Castello Di Felici - Schloss Des Gluecks
Wahrheit zu gestehen? Ändern würde sich dadurch auch nichts mehr.
„Mein Liebhaber …“, wiederholte sie.
„Wer sonst? Wir sollten ihn auf keinen Fall vergessen, finde ich.“
Schon lag ihr eine scharfe Erwiderung auf der Zunge, aber dann atmete sie tief durch. Weder ihre Lüge noch sein Spott hatten die geringste Bedeutung. Außerdem kannte sie den Grund für seine angebliche Faszination – es ging nicht um sie, sondern einzig und allein um ihn. Sie waren noch verheiratet, und darum betrachtete er sie noch als sein Eigentum. Sein Ruf als Gatte und sein erlauchter Name standen auf dem Spiel, das war alles.
„Offen gesagt erstaunt es mich, dass du dich so leicht mit der Existenz eines … eines Nebenbuhlers abfindest“, erwiderte sie mit einem Anflug von Trotz. „Ich hatte eine ganz andere Reaktion erwartet.“
„Die Tatsache, dass du dir einen Liebhaber zugelegt hast, empfinde ich als persönlichen Affront, falls es dich interessiert. Damit schändest du meine Ehre und die meiner Familie. Da du es jedoch so eilig hast, den Namen di Marco abzulegen, sehe ich keinen Grund, gegen die Existenz eines … äh … Konkurrenten Einwände zu erheben.“
Mit einer Mischung aus Wut und Verzweiflung betrachtete sie das männlich schöne Gesicht. Nichts hatte sich geändert, nichts würde sich ändern – weil er sich nicht ändern würde. Sie konnte es ihm nicht einmal verübeln. In den vier Tagen, die sie allein im Schloss verbracht hatte – wo jeder Mauerstein von uralten Geschlechtern und Traditionen sprach –, hatte sie endlich begriffen, woher er kam und dass er nicht anders sein konnte.
Leo war das perfekte Produkt seiner Umgebung. Herkunft und Reichtum, Erziehung und Ausbildung hatten ihn von der Wiege an auf seine zukünftige Rolle als Principe di Felici vorbereitet, mit allem, was das beinhaltete. Wie hatte sie nur so dumm sein können, etwas anderes von ihm zu erwarten?
Wenn er ihr tatsächlich zutraute, dass sie ihn mit einem anderen Mann betrog, sollte es ihr recht sein. Es konnte die Scheidung nur erleichtern, und das war das Einzige, worauf es ankam. Wie er über sie dachte, musste ihr gleichgültig sein. Und verletzen konnte sie nur seinen Stolz. Tiefere Empfindungen ihr gegenüber hatte er nicht, das war unmöglich. Somit waren Gewissensbisse fehl am Platz.
„Warum steht der Termin noch nicht fest?“, fragte sie kühl. „Was hindert uns, deine Anwälte noch heute aufzusuchen?“
Lässig hob er die Schultern. Die typisch italienische Geste entlockte ihr ein Lächeln, das sie sofort wieder unterdrückte. Zum Lächeln bestand weiß Gott kein Anlass. Was war nur mit ihr los? Sie biss sich auf die Lippe – was mit ihr los war, wusste sie sehr gut. Sie konnte sich glücklich schätzen, dass Leo gelobt hatte, sie nicht zu berühren, denn mit ihrer Willenskraft sah es schlimm aus.
„Heute ist Freitag. Freitagnachmittag“, fügte er hinzu, als sie ihn verständnislos ansah. „Am Wochenende sind die Gerichte geschlossen, Bethany. Und da wir am Montag einen Feiertag haben, musst du dich wohl oder übel damit abfinden, ein paar Tage länger meine Gemahlin zu bleiben.“ Er lachte, aber ohne Sarkasmus. Stattdessen glaubte sie, aus seiner Stimme einen Unterton von Bedauern herauszuhören.
Doch das konnte nicht sein, sie musste sich täuschen. Sie erinnerte sich an die Bitterkeit, mit der sie nach dem Frühstück vor seiner Abreise auseinandergegangen waren, an die Beschuldigungen, mit denen sie sich gegenseitig überhäuft hatten.
In den vier Tagen seiner Abwesenheit hatte Bethany sich den Wortlaut dieser letzten und heftigsten Auseinandersetzung wiederholt ins Gedächtnis gerufen und versucht, die Hintergründe zu verstehen – mit dem Ergebnis, dass sie zu keinem Ergebnis kam. Sie war nicht schlauer als zuvor, und je eher sie diesem aufreibenden Hin und Her ein Ende machten, umso besser war es für sie und für ihn.
Leo stieß sich vom Türrahmen ab und betrat den Salon, der Bethany plötzlich kleiner und niedriger vorkam und nicht mehr ganz so elegant. Wie leicht es ihm fällt, seine Umgebung zu dominieren, ging es ihr durch den Sinn.
„Hast du dich jemals gefragt, was sein könnte, wenn ich dich nicht, wie du es nennst, in einen Käfig sperre?“, murmelte er plötzlich.
Bethany blinzelte, dann starrte sie ihn an, als hätte er plötzlich zwei Köpfe und vier Arme.
„Na…natürlich habe ich das“, stammelte sie. „Aber genauso gut kann ich mich fragen, wie es wäre, mit dem
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