Castello Di Felici - Schloss Des Gluecks
blühende Fantasie. Vielleicht hing es mit der geschichtsträchtigen Atmosphäre dieses Raums zusammen. Einen Moment wünschte sie, Leo wäre kein Prinz, sondern ein Mann wie jeder andere. Alles wäre so viel einfacher, ohne Ahnengalerie, ohne Familiengeschichte, ohne hochtrabenden Titel. Dann schüttelte sie den Kopf. Ohne meine Vorfahren bin ich unvorstellbar … So etwas Ähnliches hatte er neulich gesagt, und es stimmte. All das gehörte zu ihm wie die Nase ins Gesicht. Es machte ihn zu dem, der er war. Es war Teil der Faszination, die er für sie besaß.
Die Tür ging auf, und er trat in den Raum. Bethany blieb der Mund offen stehen. Leo trug Jeans! Alte, verwaschene Jeans und ein einfaches schwarzes T-Shirt. Nie im Leben hätte sie gedacht, dass in seinem Kleiderschrank Jeans hängen könnten. Sie hatte ihn unterschätzt – nicht zum ersten Mal.
Mit einem spöttischen Lächeln auf den Lippen kam er näher. „Bin ich richtig angezogen?“, fragte er ironisch. „Entspreche ich deinen Erwartungen?“
Sie brachte keinen Ton heraus. Wie betäubt starrte sie ihn an, während ihre Brustspitzen hart und ihre Knie weich wurden. Fast wünschte sie, er trüge einen seiner Designeranzüge, denn so, wie er jetzt vor ihr stand, war er noch unwiderstehlicher als sonst. Die tief sitzende Jeans und das eng anliegende T-Shirt brachten die schmalen Hüften, den Waschbrettbauch und die breiten Schultern besser zur Geltung als der eleganteste Maßanzug. Wie hatte sie den Körper vergessen können, der sich unter seiner üblichen Aufmachung verbarg? Diesen durchtrainierten, atemberaubend männlichen Körper …
Dies war der Mann, der sie vor fünf Jahren am Strand von Waikiki im Sturm erobert hatte. Er war es, in den sie sich bis über beide Ohren verliebt hatte, der ihr Leben von einem Tag auf den anderen komplett verändert hatte. Dem sie sich anvertraut hatte und in ein fremdes Land gefolgt war, wo sie vor Einsamkeit und Verzweiflung fast zugrunde gegangen war.
Was würde es diesmal sein? Trotz allem, was Bethany durchgemacht hatte, sehnte sie sich immer noch nach ihm, nach seinen Zärtlichkeiten, seinen Umarmungen. Sie war ihm verfallen, mit Leib und Seele.
Dies war kein Spiel, sondern bitterer Ernst. Warum hatte sie das nur nicht erkannt?
Sie war im Begriff, den gleichen Fehler ein zweites Mal zu begehen, und es kam ihr vor, als höre sie die Tür ihres Käfigs bereits in Schloss fallen.
9. KAPITEL
„Du versicherst mir ständig, wer oder was du nicht bist. Warum erzählst du mir nicht, wer du bist?“, fragte Leo.
Bethany kam es vor, als bewege sie sich in einer Traumwelt. Sie schlenderten einen gewundenen, von Zypressen gesäumten Pfad entlang, der vom Castello ins Tal hinabführte, über noch einen Hügel und weiter bis zu einem kleinen See. So hatte Leo es zumindest beschrieben.
Was für ein Tag! ging es ihr durch den Kopf. Der blaue Himmel war wolkenlos, es war warm und windstill. Wie gut es tat, im Freien zu sein, die würzige Luft einzuatmen und die Sonne auf der Haut zu spüren. Ein Tag ohne Spannung und ohne Wortgefechte.
Wo lag der Grund für diesen erbitterten Kleinkrieg, bei dem sie ständig alte Wunden neu aufrissen? An seinem Stolz oder ihrem Temperament? Vielleicht am castello , diesem alten Gemäuer, wo die Erinnerungen an eine ruhmreiche Vergangenheit keinen Platz für die Gegenwart ließen? Für Bethany gab es Tage, an denen sie sich wie in einem Mausoleum fühlte. Ob es Leo ähnlich erging?
Verstohlen sah sie zu ihm. Er wirkte entspannter. Die markanten Züge waren weicher, die schwarzen Haare ein wenig zerzaust. Und der sinnliche Mund war nicht wie so oft zu einer harten Linie zusammengepresst.
In einer Hand trug er den Picknickkorb, die andere steckte in der Hosentasche. Mühelos passte er seine langen Schritte ihren kürzeren an, und dass er barfuß war, schien ihm absolut nichts auszumachen.
Bethany spürte ein Ziehen in der Brust. Wie glücklich hätten sie sein können, Leo und sie …
Als er sich zu ihr umdrehte, fiel ihr ein, dass sie ihm eine Antwort schuldete. „Wenn ich mich recht erinnere, hattest du ein Studium angefangen, bevor wir uns kennenlernten“, sagte er. „Hast du es beendet?“
„Ja“, erwiderte sie widerstrebend. „Ich habe ein Diplom in Psychologie.“
„Faszinierend“, murmelte er.
Argwöhnisch musterte Bethany ihn – was war daran so faszinierend?
„Ich hatte keine Ahnung, dass du dich für den Mechanismus der menschlichen Seele
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