Castello Di Felici - Schloss Des Gluecks
Rotkäppchen, ging es ihr durch den Sinn.
Und statt auf die warnende Stimme in ihrem Inneren zu hören und davonzulaufen, setzte sie sich ihm gegenüber auf die Decke – teilweise, weil ihre Knie zitterten und sie sich nicht viel länger hätte aufrecht halten können. Sie wickelte den dünnen weißen Rock fest um die Beine und vermied es, Leo anzusehen – seine sexuelle Ausstrahlung wirkte wie ein Magnet auf ihre Sinne.
„Bist du nicht hungrig?“, fragte er endlich, als die erotische Spannung unerträglich wurde.
Stumm schüttelte sie den Kopf. Seinem Blick zu begegnen wagte sie nicht, denn woran sie dachte, stand in Leuchtbuchstaben auf ihrem Gesicht.
Warum nur hatte sie ein Picknick vorgeschlagen? Es war schwer genug, in der vertrauten und umso viel weniger einladenden Atmosphäre des castello mit ihm zusammen zu sein. Hier, an diesem verzauberten Ort, wo sich Sonne und Düfte, das weiche Gras und das Zwitschern der Vögel zu einem Frontalangriff auf ihre Sinne vereinten, fühlte sie sich ihm gegenüber so hilflos wie ein Neugeborenes.
„Warum sagst du nichts, Bethany?“
Wie in Trance und weil sie nicht anders konnte, drehte sie sich zu ihm und erkannte an dem selbstgefälligen kleinen Lächeln um seine Lippen, dass er genau wusste, was in ihr vorging. Etwas anderes hatte sie auch nicht erwartet.
„Wie … wie ging es in Sydney?“, fragte sie mit geheucheltem Interesse, weil ihr nichts Besseres einfiel. „Hattest du Erfolg?“
Sein Lächeln vertiefte sich. Er streckte den freien Arm aus, nahm eine Olive und steckte sie in den Mund. Sie verstand nicht, weshalb, aber selbst diese kleine Geste erschien ihr unglaublich erotisch. Sie spürte, wie ihre Wangen heiß wurden.
Und die ganze Zeit über ließ er sie nicht aus den Augen. Nichts entging ihm.
„Es passiert nur selten, dass ich nicht bekomme, was ich will“, erwiderte er. „Aber das ist dir vielleicht schon bekannt.“
„Ich weiß, wie zielorientiert du am Verhandlungstisch bist, wenn du das damit meinst.“ Sein Blick hielt sie gefangen, und ohne, dass sie es verhindern konnte, stellte sie sich vor, was geschehen würde, wenn sie sich jetzt vorbeugte und die Hand an seine Brust legte.
Aber dazu bedurfte es keiner Überlegungen, sie wusste genau, was geschehen würde – sie spürte bereits den Druck seiner Lippen auf ihrem Mund, seine harten Muskeln unter ihren Handflächen und den Duft seiner Haut in ihrer Nase. Erinnerung und Fantasie verschmolzen zu einem verzehrenden Verlangen, das ihr den Atem raubte.
Und sie wusste, dass er das auch wusste.
„Nicht nur am Verhandlungstisch“, murmelte er. „Dort bin ich natürlich dafür bekannt, dass ich nichts unversucht lasse, um ans Ziel zu kommen.“
„Leo …“ Verstört hielt sie inne – was hatte sie sagen wollen? In ihrem Kopf wirbelten die Gedanken wie ein Bienenschwarm wild durcheinander. Sie kam sich vor wie ein Tier in der Falle, ohne Aussicht auf Entkommen. Am schlimmsten daran war, dass es ihr egal war. Jetzt, hier, in diesem Moment war ihr alles egal. Es gab nur noch ihn und ihr irrsinniges Verlangen nach diesem Mann. Ihr Verstand – beziehungsweise was noch davon übrig geblieben war – sagte ihr, dass sie es später bitter bereuen würde, wenn sie diesem Verlangen jetzt nachgab. Doch auch das war ihr egal.
„Wogegen wehrst du dich so hartnäckig, Bethany?“ Seine Stimme war wie eine Liebkosung. „Ich sehe doch, wie du mich mit den Augen verschlingst, wie schwer du atmest, wie deine Hände zittern. Oder hältst du mich für blind?“
„Wa…was du siehst, ist nichts weiter als … als Abscheu“, stammelte sie.
„Abscheu?“ Er lächelte. „Als Psychologin solltest du die Reaktion deines eigenen Körpers besser verstehen. Vermutlich tust du das auch und willst es dir nur nicht eingestehen.“
Die Worte drangen nur nebelhaft in ihr Bewusstsein, nur eins hörte sie klar und deutlich … Psychologin. Es rief ihr ins Gedächtnis, dass es mehr gab als diesen Moment. Das hier war nichts weiter als ein Traum – ein Sommertraum mit Sonne und Picknick am Ufer eines Sees. Eines künstlichen Sees!
„Ich brauche kein Psychologiestudium, um mir auszurechnen, was dabei herauskommt, wenn ich dich jetzt berühre. Es wäre die größte Dummheit meines Lebens.“
„Du musst es wissen“, sagte er nur und wandte sich dem Essen zu.
Bethany drehte den Kopf zur Seite – selbst hungrig hätte sie jetzt keinen Bissen hinuntergebracht. Und obwohl sie ihn nicht ansah,
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