Castello Christo
bestellt. Zum großen Finale, wie Sie sich denken können.« Seine Stimme klang dabei so, als würde er ihm die Szene eines Theaterstückes erklären. »Es ist jetzt drei Minuten nach eins. Wenn Sie also noch Fragen haben, beantworte ich sie Ihnen mit Freude, denn es ist mir wichtig, dass Sie die Gründe für all das kennen, bevor Sie ... Sie wissen schon ... Wenn ich Sie also bitten dürfte, Herr von Keipen« – Bertoni deutete mit der Pistole auf die beiden gefesselten Männer – »gesellen Sie sich zu meinem alten Freund Massimo und Ihrem Landsmann. Das vereinfacht die Sache.«
Als Matthias nicht sofort reagierte, hob Bertoni die Waffe etwas höher und zielte damit auf seine Stirn, so dass er schnell zu Voigt trat, den er lange ansah.
»Sie haben gestern Nacht mit Ihrem Anruf dafür gesorgt, dass Seine Heiligkeit sein Zimmer verlassen hat und entführt werden konnte. Warum?«
Voigt zog die Mundwinkel nach unten. »Bertoni standwährend des Telefonats hinter mir. Mit der Pistole in der Hand behauptete er, er habe einen Sprengsatz unter dem Apostolischen Palast deponiert, den er zünden und der alles zerstören und alle Bewohner töten würde, wenn ich nicht anrufe. Ich habe ihm erst kein Wort geglaubt. Dann aber sagte er mir, wer er ist und woher er Sie kennt. Da wurde mir klar, dass alles möglich ist.«
»Nun, zu diesem Zeitpunkt war die Sache mit dem Sprengsatz vielleicht noch ein wenig übertrieben, Kardinal, aber mittlerweile stimmt es, und es geht sogar noch um einiges weiter, wie Sie ja mitbekommen haben. Aber dazu gleich mehr.«
Bertoni schien die Situation sichtlich auszukosten und grinste Matthias unverschämt an.
Als Matthias keine Anstalten machte, die Fragen zu stellen, die Bertoni erwartete, zog er einen der Stühle heran, die seitlich des Altars für die Messdiener bereitstanden. Er platzierte ihn weit genug von den dreien weg, so dass Matthias ihn nicht mit einem Sprung überraschen konnte, und ließ sich gemächlich darauf nieder. Die Waffe hielt er die ganze Zeit über auf den Papst gerichtet.
»Meine Vergangenheit ist eng mit der Ihres Vaters verknüpft«, begann er und sorgte schon mit diesem ersten Satz dafür, dass Matthias’ Knie weich wurden.
»Wie Sie sich bestimmt erinnern, war Ihr Vater nicht nur ein intelligenter, sondern auch ein sehr misstrauischer Mensch. Als die ersten Mitglieder der Simonischen Bruderschaft nach Rom berufen wurden, begann Ihr Vater sich Gedanken darüber zu machen, was alles geschehen konnte, wenn eines Tages tatsächlich einer von ihnen zum Oberhaupt der katholischen Kirche gewählt werden würde. Er, der Magus der Bruderschaft, wollte auch in Rom die Fäden fest in der Hand halten. Was aber, wenndieser neue Pontifex maximus plötzlich auf die Idee kam, zu vergessen, wer ihn auf den Thron gehoben hatte? Was, wenn der Neugewählte beschließen würde, ihn durch einen Handstreich zu entmachten und die Herrschaft an sich zu reißen?«
Papst Alexander IX. stöhnte auf und taumelte vor Schwäche, so dass Matthias, der neben ihm stand, seinen Arm nahm.
»Würden Sie dem Heiligen Vater bitte einen Stuhl geben?«, zischte er. »Sie sehen doch, wie erschöpft er ist.«
Doch Bertoni lächelte nur süffisant und fuhr fort: »Ihr Vater musste sich also irgendwie absichern. Er hatte natürlich Leute, die jeden Auftrag für ihn erledigen würden, aber das genügte ihm nicht. Sie wissen ja, wie perfektionistisch Ihr Vater war. Die belanglose Bemerkung eines seiner Vertrauten brachte ihn schließlich auf eine Idee. Dieser erwähnte in einem Gespräch mit ihm Anfang 1981, dass es am 4. März des Jahres eine große Sternenkonjunktion von Jupiter und Saturn geben würde, die ... aber das wissen Sie ja schon. Ihr Vater schmiedete den Plan, Jungen zu entführen, die an diesem Tag geboren waren, sie von der Umwelt zu isolieren und sie zu ›wiedergeborenen Gottessöhnen‹ zu erziehen, wie er sich ausdrückte. Natürlich in seinem Sinne. Würde später einmal ein Simoner zum Papst gewählt, der sich nicht an die Vorgaben Ihres Vaters halten wollte, würde er einen dieser Jungen in einer geschickten Inszenierung als wiedergeborenen Heiland präsentieren. Sie können sich vorstellen, dass es Ihrem Vater so gelungen wäre, die Kirche in ernsthafte Schwierigkeiten zu bringen. Denn erstens bedeutet die Wiederkehr des Gottessohnes laut katholischer Kirche, dass das Jüngste Gericht gekommen ist, was damit widerlegt wäre, und zweitens würde der Stuhl Petri
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