ich noch nie gegessen hatte.
Troy hielt mich derart auf Trab, daß ich froh war, als es Zeit für ihn wurde, schlafen zu gehen. An jenem Abend legte ich mich selbst früh schlafen. Ich hatte ihm versprochen, daß wir am Morgen auf seinem Pony reiten würden, und das taten wir auch. Es gab wirklich so viel zu tun auf Farthy – wir schwammen im überdachten, beheizten Schwimmbad, wir zogen mit Langlaufskiern los, wir machten Spaziergänge zum Meer, wir ritten und fuhren Schlitten –, daß die erste Woche schnell herumging.
Tony hatte eine enorme Bibliothek, und mein Lieblingsbuch aus seinen gutbestückten
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