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Castello Christo

Titel: Castello Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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Zeitung das Muttermal erkannt zu haben, das sein vermisster Sohn auf dem Oberschenkel hatte.«
    Matthias zog eine Braue hoch. »Sein
vermisster
Sohn, sagten Sie?«
    Der Kardinalpräfekt nickte. »Ja, der Mann behauptet, sein Sohn sei im Alter von sechs Jahren entführt worden. Er müsste nun Mitte zwanzig sein. Ich dachte, dass diese Information wichtig genug ist, Sie beim Studium der Bücher zu stören.«
    »Ich danke Ihnen, Eure Eminenz«, sagte der Deutsche und erhob sich. »Ich werde sofort zum Polizeipräsidium fahren.«
    Voigt nickte. »Ja, tun Sie das. Und berichten Sie mir bitte, wenn es etwas Neues gibt. Der Heilige Vater ist wegen dieser Kreuzwegmorde sehr besorgt. Commissario Varotto wartet sicher längst auf Sie.«
    »Das wage ich zu bezweifeln«, sagte Matthias im Hinausgehen. Noch ehe der Kardinal ihn fragen konnte, was er damit meinte, hatte sich die Tür schon hinter ihm geschlossen.

Rom. Questura, Via San Vitale 15
    27
    Kurz nach halb zehn betrat Matthias den Einsatzraum der »Sonderkommission Judas« im ersten Stock des Polizeipräsidiums
,
wo hektische Betriebsamkeit herrschte. Die meisten der Arbeitstische waren mit telefonierenden oder tippenden Beamten besetzt. Matthias sah sich in dem Büro um, konnte Varotto aber nirgends entdecken. Sein Kollege Tissone kam jedoch sofort auf Matthias zu.
    »
Buongiorno
, Signore Matthias«, sagte er, und der Deutsche spürte, dass der Commissario sich bemühte, ruhig zu wirken. »Ich nehme an, Sie haben schon von der neuesten Entwicklung gehört?«
    Matthias nickte. »Wenn Sie die Sache mit dem Muttermal meinen, ja. Können Sie mir sagen, wo ich Commissario Varotto finde?«
    »Er ist heute Morgen gleich nach dem Anruf um kurz nach sieben mit zwei Kollegen nach Avezzano gefahren. Das liegt knapp hundert Kilometer von hier entfernt. Dort wohnt der Mann, der glaubt, das Muttermal seines Sohnes wiedererkannt zu haben. Vor wenigen Minuten hat Daniele angerufen. Er macht sich nun mit einer Haarprobe des Mannes wieder auf den Rückweg.«
    »Könnte ich . . .?«, setzte Matthias an, wurde jedoch von einem der Beamten unterbrochen, die an dem Konferenztisch in der Mitte Berge von Papieren durchgingen.
    »Ich werd verrückt!«, rief der Mittdreißiger mit den dunklen Haaren, die fast so lang waren wie die des Deutschen. »Franco, komm her und sieh dir das an!«
    Sowohl Tissone als auch Matthias stürzten zu ihm hin, starrten dann auf das Blatt, das er ihnen hinschob. Es handelte sich um eine Art Steckbrief. Mit einem gelben Textmarker hatte er ein Datum gekennzeichnet: den 4.   März 1981.   Ein Datum, das Matthias überhaupt nichts sagte.
    Auch Commissario Tissone schien damit nicht viel anfangen zu können; er sah den Polizisten fragend an.
    »Das ist das Geburtsdatum von Stefano Costali, dem Toten, der bei seiner Mutter gefunden wurde. Was ist damit?«
    Langsam legte der Mann nun einen zweiten handgeschriebenen Zettel neben das erste Blatt Papier. Auch dort war eine Stelle gelb markiert.
    »Das sind die Daten, die Daniele uns eben durchgegeben hat«, erklärte er, und man sah seinem Gesicht deutlichan, dass sein Fund wie eine Bombe einschlagen würde. »Schau dir das Geburtsdatum an.«
    Das Geburtsdatum, das mit krakeliger Handschrift aufgeschrieben worden war, lautete: 4.   März 1981.

Il Castello
    28
    Der schwere Sessel, dessen dunkelbrauner Lederbezug an den Lehnen schon ganz abgenutzt war, füllte die Ecke des Raumes komplett aus.
    Der Abbas hatte die Augen geschlossen, schlief aber nicht. Wie er es in letzter Zeit häufiger tat, ließ er seinen Gedanken freien Lauf, ließ sie nach der Zukunft tasten, nach dem, was sie erwartete. Er wusste, dass er sich jetzt, in der Schlussphase, am Ende ihres langen Weges, nicht den geringsten Fehler erlauben durfte. Der Oberste würde ihm nicht die kleinste Nachlässigkeit durchgehen lassen.
    Erst vor wenigen Minuten war er in sein Zimmer zurückgekommen, das sich von denen der anderen dadurch unterschied, dass es etwa die dreifache Größe hatte. Ansonsten war es ebenso spartanisch ausgestattet, was ihn jedoch nicht weiter gestört hatte, da er hier ja nur wenige Wochen verbracht hatte. Er dachte zurück an die ersten Jahre in Afrika. Es war nicht einfach gewesen. Die Kinder hatten noch anerzogenen weltlichen Dingen nachgehangen. Zum Glück war es schnell immer besser geworden. Der Oberste hatte eine wirklich große Weitsicht gehabt. Er hatte es vorausgesagt: Sie hatten sich schnell in ihr Schicksal gefügt und

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