Castello Di Felici - Schloss Des Gluecks
Methoden waren nicht gerade sanft.“
„Wie grausam!“ In Gedanken sah Bethany den kleinen einsamen Jungen vor sich, der er gewesen sein musste. Am liebsten hätte sie ihn mitfühlend in die Arme genommen, aber das konnte sie natürlich nicht. „Du warst doch kein Roboter, sondern nur ein Kind, das Verständnis und Zuneigung benötigte und nicht diese eiserne Hand.“
„In den Augen meines Vaters war ich kein Kind, sondern der zukünftige Principe di Felici .“
Darauf gab es nichts zu erwidern, und so schwieg sie. Hartnäckig kämpfte sie gegen die Tränen, die ihr den Blick verschleierten, und gegen den Wirrwarr von Empfindungen, mit denen sie kaum noch zurechtkam. Sie wusste nicht mehr, wem sie galten, dem unglücklichen Kind von damals oder dem Mann neben ihr. Den sie nun besser verstehen konnte als früher, der ihr aber nichtsdestoweniger so viel Leid zugefügt hatte.
Schweigend gingen sie weiter. Als sie den Gipfel des niedrigen Bergs erreichten, blieb Bethany wie verzaubert stehen. „Oh …“
Inmitten einer Wiese, eingerahmt von zartgrünem Schilf, lag ein kleiner nierenförmiger See. In der Mittagssonne glänzte das stille, glasklare Wasser wie ein goldener Spiegel. Vögel zwitscherten im Geäst von Büschen und vereinzelten Bäumen, und es duftete würzig nach frischem Gras und Kräutern.
„Das ist … einmalig“, hauchte sie. Warum hatte sie dieses wunderschöne Fleckchen, so nahe am castello , früher nie zu sehen bekommen? Bedrückt fragte sie sich, was ihr in den achtzehn Monaten, die sie hier verbracht hatte, sonst noch entgangen war.
„Das Werk meiner Mutter“, erklärte Leo. „Sie liebte Gärten und hatte einen ausgeprägten Sinn für Schönheit. Vermutlich wäre sie eine angesehene Künstlerin geworden, hätte sie nicht meinen Vater heiraten müssen. Als sie ihm den gewünschten Nachfolger schenkte, belohnte er sie mit diesem See, sozusagen zum Zeichen seiner Zufriedenheit mit dem geleisteten Dienst.“
Er verschränkte die Arme vor der Brust und starrte auf das glitzernde Wasser.
„Als Kind verbrachte meine Mutter die Sommerferien auf einem Gut in Andalusien, wo es einen ähnlichen See gab“, fuhr er nach einer Weile fort. „Daran sollte sie dieser erinnern.“
„Wie romantisch …“, murmelte sie.
Leo drehte sich zu ihr. „Leider muss ich dich enttäuschen. Mein Vater war weder romantisch noch empfindsam, Regungen dieser Art waren ihm fremd. Das Einzige, worum es ihm ging, war sein Image. Was man in der Öffentlichkeit von ihm sagte und wie man über ihn dachte, darauf legte er großen Wert. Die Geburt eines Nachfolgers war ein bedeutendes Ereignis, und mit diesem See hat er sich selbst ein Denkmal gesetzt. In Erinnerung an Domenico di Marco, den liebenden Gatten und romantischen Helden, der er nie war.“ Er lachte.
„Trotzdem, er ist wunderschön – der See, das ganze Fleckchen.“ Aufgewühlt von dem, was Leo ihr gerade erzählt hatte, wandte Bethany sich ab und ging die paar Schritte bis zum Ufer. Dort verharrte sie und betrachtete die stille Wasserfläche. Sie brauchte ein paar Minuten des Alleinseins, um den inneren Aufruhr zu bewältigen.
Warum erzählte er ihr das alles? Und warum erst jetzt, warum nicht drei oder vier Jahre früher? Damals hätte es sie einander nähergebracht, jetzt war es zu spät. Ein Schluchzer formte sich in ihrer Kehle, wenn sie daran dachte, was hätte sein können.
Entschlossen schluckte sie ihn hinunter. Solche Überlegungen führten zu nichts, damit ruinierte sie nur einen schönen Tag, einen der wenigen, die ihnen noch blieben. Und das wollte sie nicht, dafür war er zu kostbar. Sie atmete ein paar Mal tief durch, und als sie sich ruhiger fühlte, kehrte sie zu Leo zurück.
In ihrer Abwesenheit hatte er auf einer Decke den Inhalt des Picknickkorbs ausgebreitet – kaltes Huhn, Schinken und Käse; Oliven, Weintrauben, Stangenbrot und eine Flasche Weißwein, zwei Gläser, zwei Teller, Besteck und zwei schneeweiße Servietten. Einen Ellbogen lässig aufgestützt, ruhte er neben dem leckeren Picknick und sah ihr entgegen.
Bethany schluckte. Sein durchtrainierter Körper besaß die kraftvolle Geschmeidigkeit einer Raubkatze. Das knappe T-Shirt, unter dem sich jeder Muskel deutlich abzeichnete, war hochgerutscht und enthüllte einen Streifen glatte gebräunte Haut. Ihr Pulsschlag verdoppelte sich, und sie spürte, wie es ihr heiß und kalt über den Rücken lief.
„Komm, setz dich zu mir“, sagte er. Wie der Wolf zu
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